Bild: Wikipedia
Die Herbstferien stehen vor der Tür, und zum ersten Mal, seit wir eine Familie sind, gehen wir nicht als Familie in die Ferien. Zur ohnehin melancholischen Stimmung, die mir der Herbst beschert, gesellt sich heuer ein neues, ungekanntes Gefühl. Eine Mischung aus Sehnsucht nach den zur Tradition gewordenen gemeinsamen Herbsttagen in den Bergen, gekoppelt mit Reue, den diesjährigen Herbstferienentscheid vor ein paar Monaten so unbekümmert gefällt zu haben: Die Buben werden alleine in ihr erstes wöchiges Pfadilager ziehen, und wir Eltern bleiben zu Hause und machen einfach unser Ding weiter. Nie zuvor waren wir so lange von unseren Buben getrennt.
Lange schob ich alle Gedanken an diese Feuerprobe weg. Doch mit dem Erhalt des Aufgebots und der Packliste für das Wölflilager holte mich vor ein paar Tagen die Realität ein: Die Buben werden am Samstag ausgerechnet mit Odysseus – Held aus meiner Kanti-Zeit – auf Segeltour gehen und dabei dem grausamen einäugigen Zyklopen und den perfiden Sirenen mit den einlullenden Stimmen begegnen.
Um die Vorfreude der Buben auf ihr erstes grosses Abenteuer ohne Eltern auf keinen Fall wegen meiner durchzogenen Gedanken zu trüben, mache ich seit Tagen gute Miene zum bösen Spiel: Zur Einstimmung suchen wir nach Bildern, Hörgeschichten und Videos auf dem Netz und durchleben gemeinsam einige von Odysseus’ Abenteuern, die mich als junges Mädchen auch so fasziniert hatten. Dabei sehe ich mich jetzt schon als liebende Penelope, die – wenn auch nicht gerade zehn Jahre auf ihren Mann Odysseus – doch immerhin ganze sieben Tage einsam und traurig auf die Rückkehr ihrer Buben warten muss.
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
Verbringen Eure Kinder ihre Ferien auch in Lagern? Welche Erfahrungen habt Ihr schon gemacht?