Bis vor ein paar Wochen wusste ich von der Bruderhahn Initiative Deutschland noch nichts. Doch, als ich davon erfuhr und dass damit das sinnlose Küken-Töten ein Ende haben soll, habe ich mich ein paar Tage später mal mit den Inhalten dieser Initiative beschäftigt.
So weit, so gut.
Jede Aktion, die das sinnlose Töten männlicher Küken am Tag ihrer Geburt aus Finanzgründen beendet ist doch gut. Oder?
Na ja, ich muss sagen, was mir bei so einigen “Tierschutz”-Aktionen missfällt ist, dass immer versucht wird einen Spagat zu machen. Der Kunde soll weiterhin wie gewohnt Fleisch, Milch und Eier essen, nur eben aus einer anderen Haltung.
Bei Bio bzw. Demeter zahlt man für bessere Haltungsbedingungen, keine Frage. Und man kann an dieser Stelle auch sagen, um bessere Qualität in der Tierhaltung zu gewährleisten und langfristig ein gesellschaftliches Umdenken zu erzielen, können Kompromisse ein guter Weg sein.
Doch, wenn das Tier letzten Endes so oder so sterben soll, ist das dann wirklich Tierschutz?
Davon abgesehen, eine nachhaltige Tierhaltung hat nur dann Zukunft, wenn sich unser Konsumverhalten drastisch reduziert. So weiter zu machen wie heute und zu denken mit Bio sei es getan, funktioniert nicht.
Meiner Ansicht nach kann man durchaus gegen Tierquälerei und auch tierlieb sein und trotzdem Fleisch essen. Doch Leid spielt sich meiner Meinung nach nicht nur zu Lebzeiten ab. Auch der auferlegte Tod bedeutet Leid. Bei der Schlachtung beispielsweise kann einem keiner garantieren, dass das Tier ordnungsgemäß betäubt war und somit nicht gelitten hat.
Insofern ist es in Sachen Tierschutz meiner Ansicht nach mit einer besseren Tierhaltung, wie oft promotet, nicht getan. Bei anderen Tieren, solchen, denen wir eine Lebensberechtigung zugestehen, beschränken wir Tierschutz auch nicht nur auf eine bestimmte Lebensdauer. Eine Katze oder ein Hund darf auch bei uns leben bis es nicht mehr geht. Warum gilt dann für andere, sogenannte “Nutztiere” eine andere Logik?
Man könnte hier jetzt sagen, die Frage welches Tier leben darf und welches nicht, liegt gesellschaftlichen Faktoren zugrunde. Doch ist das wirklich eine logische Begründung um über die Lebensberechtigung eines Lebewesens zu entscheiden?
“Wir essen nun einmal Schweine und streicheln Katzen, das war halt schon immer so.” Ist eine solche Aussage wirklich schlüssig? Oder ist diese Einteilung nach Tieren als Lebensmittel und Tieren als Lebewesen nicht eher konditioniert?
Fragen über Fragen…
Jedenfalls habe ich mir das alles mal durchgelesen. So heißt es auf der Bruderhahn-Seite u.a. folgendes:
“Pro Legehenne darf ein männliches Küken mit aufwachsen. Es wird nach Bioland/Demeter Richtlinien auf einem Mastbetrieb mit Zugang zum Freiland aufgezogen. Die Küken stammen grundsätzlich von einer ökologischen Elterntierherde ab. Die Hähne werden bis zur 5. Woche mit den Hennen zusammen aufgezogen.
Nach der Aufzucht:
Dann werden die Hähne in den Maststall umgesiedelt und in einer Premiumhaltung in bäuerlicher Landwirtschaft 18-22 Wochen lang gemästet. Während der ganzen Zeit bekommen sie 100% Bio-Futter. Die Haltung der Hähne muss erhöhten Anforderungen genügen. Sie benötigen sehr viel Auslauf und Beschäftigungsmöglichkeiten, da sie sonst anfangen sich gegenseitig zu attackieren. Nach der Schlachtung geht das Fleisch zum Teil in die Verarbeitung und zum Teil in den Fachhandel.”
Spätestens ab diesem Punkt hat sich das für mich schon erledigt. Die männlichen Küken sollen nicht mehr am Tag ihrer Geburt sinnlos getötet werden, sie sollen nach Demeter-Richtlinien aufgezogen werden und Bio-Futter erhalten, um erst ein paar Wochen später getötet zu werden.
Mit anderen Worten: Sterben müssen diese Tiere so oder so.
Was hat das mit dem Leitspruch “Rette meinen Bruder – Schluss mit dem nutzlosen Töten” zu tun?
Bedeutet retten nicht auch vor dem Tod bewahren?
Auf der Seite der “Bruderhahn-Initiative” gibt es jedenfalls noch den Menüpunkt “ETHIKitchen”.
Ruft man diese Rubrik auf, steht dort sowas hier:
“BID Hähnchen sind etwas ganz Besonderes. Besonders lecker, besonders bio und besonders ethisch: Sie kommen aus dem Pilotprojekt BID, der Bruderhahn Initiative Deutschland. Sie sind immer
Bio-zertifiziert, stammen aus bäuerlichen Betrieben und sind entweder nach Biolandrichtlinien oder Demeterrichtlinien zertifiziert.BID Hähnchen schmecken, wie Hähnchen schmecken müssen. Wir kennen das von früher, aus Zeiten der vorindustriellen Tierhaltung. Es ist schön fest und hat viel Geschmack. Und weil es so schön fest ist, muss es ein bisschen länger garen als die meisten herkömmlichen Hähnchen.
Das hat für mich irgendwie was Makaberes. Da wirbt man damit diese Tiere zu “retten” und dann wird hier vom Geschmack ihrer toten Körper gesprochen.
“BID Hähnchen sind besonders lecker, besonders bio und besonders ehtisch…”
Was ist jetzt besser? Das Töten von Küken am Tag ihrer Geburt? Oder die Tiere erst mal groß zu ziehen und dann später zu töten, um sie zu essen?
Davon abgesehen, wie bereits angesprochen, alternative Haltungsmethoden funktionieren meiner Meinung nach nur, wenn sich der Tierproduktekonsum unserer Gesellschaft stark reduziert.
Wenn es einem wirklich darum geht, dass das Tierwohl im Vordergrund stehen soll, dann läuft es zwangsläufig so oder so darauf hinaus, dass man als Mischköstler öfter zur vegetarischen bzw. veganen Alternative greifen muss. Denn sonst ist auch Bio oder Demeter keine wirklich nachhaltige Lösung.
An dieser Stelle würde mich eure Meinung interessieren. Was denkt ihr über diese Initiative – Top oder Flop?