Die DDR aus den Gehirnen löschen

Mir ist wieder eingefallen, dass mir vor ein paar Tagen dieser Artikel in der Welt aufgefallen ist. Es gibt ja immer wieder Bestrebungen, jegliche Erinnerung daran auszulöschen, dass es einmal ein anderes Deutschland gab, ein sozialistisches, einen Gegenentwurf, eine Alternative eben. Dieses andere Deutschland gibt es nicht mehr. Es wurde angeschlossen, ausverkauft, platt gemacht. Aber das reicht den Siegermächten nicht, die Leute sollen sich nicht einmal daran erinnern wollen, das heißt, erinnern sollen sie sich schon, aber nicht verklärend oder gar verniedlichend, wie der Autor des Artikels klagt, sonders daran was die DDR seiner Ansicht nach wirklich war: eine bösartige, totalitäre Diktatur. Ein willfähriger Vasallenstaat der Sowjetunion, die ärgerlicherweise auch noch in vielen Köpfen existiert – immerhin soll noch jeder zweite Russe Stalin gut finden.

Schickes Kerlchen, gesehen in einem Schaufenster in Berlin-Mitte.

Schickes Kerlchen, gesehen in einem Schaufenster in Berlin-Mitte.

Es gab vieles, was in der DDR nicht gut war, dazu würde ich den Faible für Uniformen und Militär zählen, die bürokratische Quadratschädeligkeit, das deutsche Erbsengezähle, den kleingeistigen deutschen Kleinbürgermief, der sich in der DDR viel breiter gemacht hat, als ein revolutionäres, ein kämpferisches Proletarierbewusstsein. Das DDR-Volk wollte die D-Mark, Südfrüchte satt und endlich auch mal nach Mallorca anstatt mit sozialistischem Beispiel voran zu gehen, um die Geknechteten und Entrechteten der ganzen Welt zu befreien. Und ich kann den Leuten das gar nicht übel nehmen. Wenn der Sozialismus so langweilig und grau daher kommt, wie unter der SED, würde ich ihn auch nicht erkennen.

Andererseits gab es auch in der BRD vieles, was schlecht war. Dazu gehört eben auch ein Faible für Uniformen und Militär, ein genauso unerträglicher Kleinbürgermief, der sich aber weltläufig vorkam, weil man sich ja anders als die armen Ossis auch mal im westlichen Ausland sonnen durfte und vor allem aber ein brutales, auf Ausbeutung der arbeitenden Menschen beruhendes Gesellschaftssystem, in dem es sich die Eliten auf Kosten der Normalbürger ein schönes Leben machen können, während die Verlierer gegeneinander ausgespielt werden. Nein, das neoliberale, imperialistische, asoziale Großdeutschland, das wir jetzt haben, ist ein noch sehr viel schlechteres. Eins, das ich nun wirklich nicht haben will.

Und wenn ich lese, dass konservativen Journalisten, wie sie für die Welt schreiben, doch glatt die morschen Knochen zittern, weil die Ewiggestrigen ihre DDR-Uniformen anziehen und sich damit auch noch am Tag des Sieges der roten Armee am sowjetischen Ehrenmal in aller Öffentlichkeit zeigen – dann könnte ich meinen Widerwillen gegen Uniformen aller Art glatt überwinden. Da sieht man mal, wie weit es mit der Freiheit, die die Konservativen für sich gepachtet haben, tatsächlich her ist: Freiheit ist, wenn alle der Meinung sind, dass es zum herrschen System keine Alternative gibt.



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