Die dunkle Seite der Macht…
…oder Fahrradfahren kann auch schön sein
Eigentlich bin ich ja instinktiver Bogenschütze. Und doch liebäugle ich immer mal wieder in die Compound-Abteilung hinüber. Die effizientere Pfeilbeschleunigung, die superkurzen Bögen und die Präzision auf weitere Entfernungen reizen mich enorm. Nur Release, Inbusschraubendreher und ein linksdominantes Auge als Rechthandschütze haben mich immer wieder davon abgehalten, es wirklich mal auszuprobieren.
Nachdem der Kauf eines Oneida-Bogen in den USA nicht geklappt hat und, da Oneida verkauft wurde, es erstmal aus den USA wohl keine Bögen mehr gibt, war die Motivation doch endlich so groß, um sich an solch ein „Fahrrad“ heranzuwagen. Schnell wurde auch ein Kandidat gefunden: Hoyt Ignite im Package für unter 400,- Euro.
Bei ArcTec wurde nun schnell ein Termin gemacht und dabei die Zugstärke und die Auszugslänge festgestellt. Mit Loop, Peep, Release, Trophy Ridge Whisker Biskuit Pfeilauflage, Fuse 3-Pin-Visier und Fuse 4-Pfeile-Bogenköcher samt Pfeilen kam ich also mit unter 500,- Euro aus dem Laden.
Natürlich ging es sofort auf die Schießbahn. Das Visier einschiessen. Hier kam dann doch schnell Ernüchterung auf. Dieses Geschraube an den Pins des Visier ging mir merklich auf die Nerven. Irgendwie kam immer mehr Frust als Lust auf! Eigentlich will ich doch entspannt Pfeile fliegen lassen und kein Inbusschraubendreher-Fetischist werden. Also entnervt einen Tag gewartet, beruhigt und wieder dran.
Im zweiten Anlauf klappte es dann, die Pins auf 15 und auf 30 MEter einzuschießen. Den dritten Pin auf 50 war ein nicht machbares Unterfangen. Die 28 Zoll Länge macht den Hoyt Ignite auf dieser Entfernung schon richtig zappelig und zickig. Hier auch nur ansatzweise eine Gruppe zu schiessen war nicht drin.
Aber für über 80 Prozent eines normalen 3D-Parcoures sollten die 2 Pins genügen. Und so ging es ins Gelände. Pfeil aufgelegt, gespannt, visiert und Schuss. Alles ging dort eigentlich gut von der Hand, aber irgendwas fehlte! Etwas, dass mich als Schützen irgendwie vom Pfeil total abkoppelte.
Es ist wirklich schwer zu erklären. Ich wurde zum Sklaven des Bogens. Ich hatte mehr und mehr das Gefühl, dass der Bogen alles macht und ich ihn eigentlich nur halte, den richtigen Pin auf das Ziel richte und dann den Trigger drücke. Das reduzierte mich als Schütze total!
Wenn ich den Recurve intuitiv schiesse, ist dort immer mehr von mir im Schuss vorhanden. Mein Bauchgefühl, meine Intuition, die Erfahrung aus tausend vergangener Schüsse, die in dem aktuellen Schuss mit einfliessen. Da bin ich einfach mehr drin.
Das Thema wurde natürlich ausgiebig mit einige Vereinskamerade besprochen und diskutiert. Ein einheitliches Ergebnis gab es da nicht. Der Unterschied fällt mir ganz besonders dann auf, wenn ich beide Bögen an einem Tag schiesse. Ja auch der Compund macht auf seine Weise Spaß, aber der Recurve ist intensiver und verlangt es geradezu, dass sich der Schütze noch mehr einbringt.
Schlussendlich gehe ich auch gerne eine Runde mit dem Compound. Aber mein Lieblingsbogen wird er nie werden. Eher so für ab und zu. Der Recurve fordert mich mehr und die Entwicklungsschritte mit Ihm sind irgendwie erfüllender.
Dennoch werde ich das „Fahrrad“ behalten und sicherlich immer mal wieder eine Runde drehen. Aber nicht mit der Motivation, wie mit dem Recurve. Spass macht der Compound dann doch – nur eben anders.
Natürlich ist meine Sichtweise sehr subjektiv! Kann sie auch nur sein. Da der Bogenschütze seinen Bogen wählt (oder auch umgekehrt) und darin seine Erfüllung findet. Und das kann nur jeder für sich selber, ganz allein, entscheiden.