Die ewigen Weihnachtsklassiker

Erstellt am 2. Dezember 2012 von Denis Sasse @filmtogo

© STUDIOCANAL / James Stewart feiert Weihnachten in “Ist das Leben nicht schön?” von Frank Capra in 1947.

Es ist diese Zeit des Jahres. Der Geruch von Marzipan, von Glühwein, Mandarinen und Gebäck liegt in der Luft. Mit dem ersten Advent eröffnen die Weihnachtsmärkte ihre Türen und Tore, sehnsüchtig wartet man auf den ersten Schnee. Weihnachten, das Fest der Liebe, der Familie. Ein Fest der Rückbesinnung, endlich mal wieder zur Ruhe kommen, dafür sollen die Feiertage sorgen. Aber wohin mit der ganzen Ruhe? Die Feiertagslethargie bekämpfen durch das Aufholen von bisher ungesehenen Filmklassikern, die zum Weihnachtsfest gehören sollten, wie der Christbaumschmuck zum Tannenbaum. Es sind filmische Erzählungen vom Verfall und Wiederaufbau des Weihnachtsfestes, von der Rückgewinnung des Weihnachtsgeistes, von einer drohenden Gefahr, dieses besinnliche Fest für immer aus den Köpfen der Menschen zu treiben, sich dann aber doch wieder zurückführen zu lassen, die alten Werte hochzuhalten. Es sind solch warme Geschichten, die atmosphärisch darauf ausgelegt sind, die Zuschauer in diese merkwürdig unerklärliche Stimmung zu versetzen, die es nur einmal im Jahr zu erlangen gilt. Ebenso wie man als kleines Kind mit großen Augen vor dem Fenster saß und den ersten Schnee mit staunend großen Augen und freudigem Lächeln begrüßte, ebenso wie man darauf wartete, dass der echte Weihnachtsmann zur Tür hinein kommen würde um persönlich die Geschenke zu überreichen, so sollen auch die traditionellen Weihnachtsfilme ein großes Staunen erwirken. Sind wir nicht alle ein bisschen Scrooge? Dieser mies gelaunte Greis, offenbar Verwandt mit dem grünhäutigen Grinch, der das Weihnachtsfest ebenso strebsam zerstören möchte, wie Ebenezer Scrooge es für „Humbug“ befindet? Gut, dass es ausreichend Medizin gegen diese Denke gibt. Hier eine kleine Auswahl…

Vielleicht sollte man direkt mit einem Klassiker anfangen, mit einem Weltstar: Jimmy Stewart, eine Schauspiellegende, die seinerzeit (1930er bis 1960er Jahre) vier Jahrzehnte lang auf den großen Leinwänden der Kinowelt zu sehen war, übernahm die Hauptrolle in dem nicht ganz so weihnachtlichen „Rendezvous nach Ladenschluß“ von Ernst Lubitsch. An seiner Seite: Margaret Sullavan. Gemeinsam sind sie hier als zwei Geschenkartikelladen-Besitzer zu sehen, die nichtsahnend eine Brieffreundschaft führen. Dies führt dazu, dass sich die beiden ineinander verlieben, sich als Ladenbesitzer der gleichen Branche kennen, aber nicht damit rechnen, dass sie diese Brieffreundschaft zueinander führen. Die Handlung wird in dem späteren 90er Jahre Film „E-Mail für dich“ noch einmal aufgegriffen, wo dann Tom Hanks und Meg Ryan in dieselbe Situation geraten, hier aber gänzlich ohne Weihnachtsgeschichte. Die wird von Lubitsch insofern eingebaut, dass sich am Weihnachtsabend, da wo Wunder geschehen sollen, die Handlung von „Rendezvous nach Ladenschluß“ auflöst und die beiden Brieffreunde Jimmy Stewart (als Alfred Kralik) und Margaret Sullavan (als Klara Novak) ihre Liebschaft ohne weitere Überraschungen aufnehmen können. Frohe Weihnachten! Nach dieser 1940er Weihnachtsliebesgeschichte war Jimmy Stewart sechs Jahre später noch in „Ist das Leben nicht schön?“ zu sehen. Hier beginnt die Handlung am Weihnachtsabend mit der Figur des George Bailey (Stewart), der ausgerechnet an diesem Tag seinen Lebensmut verliert. Wie gut, dass auch hier ein Weihnachtswunder die Situation entschärft: Ein Engel soll den armen Kerl wieder aufmuntern, hat hierfür eine Stunde Zeit. Er wird für diese Aufgabe ausführlich über das Leben des Mannes informiert, dass sich nun – das ist dann die eigentliche Handlung des Films – in Rückblenden vor den Augen des Engels abspielt.

Die Bedeutung dieses Films für das Weihnachtsfest wird auch dadurch deutlich, dass spätere Weihnachtsklassiker auf ihn Bezug nehmen: In 2002 entstand die Parodie „Das größte Muppet Weihnachtsspektakel aller Zeiten“ – nicht zu verwechseln mit „Die Muppets Weihnachtsgeschichte“ – in dem die Handlung des Originalfilms zur Grundlage genommen wurde, um hier Engel David Arquette das tragische Schicksal Kermits vor Augen zu führen. In „Schöne Bescherung“ von 1989, in dem die Griswold Familie um Chevy Chase das Weihnachtsfest feiert, schaut sich dessen Filmsohn Rusty (Johnny Galecki) den Film im Fernsehen an, ebenso wie die Mutter von Billy Peltzer (Zach Galligan) in „Gremlins“ oder sowohl in „Kevin allein zu Haus“ – hier schaut Kevin (Macauly Culkin) den Film im Fernsehen – als auch in „Kevin allein in New York“, wo sich seine Familie den Film anschaut. Auch in Fernsehserien wie „Family Guy“, „Eine schrecklich nette Familie“ oder „iCarly“, „Warehouse 13“ und „How I Met Your Mother“ wird in Weihnachtsepisoden Bezug auf „Ist das Leben nicht schön?“ genommen.

Neben Jimmy Stewart darf auch Bing Crosby zum Weihnachtsfest nicht fehlen, ist er doch gleich in mehreren Festtagsfilmen vertreten. So ist er in dem 1942er Tanzfilm „Musik, Musik“ neben Fred Astaire zu sehen. Extra für den Film wurden zwölf Songs geschrieben und mit „White Christmas“ hat sich eines dieser Stücke auch auf der musikalischen Ebene zu einem Klassiker entwickelt. Der Erfolg des Songs führte dazu, dass es 1954 zu einem gleichnamigen Film kam, in dem erneut Bing Crosby zu sehen war – dieses Mal mit Danny Kaye, Rosemary Clooney und Vera-Ellen. Es war eine nicht ganz originalgetreue Neuverfilmung von „Musik, Musik“. Fred Astaire bekam im Vorfeld erneut das Angebot neben Bing Crosby zu spielen, lehnte aber ab, nachdem er das Drehbuch gelesen hatte. Der Originalfilm erhielt 1943 zwei Academy Award Auszeichnungen: Sowohl Irving Berlin für „White Christmas“ als auch Robert Emmett Dolan für die beste Filmmusik. Diesen Erfolg konnte das Remake zwar nicht feiern, dennoch wurde der Film „White Christmas“ zum finanziell erfolgreichsten Film seines Jahrgangs (1954). In 2004 debütierte zudem „Irving Berlin’s White Christmas“, ein auf dem Film basierendes Bühnenstück, in San Francisco, wurde seither auch in anderen US-Städten wie Boston, Los Angeles oder Detroit aufgeführt, als auch drei Monate im Marquis Theatre am Broadway.


Bing Crosby – White Christmas von beautifulcynic

Auch die kleine Dorothy aus „Der Zauberer von Oz“ (1939) hatte ihren Weihnachtsauftritt und hinterließ dabei einen bleibenden Eindruck: Judy Garland war die Hauptdarstellerin des 1944er Films „Heimweh nach St. Louis“, in dem sie den Ausspruch „Have yourself a merry little christmas“ prägte. Der dazugehörige Song – hier natürlich von Judy Garland gesungen – schaffte es ähnlich wie „White Christmas“ zum Weihnachtsklassiker zu werden, gesungen von zahlreichen Interpreten wie Frank Sinatra, Katie Melua, Christina Aguilera, den Jackson Five, den Muppets, Alvin und seinen Chipmunks, Coldplay, LeAnn Rimes und vielen mehr. Eine weitere Dame die Erwähnung finden soll ist Natalie Wood, bekannt durch Auftritte in „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ oder der „West Side Story“. Sie war 1947 in „Das Wunder von Manhattan“ zu sehen, einem Film in dem ein Mann auf die Erde kommt um nach Menschen zu suchen, die noch an den Weihnachtsmann glauben. So steht bereits im New York der 1940er Jahre eher der Konsum, der Verkauf von Spielzeug und Süßigkeiten im Vordergrund, während die Besinnlichkeit gänzlich verschwunden zu sein scheint. 1994 entstand ein Remake unter der Regie von Les Mayfield mit Sir Richard Attenborough in der Hauptrolle.

Schon 1843 veröffentlichte der Schriftsteller Charles Dickens seine Weihnachtsgeschichte „A Christmas Carol“, die fortan für zahlreiche Verfilmungen Pate stehen durfte. Hier geht es nicht etwa darum, den Glauben an den Weihnachtsmann alleine wieder herzustellen, hier ist das ganze Weihnachtsfest in Gefahr, zumindest beim „Helden“ der Geschichte: Ebenezer Scrooge ist ein Geizhals und Miesepeter, er hat lediglich Vergnügen daran, seinen Mitmenschen die Festtage madig zu machen. In der Nacht wird er vom Geist der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht besucht, die ihm sein Leben vor Augen führen. Die früheste Adaption stammt von 1901, ein britischer Kurzfilm mit dem Titel „Scrooge or, Marley’s Ghost“. Die beste Verfilmung bis zum heutigen Tage ist laut New York Times Filmkritiker A. O. Scott „Charles Dickens – Eine Weihnachtsgeschichte“ von 1951 mit Alistair Sim in der Rolle des Ebenezer Scrooge. Zwanzig Jahre später nahm Sim seine Rolle noch einmal in einer animierten Version der Weihnachtsgeschichte auf, lieh der Figur des Scrooge seine Stimme. Nach dem Geizhals aus der Geschichte wurde dann auch die Disneyfigur Dagobert Duck – im Original Scrooge McDuck – benannt, der dann auch die Rolle des Scrooge in einer Disneyverfilmung von 1983 übernehmen durfte, die in Deutschland unter dem Titel „Die schönsten Weihnachtsgeschichten von Walt Disney“ erschienen ist und neben Dagobert Duck auch andere Bewohner Entenhausens (Micky Maus, Donald Duck, Goofy, Kater Karlo) in die Geschichte von Charles Dickens einfügt. Auch die Henson Company erschuf mit ihren Marionettenpuppen „Die Muppets Weihnachtsgeschichte“, hier mit Schauspieler Michael Caine als mürrischer Geizhals Scrooge, umgeben von Kermit, Miss Piggy, Gonzo, Fozzy Bär und all den anderen Muppetfiguren. Eine gänzliche Neuinterpretation entstand mit Richard Donners „Die Geister, die ich rief“ von 1988. Hier ist Bill Murray als zynischer Programmdirektor eines Fernsehsenders zu sehen, der zwar erfolgreich ist, hierfür aber kaltherzig und emotional brutal im Umgang mit seinen Mitarbeitern werden musste. Schauspieler David Johansen, Carol Kane und ein riesiges vermummtes Ungetüm mit einem Fernsehbildschirm als Kopf, erscheinen in einer Nacht bei ihm, um ihn als Weihnachtsgeister von seinem fehlgeleiteten Weg abzubringen.

Bill Murray in “Die Geister, die ich rief”.

Das es Weihnachten nicht immer nur besinnlich zugehen muss, beweisen mehrere Actionfilme der 80er und 90er Jahre: Mit „Lethal Weapon“ eröffneten Mel Gibson, Danny Glover und erneut Regisseur Richard Donner die chaotisch turbulente Festtagszeit mit dem ungleichen Duo Riggs und Murtaugh, die in ihren Polizeieinsätzen zumeist die ganze Stadt demolieren. „Wir sind zu alt für diesen Scheiß“ zieht sich als Spruch durch alle vier Teile bis ans Ende der 90er Jahre durch. Im ersten Teil von 1987 können die beiden Männer froh sein, am Ende lebendig am Weihnachtsbaum zu stehen. Ein familiäres, vor allem ruhiges Ende, bei dem Riggs (Gibson) bei der Familie seines neuen Partners Murtaugh (Glover) feiert, seinen Hund Sam mitbringt, der sich mit der Familienkatze der Gastgeber anfreunden soll. Nicht minder explosiv geht es in „Stirb Langsam“ (1988) und dessen Nachfolger von 1990 zu, wo das Weihnachtsfest für John McClane, gespielt von Bruce Willis, gehörig bedroht wird: Im ersten Teil übernimmt ein Deutscher namens Hans Gruber die Kontrolle über ein Hochhauskomplex, im zweiten Teil trifft es einen Flughafen. Hier beissen sich die Actionfilm-Thematiken immer wieder mit der weihnachtlichen Musik, immer wieder sind Schlittenglocken in der Hintergrundmusik zu vernehmen, es werden Weihnachtslieder wie „Winter Wonderland“ eingespielt oder es sind Songs wie Run-D.M.C.s „Christmas In Hollis“ zu hören. Der Abspann wird dann von Vaughn Monroes „Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!“ eingeleitet.

Etwas märchenhafter geht es vermutlich bei Regisseur Tim Burton zu, der mit seinen Filmen „Edward mit den Scherenhänden“ und „Batmans Rückkehr“, wie auch mit Henry Selicks „The Nightmare Before Christmas“, bei dem allerdings auch Burton seine Finger im Spiel hatte, seinen filmischen Beitrag zum Weihnachtsfest ablieferte. 1990 zeigte er Johnny Depp als besagten Edward, ein künstlicher Mensch mit Scherenhänden, der die Menschen eines kleinen Dorfes ebenso fürchtet wie sie ihn. Burton erzeugt eine herrliche Atmosphäre, gerade in den Momenten, in denen Schnee involviert ist. So künstelt Edward mit seinen Scheren wunderbare Eisskulpturen, lässt es zugleich schneien, indem er wie wild an Eisblöcken herum schnibbelt, ein Wirrwarr aus Schnee- und Eisflocken entstehen lässt. In der Comicverfilmung „Batmans Rückkehr“ mit Michael Keaton in der Doppelrolle des Multimillionärs Bruce Wayne und nächtlichen Vigilanten Batman, als auch Danny DeVito als Pinguin und Michelle Pfeiffer als Catwoman, behält er diese weihnachtlich-märchenhafte und zugleich auch ein wenig unheimliche Optik bei. Für „The Nightmare Before Christmas“, zugleich ein Film für Weihnachten wie auch Halloween, schrieb Burton zwar die Story und fungierte als Produzent, überließ die Regie allerdings Henry Selick, der sich im Nachhinein erzürnt über den vollen Filmtitel „Tim Burton’s The Nightmare Before Christmas“ zeigte. Und noch heute gibt es Menschen, die davon überzeugt sind, dass dieser Stop-Animation-Film von Tim Burton selbst kommt, womit sich Selicks Ärger bestätigt haben dürfte. Aber mit Tim Burton als Ideengeber und Produzenten war es Selicks Aufgabe einen Film zu erschaffen, der so aussehen sollte als stamme er von Burton. Das dürfte Selick auf der ganzen Linie gelungen sein, ebenso wie die Erschaffung eines weiteren Klassikers der Festtagszeit.

Snoopy und Charlie Brown feiert Weihnachten