Im Bereich der Ernährung wimmelt es von falschen Ratschlägen. Einige davon können durchaus lebensgefährlich sein.
Der Kult ums Essen zieht eigenartige wissenschaftliche Propheten an (cc_Foto: Joshua Rappeneker)
Der mit Abstand am meisten gelesene Artikel des Jahres 2017 im britischen Medizinjournal „The Lancet“ war die Veröffentlichung der Resultate der PURE-Studie. Diese bislang ehrgeizigste Ernährungsstudie untersuchte den bereits zehn Jahre andauernden Streit, was nun problematischer für die Gesundheit ist: Fett oder Kohlenhydrate?
Als Teilnehmer fungierten insgesamt 135.335 gesunde Menschen im Alter zwischen 35 und 70 Jahren, die in 18 verschiedenen Ländern angeworben wurden. Ihre Ernährungsgewohnheiten wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich sieben Jahren penibel aufgezeichnet. Die Sponsoren der Studie hatten weder Einfluss auf das Design noch auf die Auswertung.
Die Resultate der Studie waren eindeutig: Die Gruppe mit dem höchsten Anteil an Kohlenhydraten hatte im Vergleich zu einem niedrigen Konsum von Kohlenhydraten ein um 28 Prozent höheres Gesamt-Sterberisiko. Genau umgekehrt verlief der Trend beim Fettkonsum: Ein hoher Fett-Konsum wirkte lebensverlängernd. Dies bezog sich sowohl auf die einfach- wie die mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Ebenso jedoch auch auf die viel geschmähten gesättigten Fettsäuren, die meist aus tierischen Produkten stammen. Ein hoher Anteil erwies sich sogar als speziell protektiv gegen Schlaganfälle.
Die Resultate der PURE-Studie bedeuten eine neuerliche schwere Niederlage für die internationalen Ernährungs-Gesellschaften, die nach wie vor in ihren Richtlinien den Fettanteil auf weniger als 30 Prozent – den Anteil der gesättigten Fette auf weniger als 10 Prozent beschränken.
Bereits davor hatten zahlreiche kleinere Studien angedeutet, dass die Politik der „Light-Welle“ mit der Verteufelung von Fett und der Aufwertung des Zucker-Anteils in Lebensmitteln, die seit den 1980er Jahren das Angebot der Supermärkte bestimmt, fatale Konsequenzen hat. Ausgehend von den USA eroberten denaturierte, hoch verarbeitete Lebensmittel den weltweiten Markt. Sie konnten extrem billig produziert werden und boten der Industrie eine hohe Gewinnspanne. Und mit Hilfe der Ernährungswissenschaften konnten sie nun sogar einen gesundheitlichen Bonus vorgaukeln.
Der Industrie verpflichtet
Kaum ein Bereich der Wissenschaft hat sich derart schamlos ihren Geldgebern angedient wie die Ernährungsexperten. Seit Jahrzehnten versteht sich ihre Elite als Handlanger der Nahrungsmittelindustrie. Manche ihrer Richtlinien zur "gesunden Ernährung" sind schlicht gemeingefährlich. Die katastrophalen Folgen ihrer Ratschläge sieht man am besten in den USA, wo die Kumpanei zwischen Wissenschaft, Industrie und gekaufter Politik am besten organisiert ist: im Land der Fetten.
Innerhalb von 30 Jahren ist ein ganzes Land - von international halbwegs normalen Werten zur Mitte der 80er Jahre - gewaltig in die Breite gegangen. Jedes fünfte High-School-Kid passt nur noch in XXL-Klamotten und watschelt wie eine Ente vom Schulbus zur Haustür. Und wer sich gewichtsmäßig einmal auf der Überholspur befindet, kommt kaum noch herunter. Die Zahl der Amerikaner mit extremer Fettsucht – einem BMI (Body Maß Index) über 40 – hat sich vervierfacht. Immer mehr US-Krankenhäuser erwägen den Erwerb veterinärmedizinischer Untersuchungsgeräte oder fahren mit ihren Problempatienten gleich in den Zoo. Und dort wird der Zwei-Zentner-Mann dann per Kran in die Röhre des CT gehievt - sobald das kranke Rhinozeros mit der Untersuchung fertig ist.
Kohlehydrate-Mast nach wissenschaftlichem Ratschlag (Foto: pixabay.com)
In Gang gesetzt wurde dieser Trend mit einer weltweiten Kampagne gegen Fett. Besonders des Teufels war tierisches Fett und die in Butter oder Schweineschmalz vorherrschenden "gesättigten Fettsäuren". In den Ernährungsratgebern wurde empfohlen, großflächig auf Kohlenhydrat-reiche Nahrungsmittel auszuweichen und "herzgesunde" Margarine zu verwenden. Hätten die "Experten" etwas genauer recherchiert, wären sie auf die alten Rezepte der Landwirte gestoßen, die seit langem wussten, dass ihre Schweine und Ochsen am raschesten mit einer Kohlenhydrate-Mast zunehmen. Und so geschah es dann auch bei den Menschen.
Millionen Todesfälle durch künstliches Fett
Das "böse" tierische Fett wurde durch billige Pflanzenöle von Mais, Raps und Sonnenblume ersetzt. Dumm nur, dass dies flüssig und deshalb schwer zu verarbeiten war. Doch auch hier kam Hilfe von der Wissenschaft: Wird das Öl auf über 200 Grad erhitzt und dann unter hohem Druck mit Wasserstoff "beschossen", so werden die Fettsäuren gesättigt und damit gehärtet. Das bequeme daran ist, dass man diesen Prozess jederzeit stoppen und den Kunden die geeignete Konsistenz liefern kann. Leider entstehen dabei - als eine Art Betriebsunfall der Härtung - künstliche Fette, so genannte Transfette. Sie können vom Organismus nur schlecht abgebaut werden und verursachen Entzündungen in den Blutgefäßen mit allen dramatischen Folgen. Noch bis in die 90er Jahre bestand Margarine bis zu einem Drittel aus Transfetten. Erst in den letzten Jahren wurde der Anteil an Transfetten in der EU streng begrenzt. Doch der angerichtete Schaden ist nicht mehr gut zu machen: "Wahrscheinlich", so Walter Willett von der Harvard University in Boston, "sind weltweit Millionen von Menschen vorzeitig gestorben, weil unsere Nahrung zu viele Transfette enthält."
Doch viele andere - ähnlich problematische - Ratschläge der Ernährungswissenschaft sind nach wie vor in Kraft. Etwa die lukrative Hetze gegen "gefährliches Cholesterin", mit der über den Verkauf entsprechender "Cholesterinsenker" Milliardenumsätze erzielt werden. Oder die Behauptung, dass Bauchfett besonders gefährlich wäre. Oder der Ratschlag, dass helles Fleisch (z.B. Geflügel) gesünder sei als rotes Fleisch (z.B. Rind).
Immer häufiger zeigt es sich, dass die Studien, auf denen diese Aussagen basieren, gespickt mit Fehlern waren. Werden sie über gut gemachte Arbeiten wiederholt, kommen ganz andere Resultate raus. Wie beispielsweise die groß angelegte europäische Studie zum Zusammenhang von Ernährung und Krebs, die von der Epidemiologin Sabine Rohrmann und ihrem Team der Universität Zürich koordiniert wurde. In den Resultaten zeigte sich kein Unterschied, ob jemand mehr Geflügel- oder Rindfleisch konsumierte. Sehr wohl einen Nachteil hatten hingegen Personen mit einem dauerhaft hohen Konsum von verarbeiteten Fleischprodukten. Bei ihnen war sowohl das Risiko von Krebs als auch von Herzkrankheiten signifikant höher. Die Wissenschaftler raten deshalb dazu, im täglichen Schnitt nicht mehr als 20 Gramm verarbeitete Fleischprodukte (z.B. Hot Dogs, fertige Fleisch-Saucen, Hühner-Nuggets, Streichwurst, etc.) zu essen.
Wie soll man nun aber essen, was ist wirklich gesund? Aus Studien mit Hundertjährigen weiß man, dass sie vor allem eines gemeinsam haben: Ihr Blutzuckerspiegel ist gering und sie haben verblüffend niedrige Insulinwerte. Es macht also Sinn, die Ernährung in diese Richtung auszuwählen und zu optimieren. Näheres dazu im ausführlichen Ernährungs-Kapitel meines Buches "Der Methusalem-Code".