“Die Croods” von DreamWorks Animation

Erstellt am 23. März 2013 von Denis Sasse @filmtogo

© Twentieth Century Fox of Germany GmbH / Eep (Emma Stone) strebt nach einem Leben außerhalb der schattigen Höhle

Immer wieder streckt ein Crood die Hand in die Höhe, versucht den dunklen Schatten zu entkommen, das Dasein in der Höhle zu beenden. Allen voran Eep, die älteste Tochter der urzeitlichen Höhlenmenschfamilie à la Familie Feuerstein. Sie klettert an Steilwänden empor, blickt über jeden Fels der sich ihr in den Weg legt. Sie sucht die Sonne, das Licht, möchte ihre Hand in Helligkeit tauchen. Das Licht ist in DreamWorks „Die Croods“ nicht nur irgendeine helle Quelle, sondern zugleich auch ein Symbol für die Zukunft, für die Evolution des Höhlenmenschen aus seinen dunklen Gefilden hinaus. Die dunkle, rückständige Zeit soll beendet werden, es folgt eine helle, bessere Zukunft. Dabei wirkt die mit feuerroten Haaren ausgestattete Eep mit ihrer Angst vor den Neuerungen der Welt außerhalb ihres gewohnt langweiligen Höhlendaseins, aber auch mit ihrer abenteuerlustigen Ader wie ein Abklatsch von Pixars Prinzessin Merida, gefangen in der filmischen Welt der „Ice Age“-Reihe. Nur schwer findet man eigene, neue Ideen in „Die Croods“.

Stattdessen setzt man auf Altbewährtes. Obgleich „Die Croods“ beibringen wollen, dass man keine Angst vor neuen Dingen haben sollte, trauen sie sich selbst nicht neue Erzählideen einzubringen. Eep soll familiären Befehlen folgen, den Vater und die Mutter ehren, zugleich will sie selbst aber auch ihren eigenen Weg finden. Das geschieht in Animationsfilmen am besten auf dem Wege, dass die Tochter den Vater von ihrer Weltanschauung überzeugt, so dass man einen gesunden, vermittelbaren Kompromiss eingehen kann. Dabei ist Eep, im englischsprachigen Original von der einst ebenso rothaarigen Emma Stone gesprochen, zwar die treibende Kraft aus der Höhle hinaus, die eigentliche Geschichte entwickelt sich aber zwischen ihrem Vater Grug (Nicolas Cage) und Guy (Ryan Reynolds), die eine perfekte Inszenierung des Generations- und Weltanschauungskonflikts darstellen. Alt gegen Neu, Skepsis gegen Abenteuerlust.

Die Croods

Man muss die Umwelt, höchst prähistorisch-gefährlich, aber auch mit Vorsicht genießen, nicht umsonst sind die Croods die letzten Überlebenden in ihrer Nachbarschaft. Aber nachdem die stets als Unterschlupf dienende Höhle, die Vertrautheit und Schutz bot, komplett zerstört wird, müssen sich Vater, Mutter, Tochter, Sohn, Großmutter und das jüngste, zähnefletschende Töchterchen auf die Suche nach einem neuen Zuhause begeben. Dabei wandern sie orientierungslos umher, stoßen aus ihrer felsigen Höhlenumgebung auf eine facettenreiche Umwelt, in der außergewöhnliche Pflanzen und Tiere leben. Sie begegnen dem einfallsreichen, jungen Mann Guy, der sich nach anfänglicher Skepsis gegenüber der rückständigen Höhlenfamilie, doch noch in Tochter Eep verliebt.

Um diese Familiengeschichte herum hat das Regisseurduo Kirk De Micco („Space Chimps“) und Chris Sanders („Drachenzähmen leicht gemacht“) eine überproportional bunte Welt erbaut, die sich ganz gleich ob Flora oder Fauna als ein fantasievolles Drumherum zeigt. Die Urzeitgeschöpfe wurden kindgerecht überzeichnet. Hier findet man keine angsteinflößend echt ausschauenden Tyrannosauren, Säbelzahntiger oder sonstige Geschöpfe. Die Croods leben in einer Fantasie-Steinzeit voller Mischkreaturen: kleine Mäuse mit Elefantenrüsseln trompeten in Schwärmen durchs Dickicht, Wale auf Beinen spazieren über eine Flachebene und werden von Piranha-Vögeln bis auf die Knochen zerkaut. Und der Säbelzahntiger macht große Augen wie eine Eule, wirkt dabei, wie alle anderen Tiere auch, so plüschig und flauschig, dass sie kaum als Gefahr wahrgenommen werden. Der Niedlichkeitsfaktor wurde im Kontrast zu früheren DreamWorks-Produktionen von „Shrek“ über „Madagascar“ bis hin zu „Kung Fu Panda“ arg potenziert. Auch Guys kleiner Wegbegleiter irgendwo zwischen Klammeraffe und Faultier reiht sich hier ein, wird als ein um die Hüften geschnallter Hosenträger dienlich, sorgt für amüsante Momente immer dann, wenn er theatralisch in größter Not einen schrecklich niedlichen Aufschrei ausstößt, so eine nahende Katastrophe oder Enthüllung ankündigen möchte.

Eep und Guy

Diese Überspitzung der Figurenzeichnung findet sich auch in den actionreicheren Sequenzen wieder, die eher an einen Roadrunner und Coyote Cartoon erinnern. Schmerzen und Verletzungen sich kein Thema, jeder Mensch wirkt unsterblich. Da werden urzeitliche Fotos geschossen, indem man dem abzubildenden Objekt kräftig eine Felsplatte vor den Schädel donnert. Da stürzen dann auch schon einmal Mammuts in typischer Cartoon-Optik von Klippen, verweilen wenige Sekunden in der Luft bevor der tiefe Fall erfolgt, ebenso wie Menschen durch die Lüfte geschleudert werden, als seien sie kleine Kieselsteinchen. Als Resultat wird sich niemals mehr als eine kleine Beule manifestieren. Und neben dem ersten Fotoapparat der Weltgeschichte werden auch gleich noch die Schuhe erfunden, Anleihen auf die Familie Feuerstein, mit ihren prähistorisch-modernen-Utensilien.

Doch auch Schuhe und Fotoapparat wirken wenig innovativ, ebenso wie „Die Croods“ selbst. Der Wiedererkennungswert zu „Merida“, zu „Ice Age“ oder auch der „Familie Feuerstein“ ist zu groß, als dass man sich die Familie Crood als großes neues Zugpferd für DreamWorks vorstellen könnte. Denn im Grunde ist die Geschichtenerzählung hier ebenso prähistorisch wie die Croods selbst.


“Die Croods“