Bleibt der Copter nun häufiger am Boden?
Seit letzter Woche ist die neue „Drohnen-Verordnung“ in Kraft getreten, die neue Vorschriften für den Betrieb von Multicoptern vorsieht. In diesem Beitrag stellen wir dir alle wichtigen Neuerungen vor und zeigen dir, wo die Knackpunkte der neuen Gesetzgebung liegen.
Unter der Drohnen-Verordnung versteht man vor allem Änderungen an der Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) und an der Luftverkehrsordnung (LuftVO). Doch was wollte die Regierung eigentlich damit bezwecken?
Ziele der neuen Drohnen-Verordnung
Unser Verkehrsminister Alexander Dobrindt wollte mit der Neuregulierung die Vorschriften für Multicopter-Piloten vereinfachen und Sicherheitsrisiken eindämmen. Dazu sollten die bestehenden Gesetze für unterschiedliche Anwendungsszenarien angeglichen werden, damit mehr Rechtssicherheit besteht und gewerbliche Piloten weniger Auflagen erfüllen müssen. So sollte es auch zu einer Entlastung der zuständigen Luftfahrtbehörden kommen.
Was sich mit der neuen Drohnen-Verordnung ändert
Durch die Drohnen-Verordnung ändern sich einige Dinge. Ab sofort dürfen Multicopter nur noch bis zu einer Höhe von 100 Metern über Grund aufsteigen. Höher darfst du nur fliegen, wenn du dich auf einem zugelassenen Modellflugplatz befindest oder eine Genehmigung von der zuständigen Luftfahrtbehörde eingeholt hast. Falls du dich im kontrollierten Luftraum befindest, gilt eine maximale Aufstiegshöhe von 50 Metern.
Mit der Drohnen-Verordnung wird die bisherige Trennung nach dem Zweck eines Drohnen-Fluges größtenteils aufgehoben und nun gelten dieselben Regeln für Freizeitflieger und gewerbliche Anwender. Das ist positiv zu bewerten, weil meiner Meinung nach professionelle Anwender bisher deutlich benachteiligt wurden. Im Gegensatz zu Hobby-Piloten mussten sie Genehmigungen einholen, obwohl sie sich tiefer mit der Materie auseinandersetzen und Risiken besser einschätzen können. Ich finde es prinzipiell sehr gut, dass es hier zu einer Angleichung gekommen ist! Dass die Neuregelung trotzdem katastrophale Auswirkungen hat, klären wir noch weiter unten.
Ab sofort ist eine Genehmigung nur noch notwendig, wenn dein Copter mehr als 5 Kilogramm wiegt – unabhängig vom Einsatzzweck.
Die neue Drohnen-Verordnung definiert eine Reihe an Plätzen, zu denen du einen Abstand von 100 Metern einhalten musst. Dazu zählen…
- Menschenansammlungen. Leider gibt es auch durch die Drohnen-Verordnung keine Definition, ab wann eine Gruppe als Menschenansammlung gilt. Im Ausland gibt es sehr unterschiedliche Definitionen, die bei einer Mindestgruppengröße von 12 Personen beginnen und bis zu 1.000 Personen reichen. Von diesen internationalen Vergleichswerten lässt sich aber keine Definition für den deutschen Rechtsraum ableiten!
- Unglücksorte, Katastrophengebiete, Einsatzorte von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.
- Bundesfernstraßen (konkret Autobahnen und Bundesstraßen), Bundeswasserstraßen und Bahnanlagen.
- Industrieanlagen.
- Justizvollzugsanstalten/Gefängnisse und Einrichtungen des Maßregelvollzugs.
- Einrichtungen und Truppen der Bundeswehr sowie andere militärische Anlagen und Organisationen.
- Anlagen der Energieerzeugung und Energieverteilung (Kraftwerke, Windräder, Umspannwerke etc.).
- Einrichtungen, in denen erlaubnisbedürftige Tätigkeiten der Schutzstufe 4 gemäß Biostoffverordnung (Institute in Hamburg, Berlin, Marburg und auf der Insel Riems) durchgeführt werden.
- Grundstücke von Verfassungsorganen des Bundes und der Länder sowie obere und oberste Bundes- und Landesbehörden.
- Diplomatische und konsularische Vertretungen (Botschaften).
- Internationale Organisationen im Sinne des Völkerrechts (UN, EU, NATO etc.).
- Grundstücke der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden.
Damit sind schon sehr viele Flugmanöver eingeschränkt. Selbst in ländlichen Gebieten kann es zu erheblichen Einschränkungen kommen. Eine gute Karte, die die vielen neuen Flugverbote berücksichtigt, findest du hier.
Screenshot vom großartigen Map2Fly Karten-Service
Als Steuerer eines Multicopters bist du weiterhin dazu verpflichtet, bemannten Luftfahrzeugen und Freiballonen auszuweichen. Zu den Außengrenzen von Flughäfen ist ein Sicherheitsabstand von 1,5 Kilometer einzuhalten. Ebenso bleibt die Pflicht, eine Luftfahrt-Haftpflichtversicherung abzuschließen, und das Verbot von Nachtflügen (Sondergenehmigungen für Nachtflüge sind jedoch möglich).
Es gibt jedoch noch weitere Verbote, an die wir Copter-Piloten uns halten müssen.
Wirklich eine Vereinfachung?
Zum Beispiel ist das Überfliegen von Wohngrundstücken verboten, wenn der Copter mehr als 250 Gramm wiegt und in der Lage ist, optische Daten, akustische Daten oder Funksignale zu sammeln, zu speichern, und/oder zu übertragen. Bei Flügen mit den gängigen Kamera-Drohnen ist also die Zustimmung desjenigen einzuholen, dessen Rechte betroffen werden könnten. Somit müssen die Eigentümer und ggf. Mieter befragt werden, ob sie mit dem Überflug einverstanden sind. Der damit verbundene bürokratische Aufwand kann gigantisch werden.
De facto bedeutet das, dass viele Drohnen-Flüge nur noch außerhalb von Städten/Siedlungen möglich sind, weil der bürokratische Aufwand sonst einfach zu groß wird. Das Gesetz sieht zwar vor, dass die Luftfahrtämter der Bundesländer Ausnahmen zulassen können. Bisher scheint es jedoch so, als würden diese Sondergenehmigungen momentan nicht erteilt werden.
In Wohngebieten müssen die Betroffenen einem Drohnen-Flug zustimmen
Selbst wenn es zu diesen Sondergenehmigungen kommen sollte, dann hat der Gesetzgeber eindeutig bei der Ausgestaltung der Drohnen-Verordnung versagt. Schließlich wollte die Regierung Bürokratie abbauen. Jetzt sieht es danach aus, als würde die Aufstiegsgenehmigung nur von einem anderen Dokument ersetzt werden, womit ein vergleichbarer bürokratischer Aufwand zu erwarten ist wie bisher. Schlimmer noch: Es könnten bedeutend mehr Anfragen an die Behörden gerichtet werden, da nun auch die größere Gruppe der Freizeitflieger eine Erlaubnis benötigt, wenn sie z.B. in Wohngegenden ihrem Hobby nachgehen wollen.
Flüge außerhalb der Sichtweite und First-Person-View
Flüge außerhalb der Sichtweite sind mit der neuen Luftverkehrsordnung neu geregelt. Zum Glück wurde genau konkretisiert, was wir unter „Flügen außerhalb der Sichtweite“ zu verstehen haben.
Von Flügen außerhalb der Sichtweite sprechen wir, wenn du als Steuerer den Copter selbst nicht mehr mit bloßem Auge beobachtest, sondern dich zur Steuerung auf einen Monitor oder eine Videobrille verlässt.
Grundsätzlich zulässig sind FPV-Flüge, solang du deine Drohne nicht höher als 30 Meter aufsteigen lässt. Falls dein Copter mehr als 250 Gramm wiegt, benötigst du zudem eine weitere Person, die den Copter mit bloßem Auge beobachtet und dich auf mögliche Gefahren während des Fluges aufmerksam machen kann. Unter diesen Bedingungen wertet das Gesetz dein Manöver nicht als „Flug außerhalb der Sichtweite“.
Falls dir diese Einschränkungen nicht ausreichen, kannst du eine Erlaubnis für Flüge außerhalb der Sichtweite bei der Landesluftfahrtbehörde beantragen. Diese Genehmigung wird allerdings nur für unbemannte Flugsysteme mit einer Startmasse von mehr als 5 Kilogramm erteilt.
Die Kennzeichnungspflicht
Ein wichtiger Bestandteil der neuen Drohnen-Verordnung ist die Einführung einer Kennzeichnungspflicht. Multicopter sollen mit den Daten des Steuerers versehen werden, damit im Schadensfall der Verursacher ermittelt werden kann. Eine Plakette ist ab einer Abflugmasse von 250 Gramm verpflichtend. Die Plakettenpflicht tritt zum 01.10.2017 in Kraft. Bis dahin gilt eine Übergangsphase, damit alle Besitzer auf die neuen Regularien reagieren können.
Auf der Drohnen-Plakette muss dein Name und deine Anschrift vermerkt sein. Ich finde es sinnvoll, zusätzlich die Telefonnummer anbringen zu lassen.
Der Gesetzgeber hat Anforderungen an das Material der Identifikationsmarke gestellt. So muss die Plakette feuerfest sein. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) spricht selbst davon, dass ein Aluminium-Aufkleber mit Adressgravur für die Kennzeichnung geeignet ist. Entsprechende Plaketten können schon jetzt für wenig Geld über den Bundesverband Copter-Piloten (BVCP) erworben werden.
Ab wann wird ein „Drohnen-Führerschein“ erforderlich
Zentraler Punkt der neuen Drohnen-Verordnung wird die Einführung eines Kenntnisnachweises, der ab einer Startmasse von mehr als 2 Kilogramm notwendig wird (oft auch Drohnen-Führerschein genannt). Für einen Großteil der Drohnen, die aktuell im Umlauf sind, wird dieser Kenntnisnachweis nicht verpflichtend sein. Betroffen sind vor allem Piloten von hochpreisigen Drohnen wie dem DJI Inspire 2.
Ich kann mir jedoch vorstellen, dass du diesen Nachweis in Zukunft einreichen musst, wenn du bestimmte Sondergenehmigungen von deiner Landesluftfahrtbehörde beantragst.
Auch Flüge an Bahnbrücken sind zukünftig eingeschränkt
Wie der Kenntnisnachweis genau abgelegt werden kann, ist derzeit noch offen. Zum Glück hat das BMVI eine Schonfrist bis zum 01.10.2017 eingeräumt. Bis dahin benötigt niemand einen Kenntnisnachweis.
Sobald die Prozesse für den Kenntnisnachweis festgelegt sind und du ein entsprechendes Dokument in den Händen hältst, ist der Nachweis für 5 Jahre gültig. Zur Erlangung des Drohnen-Führerscheins musst du mindestens 16 Jahre alt sein.
Wie erhalte ich eine Flugerlaubnis
Nun gibt es eine ganze Reihe an Szenarien, bei denen du durch die neue Drohnen-Verordnung eine Erlaubnis von der zuständigen Landesluftfahrtbehörde benötigst. Aus dem Gesetzestext geht nicht hervor, ob wieder allgemeine Aufstiegsgenehmigungen erteilt werden können oder ob du für jeden Flug eine Einzelgenehmigung benötigst. Ich bin jedoch optimistisch und rechne damit, dass unter bestimmten Bedingungen eine Allgemeine Aufstiegsgenehmigung möglich ist. Hoffentlich können sich die Landesluftfahrtbehörden auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen verständigen.
Wenn du eine Genehmigung von der Luftfahrtbehörde deines Bundeslandes beantragst, muss dargestellt werden, dass du dich an die gängigen Rechtsvorschriften hältst. Dazu zählen insbesondere die Sicherheit des Luftverkehrs, die öffentliche Sicherheit und Ordnung, der Datenschutz, der Naturschutz und der Schutz vor Fluglärm. Im Einzelfall können weitere Unterlagen verlangt werden wie die Zustimmung von Grundstückseigentümern, Gutachten von Sachverständigen und andere Bewertungen durch Fachleute.
Die Erteilung der Genehmigung befreit dich jedoch nicht von der Einhaltung anderer Rechtsvorschriften wie z.B. dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Naturschutzrecht des jeweiligen Landes.
Keine Erlaubnispflicht besteht übrigens für Behörden oder Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (kurz BOS) während eines Not-/Unfalls bzw. einer Katastrophe. Für BOS im Einsatz gelten die zahlreichen Mindestabstände, die ich oben genannt habe, nicht. Auch wenn eine Privatperson im Auftrag und unter Aufsicht einer BOS in einer Notsituation agiert, entfallen die Mindestabstände und die Erlaubnispflicht.
Fazit zur neuen Luftverkehrsordnung
Legales Fliegen innerhalb von Städten mit einem Multicopter ist in Deutschland durch die neue Drohnen-Verordnung beinahe unmöglich geworden. Selbst im ländlichen Raum gibt es starke Einschränkungen, die die Freude an der Fliegerei bremst. Der BVCP kämpft jedoch für ein Einlenken der zuständigen Behörden. Ich hoffe, dass in den kommenden Wochen ein Einsehen bei den Verantwortlichen einsetzt.