Die Engländer haben das Curry erfunden

Eine bahnbrechende Rezeptur

Es ist ein altbekanntes Klischee, dass die englische Küche nicht gerade zu den beliebtesten zählt. Zu eigenartig muten die Kombinationen aus zerkochtem Fleisch, Blätterteig und der Kombination von Süßlichem und Würzigem an. Selbst eine harmlose Backkartoffel wird da zur Herausforderung für die empfindlicheren Geschmacksknospen. Meine erste englische Baked Potato aß ich im Hamilton Hall, einem in barockem Stil gehaltenen Pub direkt in der obersten Etage der Bahnhofshalle in der Liverpool Street in London. Nach den ersten Bissen verging mir da gehörig der Appetit. Irgendetwas unerträglich Süßliches war da zwischen die ansonsten recht würzige Kartoffelspalte gerutscht. Selbst aus purer Höflichkeit vermochte ich es nicht, das gute Stück vollständig zu verschlingen. Von da an ließ ich die Finger von dem seltsamen Gericht.

Die einzige Speise, bei der ich regelmäßig schwach werde und mir das Wasser förmlich im Munde zusammenläuft, sind die unglaublich vielfältig gefüllten Pasteten und Blätterteigtaschen, die aus den Imbiss- und Supermarktregalen herabregnen. Das ist wirklich bemerkenswert. Aber auch hier überlege ich mir inzwischen genau, was ich tue oder besser unterlasse. Als ich letztens in Huddersfield mit ungefrühstücktem Magen am Bahnhofsimbiss nahe Gleis 4 vorbeilief, grinste mich aus der Ablage eine der vielen kleinen Papiertütchen an, die genüsslich ein mit Steakfleisch gefülltes Pastetchen anpriesen. Das war einfach zu verführerisch. Ich meine Steak! Ganz ehrlich. Also kaufe ich mir so einen Happen für schlappe 2,45 Pfund und schlinge gierig Bissen für Bissen herunter. Dann erst wird mir klar, dass das schleimige, halb gare Zeug, das aus dem Inneren der Pastete floß, wahrscheinlich eher nach Steak geschmeckt hätte, wäre es mikrowellenwarm und nicht eiskalt verschlungen worden. Dann erleide ich einen erneuten Schock beim Blick auf die rückseitige Kalorientabelle. Der mal eben so im Vorbeigehen verschluckte Snack, der zudem kaum sättigte, brachte fast 600 Kilokalorien auf die Waage. Wenn ich also drei davon aß, hatte ich bereits meinen ganzen Tagesbedarf gedeckt.

Wie auch immer, die englische Küche ist und bleibt für mich im Großen und Ganzen ungenießbar, sei es geschmacklich oder gesundheitstechnisch. Das hat der Brite wohl auch längst eingesehen und sich einem völlig anderen Geschmacksfeld zugetan: der indisch-pakistanischen Küche. Und tatsächlich taucht an so gut wie jeder Straßenecke ein indisches Take-Away auf, in den Supermärkten lassen sich ganze Menüs in praktischen Pappboxen erwerben, mit allem Drum und Dran. Hauptgericht, Beilagen, Dips. Alles für die Mikrowelle. Und damit der Engländer nicht ganz so untätig bleibt, stehen zum Verfeinern und Abschmecken im Gemüseregal Koriander und Chillischoten bereit. Und wem das nicht reicht, der ergattert sämtliche Naan-Brotsorten in der prall gefüllten Brotabteilung. Während man sich in Berlin die Hacken abrennt, auf der Suche nach Kurkuma, Kreuzkümmel und Co., oder die indischen Aktionswochen beim Discounter abwarten muss, ist der englische Aldi bestens ausgestattet.

Hier in Slaithwaite hat letztens ein riesiger Aldi-Markt eröffnet. Das Großereignis schlechthin. Früh um sieben drängelten sich bereits Menschenmassen vor dem Eingang. Für die ersten hundert standen Präsente bereit. Mein Engländer und ich waren schon eine Woche vor Eröffnung vor Ort, um den Wocheneinkauf zu erledigen. Erfreut über den menschenleeren Laden, schoben wir den Einkaufswagen Richtung Eingang, doch die Tür blieb zu. Von innen rief einer der Verkäufer aufgeregt: “Donnerstag ist erst Eröffnung.” Das war wohl nichts.

Aber zurück zum Curry. Das ist dem Engländer heilig und da ist er besonders pingelich. Und wenn das Zeug nicht so scharf ist, dass einem die Ohren abfallen, dann taugt das ganze Essen nichts und wird auch nicht weiterempfohlen. Als ich das erste Mal von dieser Sitte hörte, wunderte ich mich etwas. “Was hast du heute gegessen?”, fragte ich meinen Engländer eines Tages einfach mal so. “Ich hab mir nach der Arbeit Curry geholt“, schallte es da vom Skypescreen zurück. Ich stutzte. Curry war für mich gewohnheitsmäßig ein Gewürz und keine Hauptspeise. Bevor ich fragen konnte, was er damit denn gewürzt habe, begriff ich anhand der folgenden Schilderungen, dass es sich hierbei wohl um einen Oberbegriff handelte, der sämtliche indisch-pakistanisch stämmigen Gerichte einschloss. Die Verwirrung war perfekt, als mir später dann ein gewisser Laden namens Currys empfohlen wurde, als ich mir einen Drucker kaufen wollte. “Warum will mich jeder ständig zum Inder schicken, wenn ich doch gar nicht hungrig bin”, fragte ich mich, bis ich zufällig vor besagtem Laden stand und mir klar wurde, dass hier kein Tikka Masala vertrieben, sondern elektronische Geräte verkauft wurden. So was aber auch.
Woher aber rührt diese Curry-Vernarrtheit der Engländer, fragte ich mich. Ein Blick in die Geschichte verrät mir, dass diese Sitte bis in die Kolonialzeit im 17./18. Jahrhundert zurückgeht, als die Engländer den indischen Subkontinent eroberten und dabei sozusagen auf den Geschmack gekommen sind. Da die Nachfrage nach indischen Gerichten zusehends stieg, machten sich findige Köche schließlich daran, ein Gewürzpulver zu erfinden, das heute unter dem Namen Curry bekannt ist und mit dem jedermann im Nu sein eigenes Curry-Gericht zubereiten konnte. Zu den Grundbestandteilen gehören beispielsweise Kurkuma, Koriander, Bockshornklee, Kreuzkümmel und schwarzer Pfeffer sowie zahlreiche andere Gewürze, die je nach Mischung variieren. Von Indien aus gelangte das Pulver ins gesamte Britische Reich und schließlich in die ganze Welt. Der Name Curry stammt vermutlich vom südindischen Wort “kaari”, das so viel wie “Gericht mit Sauce” bedeutet. Auch in England bezeichnet der Name ein Gericht und weniger das Würzpulver, das richtigerweise “Masala” heißt. Neben den geschmacklichen Vorzügen gilt Curry vor allem als heilbringend für allerlei Darmbeschwerden und Knochenleiden.
Um meinem Engländer eine Freude zu bereiten, habe ich mich mal selbst an die Curry-Zubereitung gewagt und vier Stunden in der Küche gewerkelt. Ich muss zugeben, dass ich mit dem Ergebnis nicht ganz unzufrieden bin. Und hier mein frei erfundenes Rezept, für alle, die sonst nichts zu tun haben:

Der würzige Curry-Topf

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Die Zutatenliste

10 Cherrytomaten
1/2 Aubergine
1/2 Stange Lauch
1 gelbe Paprika (weil es dann bunter aussieht)
4 Möhren
1 kleine Chillischote
5 große festkochende Kartoffeln
1 Kochbeutel Reis
200 g Hühnerbrust
Frische Kräuter nach Wahl, bei mir sind es Koriander, Basilikum, Petersilie, Minze.
1 Mango
1 Dose Kokosmilch
3 Esslöffel Naturjoghurt
1 Teelöffel geriebene Ingwerknolle
Gewürze: Kukuma, Curry (wer hätte das vermutet), Salz, Pfeffer, getrocknete Chillikerne, Kreuzkümmel
Sesamöl zum Braten

Die Anleitung

Die Hühnerbrust klein schneiden und mit etwas Sesamöl anbraten. Sämtliches Gemüse und die Kräuter klein schnippeln. In der Zwischenzeit die Kartoffeln würfeln und mit Salzwasser gar kochen. Dann Gemüse samt Kartoffeln in einer beschichteten Pfanne mit etwas Sesamöl anbraten. Unterdessen kann schon die Sauce angerührt werden. Hierzu die Kokosmilch in einen großen Topf geben und kleingeschnittene Mango und den Joghurt beigeben. Alles aufkochen und ein paar Minuten auf kleiner Flamme köcheln lassen. Nach Belieben mit den Gewürzen abschmecken. Dann die angebratene Hühnerbrust hineingeben und weiter köcheln lassen. Wenn das Gemüse leicht angeröstet ist, auch dieses in die Mischung geben. Ebenso die frischen Kräuter und die kleingehackte Chillischote. Alles noch einmal gut nachwürzen, bis es scharf und deftig indisch schmeckt. Den Reis kochen und diesen dann am Ende mit in den Topf geben. Fertig.

Naan-Brot selbstgemacht

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Die Zutatenliste

500g Mehl
Hefe (Menge je nach Zubereitungsart)
1 Teelöffel Zucker
1 Prise Salz
Sesamöl
Orientalische Gewürze nach Wunsch

Die Anleitung

Die Zutaten gut vermengen, bis ein knetfester Teig entsteht. Den Teig nun ca. 25 Minuten an einem warmen Ort etwas gehen lassen. Dann nochmals gut durchkneten und mehrere Fladen formen. Mit etwas Öl in der Pfanne von beiden Seiten goldbraun und knusprig braten.

Lasst es euch schmecken!



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