Die Fangzähne des Faschismus

Die Fangzähne des FaschismusEs war wie die alte, ausgeleierte Strickjacke, die man am liebsten trägt. Ein fürchterliche Angewohnheit, von der man nicht lassen kann. Eine Sucht, die sich selbst befeuert, eine Angst, die für Nervenkitzel sorgt. Würden die Rechtsradikalen, Rechtsextremisten und Neofaschisten wirklich bald die Macht übernehmen?, so lautete die Frage, die sich die besorgte demokratische Öffentlichkeit alle Jahre wieder stellte, wenn es Anfang April geworden war, noch niemand an den anstehenden Führergeburtstag dachte, alle aber von Meldungen aufgeschreckt wurden, nach denen das Innenministerium im zurückliegenden "Berichtszeitraum" (RWE) eine "neue Rekordzahl an rechten Straftaten" (dpa) hatte zählen müssen.
Die Fangzähne des FaschismusEin schreckliches Gefühl, in einem Land zu leben, in dem Staat und anständige Bürger auch 60 Jahre nach der Niederschlagung der Hitler-Diktatur und ihrer wenigen, aber williger Helfer kein Mittel gefunden hatten, dem Schoß, der fruchtbar noch ist, Einhalt zu gebieten. Weder strenge Bekleidungsregeln noch nachsichtige Bestrafungen halfen, weder Steinwürfe auf rechte Demonstranten noch tausende von warnenden Zeitungskommentaren. Immer wieder wurde es April, immer wieder verzückten neue, durch geschickte Veränderungen der Zählweise maßgeschneiderte Rekordzahlen die Berichterstatter. Rechte Rekorde boten Arbeit, Brot und Unterhaltung für zahllose Bekämpfungsinitiativen, zivilgesellschaftliche "Akteure" (Miteinander e.V.) richteten sich an unablässig sprudelnden Fördermittelquellen für die Umerziehung der vom Faschismus-Virus der "menschenverachtenden Ideologie" (Angela Merkel) Befallenen häuslich ein.
Wenn es so weitergegangen wäre, hätte alles gut werden können. Von Innenministerium bis Junker Jörg wusste jeder, was er hat, wie er dran ist und wann die neuen Zahlen für temporäre Aufmerksamkeit sorgen werden. Selbst die, die die Gesellschaftsordnung ändern wollen, um den wahren Nationalsozialismus aufzubauen, so, wie die Linke auf eine Gelegenheit wartet, den wahren Kommunismus zu errichten, hatten damit eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Die Straftatenzahlen zeigten die Fangzähne des Faschismus, die Kehrseite der braunen Medaille, eine Zukunft, in der ausschließlich Wirrköpfe, Idioten und Schwachsinnige regieren.
Umso mehr verunsichert war die Öffentlichkeit, als diesmal alles anders kam. Obwohl die verantwortlichen noch einmal an der berechnungsformer geschraubt hatten, gelang kein neuer "Höchststand rechter Taten" mehr. Erstmals seit Menschengedenken musste die Berichterstattung über die braune Gefahr ohne das liebgewordene Wort Rekord auskommen. Grund zu Beruhigung aber ist das natürlich nicht: Ersatzweise hat der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, gerade einen neuen Rekord bei der "Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremen" (Fromm) ausgerufen. Eine "völlig neue Qualität", würde es der durch den Fall Mannichl bekanntgewordene bayrische Innenminister Joachim Herrmann nennen: Aus Taten ohne Opfer, von denen schon die letzte Statistik der rechten Gewalt erzählte, werden Täter ohne Tat.
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