Man soll ja - so die alte Weisheit - den Tag nicht vor dem Abend loben. Dennoch kann man schon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass die Bevölkerung von Irland gestern mit einer deutlichen Mehrheit für die Möglichkeit der Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare gestimmt hat. Zum jetzigen Zeitpunkt deutet alles auf eine Zustimmung weit jenseits der 60 Prozent hin, und das bei einer der höchsten Wahlbeteiligungen in den letzen Jahrzehnten. Mehr als 60 Prozent der Wahlberechtigten waren gestern an den Urnen.
Die Augen der Welt waren gestern auf die Insel gerichtet. Wer denkt, es handle sich hier um ein rein irisches Thema, liegt falsch. Dass gerade Irland - Vorzeigebeispiel für Katholizismus und Erzkonservativität für viele - diese Thematik zur öffentlichen Abstimmung brachte, und dann noch mit diesem klaren Ausgang, ist Synonym für die gesellschaftliche Änderung zum Positiven, die die Emerald Isle in den letzten Jahren und Jahrzehnten durchlaufen ist. Das gestrige Abstimmungsergebnis war in dieser Form nur durch den Zeitenwandel möglich, den die Insel durchlaufen ist.
Die Kirche verliert zunehmend an Einfluss. Mit allen Mitteln wurde versucht, die Irinnen und Iren zum Nein-Sagen anzustiften. Oftmals war in diese Versuche die Kirche mehr oder weniger direkt involviert. Und das Abstimmungsergebnis ist ein klarer Beleg dafür, dass der Einfluss der Glaubensgemeinschaften am Schwinden ist. Schon klar, der Einfluss der Kirchen ist noch immer sehr groß, vor allem, wenn es an das Thema Schulbildung geht, vor allem auch im ländlichen Raum. Eine Abstimmung kann aber offenbar trotz des Einsatzes gewaltiger finanzieller und personeller Mittel nicht mehr entscheidend beeinflusst werden.
Auch wenn wir gestern nicht wählen durften, so freuen wir uns heute doch mit. Es ist seit gestern noch ein wenig schöner, menschlicher geworden, auf dieser Insel zu leben.
Verfasst in der wunderschönen Grafschaft Wicklow, von Irlandfreunden für Irlandfreunde. Irlandwoche.com ist ein Projekt, dass Informationen über die Insel und vieles mehr verbeiten will, und wir hoffen, dass uns das gelingt.