Seit mehr als 80 Jahren verwendet man in der Holzbranche den Begriff „Rosenheimer“ synonym für Absolventen mit einer zeitgemäßen, an den Bedürfnissen der Branche ausgerichteten Ausbildung. Dies fundiert auch auf der engen Zusammenarbeit der Schule mit den Unternehmen, wobei man sich schon immer gegenseitig gefordert und gefördert hat. Bereits die Gründung einer Lehranstalt im Jahr 1925 als Vorläufer der heutigen Hochschule geht auf eine Initiative regionaler Sägewerksunternehmer zurück. Puplic-Private-Partnership, die Kooperation von Firmen und öffentlicher Hand, ist damit seit jeher ein Motor der Rosenheimer Ausbildung. Ausdruck dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist nun die Übergabe von zwei modernen CNC-Bearbeitungszentren der Firma HOMAG Holzbearbeitungssysteme AG im Gesamtwert von 400.000,- €. Am 16. April 2010 wurden die Maschinen vom Typ BMG 511 und BAZ Venture 20L im Rahmen eines Festakts mit interessanten Fachvorträgen und zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden offiziell an der Hochschule in Betrieb genommen.
Professor Heinrich Köster, Präsident der Hochschule Rosenheim, hob in seiner Dankesrede die langjährigen, freundschaftlichen Beziehungen zu dem Rosenheimer Absolventen, Mitbegründer der HOMAG Holzbearbeitungssysteme AG und Ehrensenator der Hochschule, Professor Gerhard Schuler, hervor, der die Hochschule Rosenheim immer wieder mit Rat und Tat, aber auch mit monetären Mitteln und maschinelle Einrichtungen unterstützt hat.
Der Vorstand für Vertrieb und Service der HOMAG Group AG, Jürgen Köppel, äußerte die Zuversicht, dass die beiden neuen Maschinen helfen, umfassendes Prozesswissen und die verfahrenstechnischen Möglichkeiten, aber auch die Einschränkungen der CNC-Maschinentechnik zu vermitteln. Nur wer die heutigen Grenzen kennt, so Köppel, kann Innovationen von morgen entwickeln.
Achim Homeier, Leiter Marketing HOMAG, informierte in seiner Präsentation über die aktuellen Entwicklungstendenzen in der CNC-Technologie. Die Anforderungen aus Anwendersicht stellte Andreas Weinzierl, Inhaber der Firma 3D-HolzDesign, in seinem Vortrag: „Mehrnutzen aus CNC-Maschinen“ dar. Und Professor Gerhard Schuler zeigte in seinen Visionen zu den Erfolgspotentialen der Zukunft, die sich seiner Meinung nach ergebenden Herausforderungen an die Möbelindustrie sowie die sich daraus ableitenden Anforderungen an die Maschinenhersteller und die Hochschulen auf.
In einem Rückblick schilderte der Leiter des Labors für Fertigungstechnik, Professor Dr. Matthias Zscheile die kontinuierlichen Bemühungen der Hochschule Rosenheim, den Studierenden seit dem Aufkommen der CNC-Technik in der Holzbranche vor etwa 30 Jahren immer den aktuellen Stand der Technik zu repräsentieren oder diesen sogar mit zu entwickeln. So konnte an der Hochschule Rosenheim bereits 1981 an einem CNC-gesteuerten Doppelendprofiler unterrichtet werden. Neue Technologien, wie multifunktionale CNC-Bearbeitungzentren, Roboterbeschickung, 5-Achs-Fräsen, Reverse Engineering oder die HSC-Holzbearbeitung fanden durch die Unterstützung der Firmen Reichenbacher, IMA und HOMAG zeitnah ihre Entsprechung in den Laboren der Hochschule. Mit dem nun erfolgten Maschinenaustausch können den Studierenden auch weiterhin die aktuellen Entwicklungstendenzen in der Maschinen- und Steuerungstechnik, sowie der Umgang mit modernsten Programmiersystemen näher gebracht werden, so Professor Zscheile.
Leistungsfähigkeit der Labore unter Beweis gestellt
Beim anschließenden Tag der offenen Tür präsentierten sich im Labor für Fertigungstechnik verschiedene Firmen den Besuchern: Die Firma LAP Laser Applikationen beispielsweise, die ein Gerät zur Laserprojektion als Rüsthilfe für das neue 4-Achs-BAZ bereitstellt. Die Werkzeughersteller Leitz und Leuco informierten über Ihr aktuelles Produktportfolio ebenso wie der Wekzeugvermessungsspezialist Zoller. Die Schweizer Firma Formtec AG wurde mit der CAD/CAM-Software MasterCAM durch Herrn Weinzierl von 3D-HolzDesign vertreten, der zahlreiche Musterstücke - wie zuvor in der Präsentation gezeigt - ausgestellt hatte. Die Firma KUKA stellte anhand der Roboterschulungzellen, die im Labor für Fertigungstechnik installiert sind, das kooperative Ausbildungskonzept des Roboteranbieters mit der Hochschule Rosenheim vor. Und natürlich konnten sich die Gäste bei den Vorführungen von den technischen Möglichkeiten der beiden neuen HOMAG-Maschinen überzeugen.
Bei der HOMAG Venture wird das separate Kantenverleimteil auf einem seitlichen Pick-up-Platz vorgeheizt und ist deswegen sofort einsatzbereit. Das zusätzliche FLEX5-Aggregat ermöglicht die automatische und präzise Winkeleinstellung einer 5-Achse beispielsweise für Schifterschnitte und Bohrungen im beliebigen Winkel. Zahlreiche weitere Aggregate, wie Unterflurfräse oder Eckenausklinkaggregat erweitern die Einsatzmöglichkeiten. Der High-Speed Bohrkopf mit Schnellwechselsystem und ein 12-fach Werkzeugwechsler bieten eine hohe Produktivität bei geringen Rüstzeiten. Neben einer LED-Rüsthilfe für den Konsolentisch ist die Maschine auch mit einem Laserprojektor LAP CAD-Pro2D zur Anzeige der Saugerpositionen oder Werkstückkontur ausgestattet.
Der Maschinenständer der HOMAG BMG 511 in massiven patentierten SORB TECH© Verbundmaterial sorgt zusammen mit der Gantry-Bauweise für maximale Stabilität und absorbiert nahezu alle Schwingungen auch bei anspruchsvollsten 5-Achs-Bearbeitungen. Außerdem wird mit SORB TECH© 60% weniger Primärenergie als bei der herkömmlichen Herstellung mit Stahl verbraucht. Die große, mitfahrende transparente Einhausung gewährleistet eine optimale Einsicht bei den Vorführungen und bietet gleichzeitig einen zusätzlichen Schutz der Studierenden.
Beide Maschinen sind mit dem neuen HOMAG Programmiersystem Woodwop 6.0 ausgestattet. Für die Programmierung der 5-Achs-Bearbeitung wird zusätzlich MasterCAM eingesetzt. Darüber hinaus sind die branchenbezogenen Konstruktionsprogramme IMOS und VectorWorks Interiorcad sowie die maschinenneutrale Programmierumgebung COBUS-NCAD in die Maschinenanbindung integriert. Insbesondere für die CNC-Ausbildung kommt den Studierenden die neue virtuelle Maschinensimulation WoodMotion und die Softwareoption collisionControl zur Kollisionsvermeidung von HOMAG zu gute.
Die Veranstaltung, die Homag-Bayern unter der Leitung von Karl Heinz Brauneisen organisierte, klang bei einem gemütlichem Zusammensein und einer bayrischen Brotzeit aus, was viele der Gäste für fachliche Gespräche in ungezwungener Atmosphäre nutzten.
Gut gerüstet für die Zukunft
Die neuen Maschinen werden in der Ausbildung von Studierenden der Hochschule, von Technikern der Fachschule Rosenheim und in der Meisterausbildung durch das Lehrinstitut der Holzwirtschaft und Kunststofftechnik eingesetzt. Zudem nutzen zahlreiche Unternehmen die modern ausgestatteten Labore für gemeinsame Projekte und für Forschungsarbeiten. Daraus ergibt sich ein breites Anforderungsspektrum an die Technologien, die in dem jeweiligen Labor dargestellt sind. Im Bereich der CNC-Technik stellt heute die informationstechnische Vernetzung der Fertigung eine wesentliche Herausforderung dar. Die Fakultät für Holztechnik und Bau begegnete diesen Erfordernissen bereits mit einer Schwerpunktanpassung von der reinen CNC-Technik hin zur integrativen Betrachtung der CNC-Technik als ein Element der Fertigungsautomatisation. In diesem Zusammenhang steht auch die Reorganisation der betroffenen Labore.
Die beiden neuen CNC-Maschinen befinden sich im Labor für Fertigungstechnik, wo die fertigungstechnischen Verfahren im Vordergrund stehen. Eine EDV-gestützte Kontrolle von Materialfluss und Maschinenleistung, der Aufbau einer durchgängigen Informationslogistik auf Maschinen-, Kommunikations- und Datenebene, der rechtzeitige Eingriff in Produktionsabläufe durch funktional sinnvolle Leittechnik, das Condition Monitoring bis hin zu intelligenten Sensoren und Aktoren sowie die effiziente Produktionsüberwachung durch geeignete Mensch-Maschine Schnittstellen sind dem neu geschaffenen Labor für Fertigungsleittechnik zugeordnet.
Auf diesem Feld warten weitere Herausforderungen, welchen sich die Hochschule Rosenheim als Dienstleister gemeinsam mit der Industrie stellen wird. Die nächsten Ziele sind bereits im Visier, aber auch die strategische Entwicklung hat man im Blick. So wurden der Hochschule Rosenheim die finanziellen Mittel zur Erarbeitung einer Zukunftsvision bereitgestellt. Diese sieht die Planung eines neuen Laborgebäudes als Ersatz der Übungs- und Versuchsanlagen vor, welche in dieser Form noch aus den 1960er Jahren stammen. Auch wenn die Maschinentechnik der Labore heute dem neuesten Stand entspricht, das Labor der Zukunft muss auch den Anforderungen einer Hochschule in der Zukunft gewachsen sein. Auf diese Anforderungen gilt es sich bereits heute vorzubereiten und eine klare Strategie zu entwickeln oder, wie es Professor Gerhard Schuler in seinem Vortrag „Visionen – Zukunftsorientierte Erfolgspotentiale“ formulierte: „ Strategie ist, sich zu kratzen, bevor es juckt“.
- Autor:
- Holzi