Was ist Provokation der Provokation willen; wo beginnt religiöse Diskriminierung und wo endet Pressefreiheit? Wie geht man in unserer Gesellschaft und Politik am besten mit diesem primitiven und dilletantischen Hetzfetzen aus der Werkstatt christlicher Fanatiker um? Die muslimische Welt ist im Aufruhr; und sie reagiert – aufgestachelt von islamistischen Hetzern, die die Gunst der Stunde für ihren Seelenfang nutzen – zunehmend gereitzt und agressiv. Die Bundesregierung möchte Ausschreitungen und Massenproteste in Deutschland verhindern, nachdem im Sudan die bundesdeutsche Botschaft von aufgebrachten Muslime gestürmt und niedergebrannt worden ist. Auf die zunächst spontane Gewalt in der muslimischen Welt folgen seit heute geplante Anschläge. In Kabul, Afghanistan riss ein Selbstmordattentäter neun Ausländer und einen Afghanen in den Tod. In Ägypten rief ein Imam zum Mord auf.
Die Lage zeigt sich als chaotisch und unübersichtlich. Nach N 24 Informationen sind bei einem Rache Anschlag in Kabul mehrere Menschen ums leben gekommen. Der Angreifer habe sich in seinem Wagen neben einem Minibus in die Luft gesprengt, teilte die Polizei in der afghanischen Hauptstadt mit. In dem Kleinbus seien ausländische Mitarbeiter einer Firma auf dem Weg zum Flughafen gewesen. Der Vize-Polizeichef der afghanischen Hauptstadt, Mohammad Daud Amin, sagte, bei den Toten handele es sich um neun Südafrikaner und Russen – darunter eine Frau – sowie um deren afghanischen Fahrer. Der Sprecher der russischen Botschaft, Stepan Anikejew, sagte dagegen, Russen seien bei dem Anschlag nicht betroffen gewesen.
Seinen Angaben zufolge starben sieben Südafrikaner, ein Kirgise, ein afghanischer Übersetzer und der einheimische Fahrer. 14 Menschen wurden bei der Detonation in der Nähe einer Tankstelle verletzt.
Symbolik und Psychologie: Der Westen versteht den Islam nicht
Die radikal-islamische Hesb-i-Islami (HIG) des früheren Premierministers Gulbuddin Hekmatjar übernahm die Verantwortung für den Anschlag auf der Flughafenstraße. HIG-Sprecher Subair Seddiki sagte in einem Telefongespräch, es habe sich um einen Vergeltungsanschlag für das islamfeindliche Mohammed-Video gehandelt. Die Attentäterin sei eine 20 Jahre alte Frau namens Fatima aus Kabul gewesen. Frauen verüben in Afghanistan äußerst selten Selbstmordanschläge. Die Polizei bestätigte zunächst nicht, dass es sich um eine Attentäterin gehandelt habe. Sollte sich dies aber bestätigen, würde das die Verbissenheit der HIG zeigen, mit der gekämpft wird. Die sogenannten schwarzen Wittwen, die für den heiligen Krieg ihr Leben bei Suizid Attentaten lassen, setzen damit ein Zeichen: alle Moslems müssen bedingungslos und mit ihrem Leben für den Glauben einstehen und entsprechend handeln.
Der Westen scheint diese Symbolik noch nicht ganz verstanden zu haben; wäre aber gut beraten ein Augenmerk auf den sozial psychologischen Kontext des schwellenden Religionskonfliktes zu werfen. Selbst ein moderater Moslem ist mehr mit seiner Religion verbunden als der Durchschnittschrist mit seiner. 5 mal täglich beten, die Beratschlagung mit religiösen Würdenträgern in familiären oder sozialen Dingen, die Achtung des islamischen Rechts – auch das in der Scharia ausformulierte – die Wahlfahrt nach Mekka, die Beachtung von Essensregeln, das Fasten; all dies ist Ausdruck einer überaus aktiven und intensiven Bindung an die islamische Religion.
Der Komplex und die Reaktion darauf
Im Kontext einer westlich dominierten Weltwirtschaft, unter derer sich die arabische Welt benachteiligt sieht, entwickelte sich eine Art kultur-historischer Gesellschaftskomplex. Dem ungerechten Reichtum der Ungläubigen wird häufig deren intollerante und islamphobischen Verhaltensschemata vorgeworfen, und ihre moralische Verkommenheit. Die Gier des westlichen Hyperkapitalismus, die egomanische und egozentrische Lebensweise der Christen, die brutale und rücksichtslose und militärisch geprägte Interessenspolitik der US – Amerikaner und deren westlichen Verbündeten, sind zu einem roten Tuch für den Islam geworden. Die Abgrenzung zur eigenen Glaubenskultur werden scharf gezogen; das Identitätsgefühl wird dadurch gestärkt.
Extremisten und religiöse Fanatiker reiben sich die Hände
Rechtsradikale Kräfte im Westen, wie etwa die Pro – Deutschland Bewegung, wissen um diese Zusammenhänge und nutzen gezielt das Schmähvideo als Provokation, um den Menschen in Deutschland zu beweisen, wie anders, befremdlich und schlecht und böse die Muslime sind, wenn sie so gewaltsam gegen das Video demonstrieren. Auch die chistlichen Fundamentalisten klopfen sich jetzt gegenseitig auf die Schulter. Der Agent Provocateur war erfolgreich. Es wurde aufgehetzt und scharf gemacht. der Konflikt wurde befeuert.
Unsere Politik ist Bestandteil des Problems und kann keine Lösung anbieten
Die Bundesregierung wird durch ein Ausstrahlungsverbot des Videos in den Kinos das Problem nicht lösen; zumal sie ja auch selbst durch ihre Hartz 4 und Arbeitspolitik verschiedene Bevölkerungsschichten gegeneinander ausspielt; sie quasi unter Mithilfe der Systemmedien aufeinander hetzt. Terroranschlägen mit einem Verbot zuvor komen zu wollen ist also völlig ineffektiv; zumal auf youtube und dutzenden anderen Plattformen das Video tausendfach kopiert wurde und weiter wird. Das Internet macht die Welt zu einem globalen Dorf, und zu einer Informationsgesellschaft. Veränderung zum Guten, das Absetzen von den politischen und religiösen Extremen, kann nur über einen Bewusstseinswandel geschehen. Aber zur Zeit spielen Vernunft und Menschlichkeit weltweit leider keine grosse Rolle mehr.
so long – humanicum