Die EHEC-Bilanz

Von Herzblond

Ein interessantes Resümee zum Thema zieht Biohandel online online:

Ein Jahr Ehec:Viele Fragen offen

Vor einem Jahr begann die EHEC-Epidemie, die 53 Menschen das Leben kostete. Bundesernährungsministerin Ilse Aigner nutzte den Anlass, um ihre Politik zu loben. Verbraucherorganisationen und Ernährungsindustrie zeigten sich weniger zufrieden.

Der EHEC-Ausbruch vor einem Jahr sei durch eine gemeinsame Anstrengung „bestmöglich bewältigt“ worden, teilten Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zum Jahrestag der Epidemie mit. Trotzdem habe man umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung beschlossen.

Gesetz hängt im Vermittlungsausschuss

Ein Gesetz soll das Meldewesen nach dem Infektionsschutzgesetz auf eine einheitliche elektronische Basis stellen und damit beschleunigen. Es legt zudem gesundheitliche Anforderungen für Personal fest, das gewerblich mit Sprossen und Keimlingen zum Rohverzehr zu tun hat. Außerdem regelt es den Datenaustausch zwischen den Gesundheitsämtern und den örtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden bundeseinheitlich. Im Moment liegt der Gesetzentwurf im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Darüber hinaus beraten Bund und Länder darüber, dauerhaft eine Task Force Lebensmittelsicherheit mit Experten beider Seiten einzurichten. Sie wird voraussichtlich von der Verbraucherministerkonferenz im Herbst 2012 beschlossen werden. Der Bundesrechnungshof hatte bereits im Herbst 2011 in einem von Aigner in Auftrag gegebenen Gutachten umfangreiche Reformen vorgeschlagen. Jedoch waren die Länder nicht bereit, die dafür notwendigen Kompetenzen an den Bund abzugeben. Die Task Force wird deshalb keinen direkten Durchgriff auf untere Behördenebenen haben. Die EU berät nach Aussagen Aigners schärfere Hygieneanforderungen und eine Zulassungspflicht für Sprossenbetriebe sowie strengere Einfuhrvorschriften für Produkte aus Drittländern.

Foodwatch: Nichts hat funktioniert

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hingegen bezeichnete die EHEC-Bilanz der beiden Minister als einen „Fall von Geschichtsklitterung“. Zu Beginn der EHEC-Epidemie Anfang Mai 2011 hätten weder das Frühwarnsystem funktioniert noch die behördliche Zusammenarbeit. „Am 23. Mai, als sich bereits 3.500 Menschen und damit 90 Prozent aller Erkrankten infiziert hatten, lag dem zuständigen Robert-Koch-Institut des Bundes lediglich eine einzige Erkrankungsmeldung vor“, schreibt Foodwatch in einer Analyse der EHEC-Krise. Als Anfang Juni die zentrale Bund-Länder-Task-Force eingesetzt worden sei, habe das „kaum noch Einfluss auf den Verlauf der längst abgeschwächten Epidemie“ gehabt. Bis heute fehle eine umfassende Analyse des Geschehens.

Kein Beleg für die Sprossen-These

„Für die These, dass der EHEC-Erreger über verunreinigte Bockshornklee-Samen aus Ägypten importiert und über einen Bio-Sprossenerzeuger im niedersächsischen Bienenbüttel verbreitet wurde, gibt es zwar Hinweise, aber keinen Beleg“, schreibt Foodwatch. Der Keim sei nie auf Bockshornkleesamen nachgewiesen worden. Die These stütze sich auf nur rund 300 der mehr als 3.800 Erkrankungsfälle. Offen sei, warum nicht auch andere Lieferungen aus der mutmaßlich kontaminierten Samen-Charge zu Erkrankungen geführt hätten. Fazit: „Es ist völlig unklar, woher der Erreger kam und ob er wieder virulent werden kann.“

Als Konsequenz fordert die Verbraucherorganisation, die Hygiene- und Überwachungsstandards für sensible Rohkost wie Sprossen oder vorgeschnittenen Salat denen für leicht verderbliche tierische Lebensmittel anzupassen.  Die Meldefristen müssten weit über die von der Bundesregierung vorgesehenen Fristen hinaus verkürzt werden. Die von der EU bereits seit 2005 gesetzlich vorgeschriebene Rückverfolgbarkeit müsse endlich durchgesetzt werden.

Wirtschaft will eingebunden werden

Kritik an Aigners EHEC-Bilanz gab es auch vom Fruchthandelsverband: „Hätte man die Wirtschaft eingebunden, hätten wir die Ursache schneller gefunden“, sagt dessen Vorsitzende, Andreas Brügger, der Lebensmittelzeitung. Zu spät oder gar nicht habe man die betroffene Wirtschaft überhaupt informiert. Bis heute leide der Obst- und Gemüsebereich aufgrund des EHEC-Ausbruchs dauerhaft an einer Preiskrise.


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