Die Blamage mit meinem Auto

Ich habe ein Auto erfunden, das weder mit Benzin noch mit Diesel fährt. Der Prototyp heisst „Glücks-Cedes Country“.  Es ist bequem, acht Leute passen rein (etwa mosten), es hat eine azurblaue Farbe, ist rundherum aus Blech und hat vier Räder aus Gummi mit Luft drin. Aber eben, der Motor funktioniert nicht mit Treibstoff, sondern es fährt mit Glück. Bei meinen Testfahrten habe ich immer mein eigenes Glück verwendet, das reichte schon recht weit, aber ich war dann total unglücklich, denn mein ganzes Glück hat das Auto verbrannt. Also habe ich mir von Hinz und Kunz ein wenig Glück ausgeliehen, sodass ich glücklich fahren konnte, aber die kommen jetzt immer vorbei und wollen ihr Glück zurück – Schwierigkeiten noch und noch.

So habe ich mich schweren Herzens entschlossen, mir das notwenige Glück auf illegalem Weg in Raubüberfällen zu beschaffen. Als erstes habe ich eine Postkutsche überfallen. Die standen dann alle da, mit erhobenen Händen, und wollten mir ihre goldenen Uhren und Brieftaschen aushändigen, aber ich wollte nichts von all dem, ich wollte nur ihr Glück. Das bekam ich, es war nicht sehr viel, und die Herrschaften flohen dann mit dem Zylinder in der Hand wieder in ihre Kutsche – natürlich todunglücklich, denn ich hatte ihnen bis zum letzten Tropfen alles Glück abgenommen.

Dieses Glück füllte ich nun in mein Auto, und ich fuhr ein ganzes Stück fröhlich pfeifend, aber irgendwann begann der Motor wieder zu stottern, und ich musste mein eigenes Glück nachfüllen, sodass ich bald wieder gezwungen war, auf Glückssuche zu gehen.

Wo sind die Menschen besonders glücklich? Am Oktoberfest, an einer Geburtstagsparty? Am Zahltag vor dem Geldautomaten oder am Picknickplatz im Grünen? Es half alles nichts. Immer wenn ich mit vorgehaltenem Revolver in die Gesellschaft hineinstürzte und schrie: „Das ist ein Überfall, her mit Eurem Glück!“ dann wurden alle blass und unglücklich, und das Glück, das vorher noch im Überfluss vorhanden zu sein schien, verpuffte irgendwie, vor ich es in mein Auto füllen konnte.

Ich erkannte mit der Zeit, dass man nur mit List an das Glück anderer Leute rankommt. Man muss mit seinem eigenen Glück als Köder hingehen und dann freuen sich alle, und rücken freiwillig mit ihrem Glück heraus – das hat dann auch ganz gut geklappt. Aber mein Auto wurde kein Verkaufsschlager, ja es wurde nicht einmal in die Serienfertigung aufgenommen. Das lag aber nicht an der schwierigen Betankung, sondern am Abgas.

Ja, am Abgas. Denn wenn der Motor das Glück verbrennt, und dabei fröhlich auf der Landstrasse dahinbraust, kommt gleichzeitig bei einer Röhre (die habe ich hinten unten angebracht) ein übelriechendes Gas raus. Eben: verbranntes Glück. Dieses verbrannte Glück war von rosaroter Farbe und daher besonders heimtückisch. Denn erstens sah man es nicht, wenn man die rosarote Brille zum Fahren anhatte, und wenn man sie nicht anhatte, glaubte man, dieser rosarote Rauch sei gewiss etwas Gutes, so wie ja bekanntlich alles gut ist, was rosarot ist. Das führte zu schrecklichen Vergiftungen, Depressionen, Burnouts und anderen Krankheiten.

Ich habe daher meine Erfindung schweren Herzens verschrotten lassen, und bin nun wieder mit dem Fahrrad unterwegs, wobei meine Abgase dann begierig von den Pflanzen aufgesogen werden, denn die brauchen diese angeblich zum Leben.

09-116


Zwei Götter im grünen Jeep / 34cm x 25cm / Öl auf Objekte auf Baumwolle auf MDF / 2011, Nr.09-116


 


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