Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Erstellt am 4. Januar 2016 von Juraeinmaleins @juraeinmaleins

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Am Anfang jeder (verwaltungsrechtlichen) Klage ist zunächst zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht für diesen Rechtsstreit überhaupt zuständig ist.

Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 VwGO eröffnet, wenn er ausdrücklich eröffnet wurde oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art vorliegt und die Streitigkeit nicht einem anderen Gericht zugewiesen ist.

Beachte: Geklärt wird dabei jedoch „nur“ die Frage, ob die Streitigkeit vor ein Verwaltungsgericht gehört – die örtliche und instantielle Zuständigkeit ist dadurch noch nicht geklärt!

Bevor auf die Generalklausel des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingegangen werden kann, muss geklärt werden, ob es nicht eine aufdrängende Sonderzuweisung gibt. Ob also aus der Natur der Sache das Verwaltungsgericht schon für zuständig erklärt wird.

Beispiele für aufdrängende Sonderzuweisungen: § 126 BRRG, § 12 HandwO

Findet sich für den euch vorliegenden Fall keine aufdrängende Sonderzuweisung, ist sodann auf § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzugehen. Dieser hat drei Voraussetzungen: Es muss sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handeln und es darf keine abdrängende Sonderzuweisung geben.

(1) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Zunächst muss es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handeln. Dies ist der Fall, wenn die streitentscheidende Norm dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist.

Nach der sog. Interessentheorie ist das der Fall, wenn die streitentscheidende Norm Allgemeinwohlinteressen schützt. Wenn Individualinteressen durch die Norm geschützt werden sollen, handelt es sich um keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.

Nach der Subordinationstheorie hingegen liegt eine öffentlich-rechtliche Streitgkeit dann vor, wenn sich die Beteiligten in einem Unter-/Überordnungsverhältnis gegenüberstehen. Begegnen sich die Beteiligten in einem Gleichordnungsverhältnis ist diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

Nach der (herrschenden) modifizierten Subjektstheorie liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, wenn ein Träger hoheitlicher Gewalt als solcher berechtigt und verpflichtet wird.

Nice-To-Know: Warum heißt die Theorie „modizierte“ Subjektstheorie? – Dies gründet darauf, dass in der vorherigen „Subjektstheorie“ der Passus „als solcher“ fehlte. In der aktuellen – modifizierten – Subjektstheorie muss der Hoheitsträger in seiner Rolle als Hoheitsträger berechtigt und verpflichtet werden.

Diese Frage kann durchaus in einer mündlichen Prüfung auf euch zukommen. Dem Autoren begegnete diese Frage das erste Mal in seiner staatlichen mündlichen Prüfung. Hinterher ist man also immer schlauer!

Klausurpraxis: In der Klausur sollte primär auf die absolut herrschende modizifierte Subjektstheorie eingegangen werden. Die anderen Theorien kann man ggf. unterstützend – aber maximal in einem Satz – hinzuziehen.

Beispiel: Es müsste sich bei der vorliegenden Streitigkeit um eine öffentlich-rechtliche Handeln. Dazu müsste die streitentscheidende Norm des Polizeirechts dem öffentlichen Recht zuzuordnen sein. Dies ist nach der mod. Subjektstheorie immer dann der Fall, wenn ein Träger hoheitlicher Gewalt als solcher berechtigt und verpflichtet wird. Vorliegend sind die Normen des Polizeirechts einschlägig [Hier genaue Norm herausarbeiten und zitieren!]. Durch diese werden die Polizeibehörden zum Eingreifen berechtigt und verpflichtet. Nach dieser Theorie liegt danach eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor.

(2) Nicht-verfassungsrechtlicher Art

Weiterhin dürfte es sich bei der Streitigkeit um keine verfassungsrechtliche Streitigkeit handeln. Hier erfolgt also die Abgrenzung des Verwaltungsrechts zum Verfassungsrecht, für das die Verfassungsgerichte zuständig sind.

Damit die Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art ist, darf keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit vorliegen. Dies ist der Fall, wenn es sich nicht um einen Streit zwischen unmittelbar am Verfassungsleben beteiligten Organen handelt oder diese nicht über Rechte oder Pflichten streiten, die unmittelbar in der Verfassung geregelt sind.

(3) Keine abdrängende Sonderzuweisung

Schließlich darf die Streitigkeit nicht einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sein.

Beispiele für abdrängende Sonderzuweisungen: Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG, § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO, Art. 23 EGGVG (Wichtig, immer im Polizeirecht bedenken!).

Liegen diese Voraussetzungen nun alle vor, so kann festgehalten werden, dass der Verwaltungsrechtsweg (nicht) eröffnet ist.

Abschließend noch ein Prüfungsschema für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs:

I. Keine aufdrängende Sonderzuweisung

II. Falls (-), Prüfung des § 40 Abs. I Satz 1 VwGO:

  1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit : Streitentscheidende Norm festlegen und diese dem öffentlichen Recht nach den genannten Theorien zuordnen.
  2. Nicht-verfassungsrechtlicher Art
  3. Keine abdrängende Sonderzuweisung

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Dominik Kreke