Traditionen fetzen. Vor allem dann, wenn man sie selbst geprägt hat. So widme ich mich heute zur ersten Rezension des Jahres einem Film, der eher für die jüngeren Zuschauer gedacht ist, zumindest aber für jene, die sich nicht scheuen, fremde Welten zu besuchen und dort packende Abenteuer zu erleben.
Aller guten Dinge sind drei. Nachdem wir die vier Geschwister Peter, Susan, Edmund und Lucy am Ende vom zweiten Teil der Narnia Saga wieder glücklich in die reale Welt verabschiedet haben, sind wir jetzt wieder an der selben Stelle angelangt. Edmund und Lucy leben bei ihrem Onkel, während der Rest der Familie in Amerika ist. Irgendwie hat das noch was mit dem Krieg zu tun. Jedenfalls sind beide frustriert und wünschen sich nichts sehnlicher, als wieder nach Narnia zurück kehren zu dürfen. Ganz serientypisch wird ihnen dieser Wunsch prompt erfüllt. Ein Bild läuft plötzlich aus und ratzfatz sind unsere kleinen Freunde auf der Morgenröte, dem besten Schiff Narnias. An Bord befindet sich König Kaspian auf dem Weg zu den einsamen Inseln, um dort die sieben Lords aus dem Exil abzuholen. Denn in Narnia herrscht Frieden und die altehrwürdigen Herren müssen sich nicht länger verstecken. Auf den Inseln angekommen stellt sich heraus, dass hier etwas abgrundtief Böses am Werk ist. In Form eines grusligen Nebels erscheint es und entführt wahllos harmlose Bürger. Logisch, dass unsere tapferen Freunde etwas dagegen unternehmen müssen. Man macht sich also auf die Suche nach den sieben Schwertern der Lords, um nun auch wirklich den letzten Rest Böses aus der Schönwetterwelt Narnia zu tilgen.
"Die Chroniken von Narnia" hatten es schon immer schwer. Im Schatten von "Herr der Ringe" und "Harry Potter" wagte es diese verhältnismäßig unbekannte Buchverfilmung auf die große Leinwand. Nicht nur, dass die Bücher von C.S. Lewis kaum jemand kannte, der Film verzichtete nahezu komplett auf bekannte Namen und Schauspieler. Stattdessen sehen wir massenhaft computeranimiertes Viehzeugs, das neben den vier Jungspundschauspielern irgendwie zu künstlich und aufgesetzt wirkt. Auch im dritten Teil, der wieder nur wenige Wochen nach dem vorletzten Harry Potter startete, sind diese grundlegenden Probleme nicht getilgt. Neben zahlreichen logischen Schnitzern und Dialogschwächen merkt man auch der Morgenröte an, dass die Buchvorlage nur wenige Seiten umfasst. Ständig werden völlig belanglose Passagen enorm in die Länge gezogen, um die eigentlich relativ dicht gesäten Handlungsschwerpunkte zu verbinden. Trotz allem wird bis zum Schluss übrigens eine ganz gewichtige Frage gar nicht beantwortet. Nämlich, warum die Erdenkinder überhaupt wieder nach Narnia kommen konnten, obwohl dort doch Frieden herrscht und sie vor allem niemand gerufen hat. Die Antwort könnten wohl nur Fox und Disney beantworten.
"Die Reise auf der Morgenröte" ist - ich kann es einfach nicht anders sagen - zum abgewöhnen. Furchtbare Dialoge, eine gequälte Story und eine angestaubte Optik mit weniger zeitgemäßen Speziialeffekten als in Nachrichtensendungen im Privatfernsehen. Auch wenn ich es dieser relativ kleinen Serie echt gegönnt hätte, ist hier also die ausdrückliche Empfehlung auszusprechen, den Film nicht zu sehen.
The Chronicles Of Narnia – The Voyage Of The Dawn Treader (USA, 2010):
R.: Michael Apled; D.: Georgie Henley, Skandar Keynes, Ben Barnes, u.a.; M.: David Arnold; Offizielle Homepage
In Weimar: CineStar
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.