Lange haben wir darauf gewartet, nun war es endlich soweit: Wir durften selbst an der Bindenmaschine von Muruganantham arbeiten. Im Vorfeld hatten wir bereits viel von der berühmten Maschine, für die der Erfinder schon zahlreiche Preise abgeräumt hat, gehört; konnten uns aber nicht so recht vorstellen, wie eine einfache, von Hand zu bedienende Maschine für Monatsbinden funktionieren würde.
In einer ausschließlich von Frauen betriebenen Werkstatt in der südindischen Stadt Mysore wurden wir schlussendlich in die Arbeit mit den Binden eingewiesen und durften auch gleich selbst Hand anlegen. Sechs Frauen zwischen 20 und 35 arbeiten acht Stunden pro Tag an den Maschinen und stellen so rund 1000 Binden an einem Arbeitstag her.
Die Maschine besteht insgesamt aus 6 Teilen bzw. Arbeitsschritten:
- Das Füllmaterial wird in Form gepresst
- Ein Plastikstreifen (Wäscheschutz) wird mit Kleber auf die in Form gepresste Füllschicht geklebt
- Die Füllschicht wird in ein ca. A4 großes weiches Vlies eingewickelt, das die Oberfläche der Binde bildet
- Die überstehenden Enden des Vlieses werden mit einer Stanzmaschine abgeschnitten und versiegelt
- Mittels flüssigen Klebers wird der Klebestreifen auf die fertige Binde geklebt
- Die Binden werden verpackt
Nicht so einfach, wie es aussieht
Wir wurden wie überall in Indien bisher unendlich freundlich im Team aufgenommen und nach einer kurzen Einweisung in die Maschinen ging es los: Annemarie klebte und wickelte die Binden ein, bevor sie zu Bettina weitergereicht wurden. Bettina saß am Stanzgerät, das die Binden in einem letzten Produktionsschritt in Form schneidet. Während die Arbeiterinnen in einer Viertelstunde 40 Binden in Form stanzen, scheiterte Bettina leider kläglich und schaffte nur knapp die Hälfte, als die Uhr extra dafür gestoppt wurde. Auch waren sie nicht gänzlich versiegelt, sodass ihr eine der Arbeiterinnen nochmals helfen musste. Die hatte wohl Mitleid mit der für die Bindenproduktion unbrauchbaren Bettina und drückte so bei der anschließenden Qualitätskontrolle der nicht ganz perfekten Binden ein bzw. beide Augen zu.
Binden für ein menschenwürdiges Leben
Während wir nach knapp zwei Stunden Arbeit in der 40 Grad heißen Produktionsstätte bereits völlig fertig und nass geschwitzt waren, hatte der Tag für die Arbeiterinnen gerade erst begonnen. Trotz der schweißtreibenden Arbeit sind die Frauen mehr als froh über den Job an der Bindenmaschine. Viele von ihnen hatten davor prekäre Arbeitsverhältnisse, wo sie zum Teil ausgebeutet und schlecht behandelt wurden. Die Leiterin der Werkstatt – Somya – legt jedoch nicht nur auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen wert, sondern auch auf die Umwelt: So werden die Binden, die sich sympathischerweise „relieve“ nennen, mittels UV-Strahlung desinfiziert, ökologisch verpackt und über kleine Bio-Supermärkte in der Stadt vertrieben. Außerdem werden jeden Monat 1000 Binden an Waisenmädchen in der Umgebung gespendet.
Gemeinsam mit Somya und deren Mitarbeiterin Reika ging es nach einem gemeinsamen Mittagessen (inkl. Eis für die Arbeiterinnen) zum Verkauf in die Slums, was ein weiteres wirklich beeindruckendes Erlebnis war und uns sehr an unsere Aufklärungsarbeit hier in Europa erinnerte. Egal ob Indien, Wien oder Berlin: es gibt jede Menge Aufklärungsbedarf rund um das Thema Menstruation und Monatshygiene – #webreakthebloodytaboo!
Alles Weitere über unsere Gespräche mit den Frauen in den Slums liest du im nächsten Teil unseres Reiseberichts.
Und vergiss nicht – egal wo auf der Welt:
Es ist deine Regel und dein Planet!
Deine erdbeerwoche-Botschafterinnen
Annemarie und Bettina