Die DDR und Ich

Von Dani W.

Ich lese ja viel und stieß bei meiner Bloggerkollegin Mama Notes, auf eine tolle Artikelreihe und einen Bericht über die DDR. Vielleicht wissen es noch nicht alle, aber ich bin auch ein Kind der DDR. Ich war 6 und ein bisschen als die Wiedervereinigung kam. Ich würde euch gerne meine Eindrücke aus der bewussten Zeit in der DDR aufzeigen aber auch das Leben nach der Wende, denn die DDR war noch immer da.

Geboren wurde ich Anfang der 80er Jahre und lebte mit meinen Eltern im typischen Plattenbau. Das Bessondere daran ist, das in meiner Stadt die 1. Plattenbausiedlung überhaupt gebaut wurde. Plattenbau stand vor allem für Beton, die Klospülung der Anderen hören, immer warmes Wasser, warme und viele Räume auf kleiner Fläche. Die 1. bewusste Erinnerung an die DDR war mein Kindergarten. Wir hatten eine äußerst unangenehme Erzieherin, die uns zwang, die Bettdecke über den Kopf zu ziehen, wenn wir nicht schlafen wollten. Aber dafür konnte ich bereits im Kindergarten lesen und schreiben.

das bin ich im Kindergarten zur Faschingszeit denn ich hab ja ein süßes Kostüm an

Die nächste Erinnerung ist der Unfall meiner Schwester, was mich bis heute beeindruckt, ist, dass alle Menschen die es bemerkten und da wohnten, zu mir kamen und mich in den Arm nehmen wollten. Ich glaube die ganze Plattenbausiedlung wird diesen Tag nie vergessen. Kurz darauf war meine Einschulung. Ich war noch ein Jahr lang Pionier und erinnere mich an den Morgenappell auf dem Schulhof und an das berühmte “Sport Frei” in der Turnhalle. Sport Frei sagten wir bis zur 4. Klasse, also lange nach der DDR. Ich hatte noch Samstags Schule und ich bin ab dem 2. Schultag immer alleine zur Schule gegangen. Denn das war kein Problem, unsere Schulen waren in Laufnähe und Autos gab es nicht viele.

Ja und hier hören die bewussten Erinnerungen an die DDR schon auf. An den Tag der Wende kann ich mich nicht erinnern.

Was ich aber viel viel interessanter finde ist die Zeit nach der Wende. Denn die DDR gab es in vielerlei Hinsicht weiter. Ich meine wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Wir ändern nicht urplötzlich das ganze Leben, weil unser System offiziell aberkannt wurde. Ich möchte aufzeigen, dass mein Leben sich änderte und doch gleich blieb.

Ich war nicht mehr Pionier und fand es ziemlich doof, da ich noch aufsteigen wollte. Mein Stundenplan war: Deutsch(Lesen, Schreiben, Rechtschreibung), Mathe, Werkunterricht, Schulgarten( hier haben wir Gemüse angepflanzt und Gartenarbeit verrichtet) Kunst, Musik und Sport( zu Sport gehörte der Schwimmunterricht). Alle Schulen hatten einen Hort( dort waren die Kinder bis spätestens 17Uhr) und in den Sommerferien gab es auch einen Hort. Wir Kinder fanden das toll und es hat nichts gekostet.

Das ist mein 1. und letztes Zeugnis aus der DDR(eine Seite war die Beurteilung und auf der Rückseite standen dann die Noten)

Für meine Eltern änderte sich einiges. Meine Mama wurde arbeitslos, das es Ihren Job einfach nicht mehr gab, wie der von vielen anderen auch. Das Geld war knapp und ich weiß, dass ich zu gewissen Fahrten mit der Schule, nicht mitfahren konnte. Eine witzige Situation gab es, als wir irgendwann ein Festnetztelefon bekamen. Heute unvorstellbar, dass es keine Telefone gab oder? Ich weiß noch, dass ich mit Freunden draußen war und zur nächsten und jetzt haltet euch fest, Telefonzelle gerannt bin, um meine Eltern anzurufen. Das war sooo lustig denn ich erinnere mich noch an die Geräusche des Klingelns. Meine Eltern machten beide erst nach der Wende ihren Führerschein, demnach standen wir nie auf der Warteliste für den Trabi. Ja es gab Wartelisten. In der, heute genannten “weiterführenden Schule” gab es einen Schüleraustausch mit einer Schulklasse aus dem “Westen” und das werde ich nie vergessen. Die kamen mit riesen Koffern und Taschen an und packten diese aus und wir waren soooo verdutzt. Ihr glaubt es nicht aber in diesen Koffern waren: Taschenlampen, Dosenessen, Toilettenpapier, Taschentücher und das größte Klischee überhaupt Bananen. Bei uns gäbe es ja nix, war die Begründung. Es wurde aber noch kurioser. Beim Betreten von ihrer Unterkunft untersuchten Sie die Lichtschalter als ob Sie ein wissenschaftliches Projekt als Auftrag hatten. Sie meinten dann total erstaunt, dass Sie dachten es gäbe kein Licht, sondern nur Kerzen. Das wir eine Straßenbahn hatten, gab Ihnen den Rest. Diesen Austausch werde ich und die Schüler aus Friedrichshafen, wohl niemals vergessen.

Was mir auch in Erinnerung bleiben wird, waren radikale Gruppierungen aller Art. Da waren die “Nazis”, die eigene Jugendclubs hatten und wirklich brutal waren. Es gab mehrere Tage, an denen ich nicht zur Schule durfte, weil ich rot gefärbte Haare hatte. Es gab aber auch die “Punks” und die “Skater”. Ich gehörte mal zu den Skatern und wurde in eine Schießerei verwickelt, die sich zwei Skaterbanden lieferten. Es ist Niemandem was passiert aber das war nicht selten.

Die Wiedervereinigung hat meiner  Heimatstadt nicht gut getan. Die Arbeitslosenzahlen stiegen von Jahr zu Jahr. Die Abwanderung stieg stetig an und die Einwohnerzahl schrumpfte. Bis heute, kann ich deutlich den Frust vieler Menschen, in meiner Heimat spüren und wirtschaftlich ist kaum eine Besserung in Sicht.

Seit ich Mutter bin werde auch ich wieder  mit DDR-Mythen und Vorgehensweisen, familienseitig, konfrontiert. Da wird mir dann folgendes erzählt: Ein Kind wird im 4Stunden Rhythmus gefüttert, ob es Hunger hat oder nicht. Kinder werden mit 1 Jahr komplett trockengelegt. Kinderkrippe ist etwas ganz Normales und das durchschnittlich ab einem Alter von 6 Monaten. Das Kind hat in seinem Bett in seinem Zimmer zu schlafen. Kinder darf man nicht “verwöhnen”. Ein Konzeptkindergarten ist alles Schnickschnack. Fencheltee ist das Nonplusultra und ein Grundnahrungsmittel. Die liebe Verwandtschaft, aus der DDR, hat schon ihre eigenen Vorstellungen und ja Sie erfüllen heute noch oftmals die typischen Klischees und vermissen sogar noch immer ein Regime, in dem ja angeblich alles besser war. Es ist eine ganz subjektive Wahrnehmung.

Hier hatte ich schon meinen heute perfektionierten DaniBlick…man beachte die tolle VokuhilaFrisur

Abschließend kann ich sagen, dass ich kaum negativen Erinnerungen an die DDR habe aber meine Familie schon und die Wiedervereinigung, hat deutliche Spuren hinterlassen, die manchmal Aussagen wie ” in der DDR war alles besser” mich verstehen lassen. Die Freiheit, die ich spüre und die Vorstellung, Sie in der DDR nicht gehabt zu haben, macht mich nachdenklich. Aber daran denken Wenige, ganz im Gegenteil, viele sagen, dass Sie lieber in ihrem gewohnten Umfeld bleiben und machen eben Urlaub an der Ostsee und nicht bei den “schlimmen Ausländern”.

Die DDR hatte viele Seiten, ob gut oder schlecht, kann niemand beurteilen, der in diesem Regime nicht gelebt hat. Für mich gibt es ein Deutschland und doch werde auch ich heute noch mit meiner “Herkunft” konfrontiert und Aussagen wie ” die Scheiss Ossis nehmen uns hier im Westen die Arbeit weg” oder ” Man sollte die Mauer wieder hochziehen” kommen ab und zu. Von unterschiedlicher Bezahlung für dieselben Berufsgruppen brauchen wir jetzt gar nicht reden.

ich denke wir haben immer noch einen langen Weg vor uns. Ich bin glücklich darüber, dass ich in die alten Bundesländer gehen konnte um der Arbeitslosigkeit zu entfliehen. Ich bin aber auch traurig, diese starke Entwurzelung zu haben und somit, kaum noch Berührungspunkte mit meiner Heimat. Die Familie ist noch dort, Freunde und Verwandte sind überall auf der Welt verstreut. Dieses Gemeinschaftsgefühl der DDR gibt es nicht mehr und das ist etwas was ich vermisse.

Was verbindet ihr mit der DDR? Welche Klischees kennt ihr??

eure Dani