Quelle: linke-t-shirts.de
Kam er aber nicht. Man skizzierte zwar einen Plan, wie man auf erneuerbare Energien umschwenken könne. Die Skizze war aber nicht besonders aussagekräftig. Aber ein »Green Deal«, so habe ich das damals verstanden, sollte so eine Art Paket mit vielen verschiedenen Ansätzen sein, wie man sich von Atom- und Kohleenergie verabschieden könne - aber zentral sollte darin vor allem sein, dass ein neues Bewusstsein für Stromverbrauch und energierelevante Fragen erzeugt würde. Sozusagen eine politisch forcierte Aufbruchstimmung, wie das der »New Deal« seinerzeit auf anderer Ebene auch war. Doch genau zu dieser Bewusstmachung kam es nie. Die Energiewende blieb stets seltsam bewusstlos.Sie wurde zu einem bürokratischen Akt, der auch in der Öffentlichkeitsarbeit mit einem schnell langweilenden Duktus für Fachleute auffuhr. Die damals so große Hoffnung ist eine reine »Energieverwaltung auf Grundlage der Inkaufnahme weiteren Wachstums des Strombedarfs« geworden. Ein biederer Verwaltungsakt, der Menschen so wenig sensibilisiert und begeistert, wie er Projekte »jenseits der Art der Stromerzeugung« gestaltete. Hat man je etwas davon gelesen, dass diese Regierung neben all der natürlich notwendigen fachlichen Besprechung der (Erzeuger-)Situation, auch über Stromersparnisse und effizientere Elektrogüter unter Beibehaltung der Lebensqualität und des Lebensstandards beraten lässt?
Die Unterbindung von »Sollbruchstellen« und somit die Verpflichtung zu größerer Langlebigkeit bei Elektroartikeln, die fast punktgenau mit Ablauf der Garantiezeit den Geist aufgeben, wäre ein dringende Maßnahme im Zuge einer solchen »Energiewende« gewesen. Dergleichen hätte man mit der Heraufsetzung der Garantiezeit erreichen können. Ferner sollte man stromeffiziente Produkte nicht nur durch Kaufanreize fördern, sondern auch die Produzenten zum Bau solcher Artikel zwingen. Strafsteuern auf Stromfresser wären hierzu eine Option gewesen. Standardmaßnahmen wie die Bereitstellung von Geldern zur Forschung oder die Aufnahme von Ökologie in die Lehrpläne der Schulen hätten selbstverständlich sein müssen. Dort hätte man vielleicht erfahren, dass eine dezentrale Stromversorgung eine realistische Chance auf nachhaltige Energieversorgung birgt. Dieser Lehrinhalt wäre freilich mit der Wirklichkeit kollidiert und hätte den Interessen der Wirtschaft nicht gedient. Letztlich hätten noch symbolische Programme das ganze Konzept abgerundet. Warum leuchtet beispielsweise Frankfurts Skyline so völlig grundlos in die Nacht hinein? Weshalb Lichtmittel aus Gründen der Repräsentanz speisen, während Familien aus dem unteren Lohnsegment ihre Stromrechnungen nicht mehr begleichen können? Von den Gratifikationen für »stromintensive Betriebe« soll gar nicht erst gesprochen werden.
Aber klar, in einem lobbyistischen System sind solche Maßnahmen, die über die bloße Verwaltung und Umverteilung der Stromherkunft hinausgehen, nicht vorgesehen. Vielleicht auch gar nicht möglich. Der Stromverbrauch soll ja gar nicht sinken. Das könnte ja Arbeitsplätze kosten oder, was viel schlimmer wäre, die Profite der Energie-Konzerne schmälern. Und die Elektronikbranche würde wüten, wenn sie plötzlich nachhaltigere Produkte fertigen müsste - so verdient man ja kein Geld in einer Welt, in der Wachstum das oberste Gebot ist. Dann schon lieber Ressourcen verbraten und Absatzzahlen künstlich pushen. In kapitalistischen System sind Veränderungen, die fair und ökologisch zugleich sind, kaum umsetzbar. Und ohne soziale Komponente ist gesunde Ökologie wertlos.
Marx meinte ja, er hätte Hegel richtiggestellt, als er behauptete, dass das Sein das Bewusstsein bestimme. Im Falle dieser »Energiewende« ohne Elan und Begeisterung mag es wohl schon auch so sein, wie Hegel es dachte: Das Bewusstsein bestimmt auch das Sein. Oder aber es ist so, wie ich es neulich auf einer Postkarte las: »Das Sein verstimmt das Bewusstsein«. Der Zustand dieser Wende ist so deprimierend verlaufen und wird auch jetzt nur als bürokratischer Akt verschlimmbessert, dass kein Bewusstsein für diese eigentlich epochale Umstellung der Lebensgrundlagen entstehen kann. Da können nur Verstimmungen auftreten. Und die seelenlosen Parlamentarier, die das Konzept runterspulen und verfachlichen, tragen dazu bei, dass Energie-Verdrossenheit herrscht und die »Atom-Frage« noch nicht vom Tisch ist. Wenn sie heute eine Kampagne zum »vernunftbasierten Zurück zur Atomkraft« starten, würde sich eventuell sogar ein breiter Konsens in der Bevölkerung finden. Spätestens dann wäre klar, dass die Bemühungen zur Veränderung gescheitert sind.
Gescheitert sind, nicht nur, weil der Strom beständig teurer wird, sondern auch deshalb, weil kein Gefühl für die Notwendigkeit und aufklärerische Basisarbeit am Volk geleistete wird. Und weil die, die das Land gestalten sollen, mit einer Begeisterung ans Werk gehen, die man sonst nur im Wartezimmer von Zahnärzten sieht. Das überträgt sich und wird zum Lebensgefühl. Slogans von milliardenschweren Konzernen wie »Wir gehen VoRWEg« sind kein Beleg für Aufbruch, sondern einfach nur Kopfgeburten von Werbetextern. Ein Stimmungsbild zeichnen solche Sprüche nicht.
Diese Losung hätte sich mal die Regierung am Beginn der Wende verinnerlichen sollen und ein großes Paket geschnürt, anhand dem die Menschen erkannt hätten, dass da ein Epochenwandel ansteht und eine neue Energiezeit anbricht. Und das auf allen Ebenen des Alltagslebens. All das unterblieb, weil man es verwaltungsmäßig anging. Da haben das starre Ritual des Parlamentarismus, wie man es als Zuschauer im Bundestag erleben kann, auch auf den Geist der Reform abgefärbt. Wie soll so auch Begeisterung aufkommen und mit Herzblut an die Sache herangegangen werden? Wo Verwalterseelen das Land gestalten, da wird die Gestaltung verwalterisch umgesetzt. Und wenn dann auch noch Krämerseelen mitmischen, dann muss das Verwalterische möglichst günstig abgewickelt werden.
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