“Ah”, freute sich die Depression heute morgen, “alle Kinder aus dem Haus, dann kannst du dich auf das Sofa legen, die Rollläden herunterlassen und trübe Gedanken blasen, bis du die Schulkinder abholen musst.”
“Mama! Ich kann immer noch nicht laufen!”
Der große Sohn humpelt und hüpft: “Und heute ist Messe! Wie bitte schön, soll ich mit dem Fuß von der Kirche zur Schule kommen?” Tränen steigen in die Augen. Er hasst es, Aufmerksamkeit zu erregen: “Alle werden mich FRAGEN, was ich mit dem Fuß habe!”
Nach kurzer Beratung beschließen der Mann und ich, das Kind zum Arzt zu bringen. Der Sturz ist ja auch immerhin schon zwei Tage her, vielleicht ist es doch etwas Ernstes?
Zum Glück fällt uns ein,
dass der Orthopäde/Chirurg-Müller um die Ecke seine Praxis hat. So sparen wir uns den Weg über die Fähre zum Kinderarzt. Nach zwei Stunden Wartezimmer verfluche ich diesen Plan. Als wir nach drei Stunden die Praxis verlassen, haben wir ein Röntgenbild (kein Bruch), einen Verband und die Aufforderung wiederzukommen, wenn wir am Ende der Woche noch Sorge haben.
Die Depression umhüllt derweil mein Sichtfeld mit Weichzeichner.
Die Welt ist zweihunderttausend Kilometer weit von mir entfernt. Der Besuch in der Drogerie erscheint mir wie ein Abstecher auf einen fernen Planeten. Ich laufe wie auf Wolken in die Schule und suche das gesunde Kind. Ich klammere mich an den Gedanken, dass niemand mir ansieht, dass die Welt mir nicht real erscheint.
“Was willst du hier noch?” flüstert die Depression erbarmungslos, “das Leben ohne Sinn, die Gefühle taub wie Schnee, und deine Seele stirbt im Eis.”
Manchmal ist es schwer, dem etwas entgegen zu setzen, manchmal laufen Argumente auch einfach auf einen zu: “Mama!” Das Schulkind sieht glücklich und froh aus und fällt in meine Arme: “Darf ich noch spielen?”
Natürlich darf das Schulkind. Ich beobachte, wie es lachend im und vor dem Pulk der Kinder über den Schulhof flitzt, halte mein Gesicht der Sonne entgegen und spüre das Leben.
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