Och nö, nicht schon wieder! Das war mein erster Gedanke, als vorhin der nächste Eier-Skandal durch die Nachrichten ging. Aber es ist offenbar zu verlockend, das Bio-Siegel auf konventionell erzeugte Eier zu kleben, die dadurch gleich viel mehr Gewinn bringen. Millionen von Eiern wurden als Bio-Eier verkauft, obwohl sie nicht als solche hätten deklariert werden dürfen.
Und das hat System: Hunderte von Betrieben sollen in den neuen Eierskandal verstrickt sein – gegen fast jeden fünften Erzeuger in Niedersachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg, 50 weitere Verfahren wurden an die Strafverfolgungsbehörden anderer Bundesländer abgegeben, aber auch Unternehmen in Belgien und den Niederlanden sind betroffen. Es geht um Betrug und Verstöße gegen das Lebensmittel- und das Öko-Landbaugesetz. Wie sich einmal mehr zeigt, ist Papier geduldig – Gesetze gibt es mehr als genug. Aber ist es offenbar lukrativ, sie einfach zu ignorieren.
Kommen diese Eier vielleicht auch aus einem überfüllten Käfig?
Es zeigt sich aber auch einmal mehr, dass es kein richtiges Leben im falschen geben kann – genau das habe ich mit meinem Artikel Die Lebenslüge der Bio-Industrie versucht zu erklären: Das kapitalistische Wirtschaftssystem mit seinem Zwang zu Rationalisierung und Profitmaximierung kann nicht durch ein bisschen Fairtrade und ein paar Biohöfe geheilt werden. Solange Bio nur ein Geschäftsmodell ist, das genauso nach der kapitalistischen Logik funktionieren muss wie alles andere im Kapitalismus auch, wird es derartige Skandale geben. Ironischerweise gerade weil Menschen bereit sind, für Bioprodukte tiefer in die Tasche zu greifen. Warum dann nicht den höheren Profit einfach mitnehmen, wo man dem Produkt doch nicht ansehen kann, ob es vom Käfig- oder vom freilaufenden Biohuhn stammt?
Damit will ich nicht gesagt haben, dass ich eine tier- und umweltfreundlichere Produktion nicht besser fände. Wenn es nach mir ginge, dann würde noch viel tier-, umwelt- und menschenfreundlicher produziert. Aber dazu muss man das gesamte System ändern: Es dürfte eben nicht der Profit Grundlage jeder Produktion sein, sondern der Bedarf an einem guten Endprodukt. Unter den herrschenden Bedingungen spielt aber der Bedarf keine Rolle – egal, was man den zahlenden Konsumentinnen und Konsumenten einredet. Die zahlen brav den höheren Preis für ihr vermeintliches Bio-Ei und unterstützen damit auch noch Betrüger. Ich schließe mich da keineswegs aus: Ich kaufe auch Freilandeier, weil ich denke, dass ein Huhn auch mal an die frische Luft sollte und deshalb diese Art der Produktion unterstützen möchte. Aber vielleicht kommen meine angeblichen Freilandeier genauso aus einem überbesetzen Käfig wie die Billig-Eier vom Discounter. Kapitalismus ist halt ein Arschloch.