Man stelle sich vor in der Gastronomie würden Bier, Wein, Schnäpse, einfach alles, was die Gäste sich in den Hals schütten, ausschließlich aus anonymen Karaffen serviert? Würde Ihnen dieser Gedanke gefallen? Sie vertrauen ihrem Wirt? Klar, das tun wir doch alle. Na ja, meistens jedenfalls.
Aber die Brauer der besten Biere der Welt, die besten Winzer der Welt, die besten Destillateure von Hochprozentigem, was würden die von der Anonymitätsklausel halten? Bestimmt gar nichts! Absolut nix! Schließlich geben sie jährlich Millionen, die sich weltweit zu Milliarden summieren, für Werbung und Marketing aus, fördern unser Qualitäts- und Markenbewusstsein. Sie positionieren sich über diese vermutete und hoffentlich auch berechtigte Qualität preislich im Markt und wir wählen daraus nach Geschmack, Präferenz und unseren finanziellen Möglichkeiten. Auch die Gastronomie differenziert sich – unter anderem – durch die Qualität der angebotenen Getränke…
He, was soll das jetzt hier werden? Was soll der Scheiss’ werden Sie fragen? Keine Angst, das ist nicht das vorgezogene „Wort zum Sonntag“, sondern lediglich der Versuch Verständnis zu wecken, für eine Initiative der EU-Südschiene, das Qualitätsbewusstsein bei Gastronomie und Konsumenten zu wecken, mit den daraus hoffentlich folgenden positiven wirtschaftlichen Nebeneffekten für die Erzeuger und Verbraucher. Eine win-win-Situation sollte man meinen!
Ärzte und Lifestyle-Magazine propagieren seit Jahrzehnten die mediterrane Küche. Ein wesentliches Element dabei ist der Gebrauch von Olivenöl. Dessen Anbau wurde von der EU gefördert und mit den erzeugten Mengen wurde vermutlich reichlich betrogen, aber das ist eine ganz andere Geschichte…
Bei Olivenöl ist die Vielfalt nach Arten, Sorten, Herstellung und Herkunft ähnlich vielfältig wie beim Wein. Olivenöl ist im Idealfall ein sehr hochwertiges Lebensmittel. Unterstellen wir deshalb der Einfachheit halber einmal, dass wirklich drin ist, was drauf steht.
In einem gut sortierten Geschäft können Sie nach den Ihnen wichtigen Kriterien auswählen, also z.B. nach Bio, Freilaufend, Boden- oder Käfighaltung, äh.. da hab’ ich jetzt wohl was verwechselt?
Kurz: Wenn Sie irgendwo Essen gehen, dann landet das Olivenöl in einer neutralen Karaffe vor Ihnen auf dem Tisch und Sie müssen konsumieren was drin ist, oder sie können es lassen, frei nach dem Motto „friss oder stirb“!
Es gab nun also die Initative zu einem Gesetzes-Entwurf der EU der vorsah, dass künftig das Olivenöl in nicht nachfüllbaren und mit Etikett eindeutig identifizierbaren Flaschen in der Gastronomie auf den Tisch des Kunden kommen sollte. Das scheint mir eine eindeutig verbraucherfreundliche Maßnahme zu sein?
Der berüchtigte und bekennende Ober-Europäer David Cameron geriet darüber in Wallung, „das seien Dinge, über die die EU nicht einmal diskutieren dürfe“, fand er. Insel-Dave war dabei erschreckenderweise nicht alleine:
Dagegen: Deutschland, Belgien, die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark unterstützten England bei der Blockade dieses Entwurfes.
Ergebnis: Die EU-Kommission kniff den Schwanz ein und “verfolgt dieses Thema nicht weiter”!
Dafür: Unterstützer des Verbraucher- und Erzeugerfreundlichen Entwurfes waren neben Spanien (Andalusien steht allein für 40% der Weltproduktion von Olivenöl!) weitere vierzehn Länder, darunter Frankreich, Italien, Griechenland und Portugal.
Wie soll man diese EU-Aktion letztlich einschätzen? Wer schützt hier den Verbraucher vor Betrug, Schwindel und möglicherweise vor gesundheitlichen Schäden? Sind das die Antragssteller aus dem Süden oder die pseudo-libertären Deregulierer von der Insel und ihre neoliberalen Kumpels in Mittel- und Nordeuropa?