Die besten Filmreihen mit verunglücktem Finale: X-Men und Evil Dead

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Veröffentlicht am 30. März 2014 | von Christoph Stachowetz

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Die besten Filmreihen mit verunglücktem Finale: X-Men und Evil Dead

Nach kurzer Pause ist unser wöchentliches Filmfeatures wieder zurück – und zwar mit zwei gleichermaßen ungewöhnlichen wie auch fantastischen Filmreihen: X-Men und Evil Dead. Groovy.

Die X-Men Trilogie
X-Men-3-The-Last-Stand-©-2007-Twentieth-Century-Fox

“No one ever talks about it. They just do it. And you go on with your lives, ignoring the signs all around you. And then, one day, when the air is still and the night has fallen, they come for you.”

Die X-Men gehören zweifellos zu den beliebtesten und bekanntesten Marvel-Figuren, Wolverine sicherlich zu den coolsten Superhelden. Die Zweifel waren groß, als Bryan Singer im Jahr 2000, als die Flut der Comicverfilmungen erst ein kleiner Bach war, die Geschichte rund um die Mutanten für die Leinwand adaptierte. Überraschenderweise konnte ihr erster Auftritt die Skeptiker zum Verstummen bringen. Mit viel Gespür für Action aber auch eine solide und interessante Thematik war einer der ausschlaggebenden Punkte, dass X-Men funktionierte. Aber auch die Besetzung trug ihr übriges dazu bei. Halle Berry als Storm, James Marsden als Cyclops und Famke Janssen als Jean Grey bildeten dabei jedoch das Schlusslicht. Viel beeindruckender waren da schon Patrick Stewart als Professor Charles X. Xavier, Ian McKellen als Magneto und die Entdeckung von Hugh Jackman als Logan/Wolverine, der die Rolle mit perfekter stoischer Clint Eastwood Gelassenheit und gleichzeitig einer tief verankerten animalischen Stärke zum filmischen Leben erweckte. Es war der Start von Jackmans internationaler Karriere und gilt seitdem auch als seine Paraderolle. Zusätzlich ist X-Men sicherlich nicht unerheblich an der mittlerweile fast Überhand nehmenden Welle an regelmäßigen Comicverfilmungen. Der erste Teil war aber ein rundum gelungener Start und setzte die Messlatte für eine potenzielle Fortsetzung sehr hoch.

X-Men 2 (OT: X2) vereinte die aus dem Vorgänger bekannten Figuren erneut unter der Regie von Bryan Singer und wie es sich für eine Fortsetzung nun mal gehört, mussten hier ebenfalls noch mehr neue Charaktere – zu dem ohnehin schon sehr umfangreichen Pantheon – hinzugefügt werden. Größer, schneller, lauter, einfach mehr von allem: Das war Singers Devise für den zweiten Teil. Es verwundert daher nicht, dass X-Men 2 deshalb in erster Linie zu einem übertriebenen Spektakel verkommt, statt sich auf die Stärken des ersten Teils zu konzentrieren, Quantität spricht eben nur selten für Qualität. Dennoch muss man dem Sequel zugute halten, dass es zumindest eine solide gemachte, unterhaltsame Comicadaption darstellt, die jedoch seine Figuren nur minimal weiterentwickelt und dem X-Men Universum nur wenig Neues und vor allem Bedeutendes hinzufügt. X-Men 2 verfällt leider dem klassischen Fortsetzungsfehler, mehr Wert auf Größe zu setzen, statt seine Figuren konsequent und originell weiter zu führen, wie das zum Beispiel James Camerons Sci-Fi-Klassiker Terminator 2: Judgement Day gelang. In der Superheldenfortsetzung wird jedoch eines deutlich, nämlich Singers Schwächen als Regisseur, ein dermaßen großes Ensemble zu lenken und in eine sinnvolle Richtung zu bringen.

Es war deshalb durchaus kein Fehler, X-Men – Der letzte Widerstand (OT: X-Men: The Last Stand) von einem anderen Regisseur in Szene setzen zu lassen, denn mit Singer im Regiestuhl wäre es vermutlich kaum besser geworden. Dass man sich jedoch für Brett Ratner entschied, der sich bis dahin vorwiegend mit seichter Unterhaltung ausgezeichnet hatte, war nicht unbedingt eine kluge Wahl – aber eine konkrete Ansage, in welche Richtung der dritte Teil gehen würde. Die thematischen Komponenten rund um Rassismus und gesellschaftlicher Ausgrenzung wurden noch weiter in den Hintergrund gedrängt, beinahe bis zur Unkenntlichkeit beschnitten. X-Men – Der letzte Widerstand wurde stattdessen weitergeführt als Actionspektakel mit relativ geringem inhaltlichen Mehrwert, wo im direkten Vergleich X-Men 2 rückblickend sogar noch als gelungen bezeichnet werden konnte.

Mit X-Men – Der letzte Widerstand war die ursprüngliche Reihe jedoch an ihrem Ende angelangt, weshalb man in weiterer Folge gezwungenermaßen auf einzelne Figuren zurückgegriffen hat (X-Men Origins: Wolverine und Wolverine: Weg des Kriegers) oder auf Prequels (X-Men: Erste Entscheidung), die ebenfalls nur mit durchwachsenem Erfolg gekrönt waren. Es besteht zwar kein Zweifel, dass die Faszination an den X-Men Figuren ungebrochen ist, auch trotz der schwachen Forsetzungen, davon zeugt die ständige Rückkehr zu ihren Geschichten – immerhin kommt dieses Jahr mit X-Men: Zukunft ist Vergangenheit (OT: X-Men: Days of Future Past) auch wieder der erste von Bryan Singer inszenierte Streifen in die Kinos, der nun Prequel und Sequel in einem sein soll. Man darf gespannt sein, ob sich die neueste Instanz der Reihe zu einem konvoluten Machwerk oder einem, dem Material würdigen Film wird.

Die Evil Dead Trilogie (plus Reboot)
Army-of-Darkness-©-2013-Koch-Media

“Are all men from the future loud-mouthed braggarts? Nope. Just me baby… Just me.”

Das Horror-Genre ist wohl eines der Beständigsten innerhalb der Filmgeschichte, ist doch die Lust am Gruseln vor den Kinoleinwänden oder Fernsehern zu Hause immer wieder ein besonderes Vergnügen. Aufgrund dieser Tatsache erscheinen Horrorfilm-Ableger auch mit übermäßig hoher Regelmäßigkeit, wenn auch großteils wohl nur aus finanziellen Interessen seitens Produzenten und der unstillbaren Gier der Zuseher nach mehr. Wirklich einmalige, kaum reproduzierbare und vor allem innovative (in weiterer Folge also: tatsächliche-) Schocker sind da aber meist eine Seltenheit, dank der Fülle an Material jedoch verglichen mit anderen Genres doch regelmäßig auffindbar. So muss man zwar nicht lange im Horrrfilm-Fundus herumkramen, um gute Exemplare vorzufinden, eine exzellente mehrteilige Serie, die nicht nur mehr oder weniger stupide die Vorlage des Vorgänger repliziert, ist doch eher rar. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist wohl die Evil Dead-Trilogie, die vor kurzem noch Zuwachs im Sinne eines Rebootes erfahren hat – und deswegen auch in diesem Feature (leider oder glücklicherweise?) erwähnt werden muss.

Doch der Reihe nach: 1981 macht sich der tatkräftige Jungregisseur Sam Raimi mitsamt seines guten Freundes Bruce Campbell auf, um in einer kleinen Waldhütte mitten im Nirgendwo Tennessees dem Horrorgenre einen neuen Anstrich zu geben. Mit seinem Low-Budget Debüt The Evil Dead (hierzulande als Tanz der Teufel bekannt), zeigt der Filmemacher erstmals einen Vorgeschmack auf das in ihm schlummernde kreatives Potential und zudem seine eigene Handschrift, die von diesem Zeitpunkt an unverkennbar sein wird. Trotz der Tatsache, das katastrophale Drehbedingungen (fast die gesamte Besetzung kehrte Raimi im Laufe der Produktion dem Rücken zu, Hauptdarsteller Campbell wurde mehrfach verletzt und arbeitete zudem auch hinter der Kamera mit) vorherrschten, der Schnittprozess knapp eineinhalb Jahre dauerte und der fertige Film als umfassend zusammengeschnittene Verstümmelung mit gigantischer Verspätung in Teilen Europas – erst nach zehn Jahre etwa in Deutschland – erhältlich war, entwickelte sich der Kultstatus recht schnell. Angesichts grandios verwirklichter Kamerafahrten- und Einstellungen, einem überraschend absurd-schwarzhumorigen Plot und natürlich dank des spielerischen Umgangs mit Genre-Konventionen gilt The Evil Dead auch heute noch als eindrucksvolles Machwerk eines talentierten Debütanten.

Als 1987 der Nachfolger Evil Dead II (hierzulande: Tanz der Teufel 2) unter anderem dank tatkräftiger Überzeugungsarbeit von niemand geringerem als Stephen King in die Kinos kam, war die Verwunderung doch einigermaßen groß: Fast der gleiche Handlungsverlauf wie der Vorgänger und auch noch der gleiche Hauptdarsteller, aber kein Anspruch auf die Betitelung “Remake” vorhanden? Nun, zumindest die Ausgangslage des Plots war – aus rechtliche Gründen – verändert worden. Spätestens aber in dem Moment, in dem die gesamte Inneneinrichtung wie in einem düsteren Disney-Albtraum zu tanzen und sprechen beginnt, soll der gewaltige Unterschied zwischen Teil eins und zwei der Trilogie sichbar werden. Regisseur Raimi übertrifft seine eigene Produktion um Längen und in allen Belangen, Evil Dead II ist auch heute noch eine Klasse für sich, zugleich auch der Höhepunkt der Filmreihe.

Fünf Jahre später und mit knapp zehn Millonen US-Dollar mehr an vorhandenen Budgetmitteln erscheint schließlich der vorerst abschließende Teil der Evil Dead-Trilogie namens Army of Darkness (hierzulande: Armee der Finsternis oder auch Tanz der Teufel III: Armee der Finsternis). Der Handlungsrahmen – also grandios unbeholfene, schreckhafte Deppen, die sich nach und nach in einer verlassenen Waldhütte dahinmetzeln lassen, nachdem das unsagbar Böse selbst versehentlich beschworen wurde – wird zu großen Teilen komplett über Bord geworfen und zugunsten einer Zeitreise ins düstere Mittelalter ersetzt. So darf sich Hauptdarsteller Campbell in der seine Karriere weiterhin bestimmenden Kultrolle als Ash vom Supermarktangestellten zum in jeder Hinsicht schlagfertigen Steampunk-Ritter samt doppelläufiger Schrotflinte (der “Boomstick”) wandeln und gleich einer gesamten, natürlich auch hier versehentlich herbeigerufenen Armee voller Untoter Einhalt gebieten. Der Spezialeffekte-Regler wurde bei Army of Darkness bis zum Anschlag aufgedreht, der tatsächliche Horror-Aspekt tritt nun eher in den Hintergrund, Situationskomik und Slapstick nehmen mit zunehmender Laufzeit eine stärkerer Rolle ein. Dies mag wohl einige Fans vermutlich vor den Kopf stoßen – das Raimi aber immerhin konsequent an seiner Auslebung dieses Was-wäre-Wenn Fantasy-Szenarios herumgebastelt hat, ohne seine eigene Kreation dem Untergang in Belanglosigkeit preiszugeben und den Kultstatus beizubehalten, kann dem Regisseur doch als Pluspunkt angerechnet werden.

Mehr als zwei Jahrzehnte später gelangt auch der von vielen lang ersehnte neue Eintrag in die Evil Dead-Reihe, allerdings als Reboot und mit dem Debütanten Fede Alvarez als Regisseur hinter der Kamera. Das die Filmindustrie nicht vor der Versuchung gewappnet ist, potentielle Geldquellen auszuschöpfen, zeigt sich in diesem sterilen, völlig ohne dem Charme der Vorlage versehenen – manche werden sagen: unausweichlichen – Remake. Das sowohl Raimi als auch Campbell (letzterer zu sehen in einer Art von Cameo während der Credits) bei Evil Dead als Produzenten tätig waren, schmerzt da noch zusätzlich. Es scheint, das genau jenes gewisse Etwas, das bei der Trilogie vorzufinden war – in stärkerer und schwächerer Ausführung, wohlgemerkt – hier zusammen mit dem “The” im Titel vergraben wurde. Die Hoffnung bleibt, das niemand auf die Idee kommt, nochmals einen Versuch unternimmt, den Klassikern neues Leben einzuhauchen.

Tags:Filmreihe


Über den Autor

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Christoph Stachowetz Aufgabenbereich selbst definiert als: Chief of Operations. Findet “Niemand ist so uninteressant wie ein Mensch ohne Interesse” (Browne) interessant.



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