Die Bescheidenheit des Christian Lindner

Von Modesty

Christian Lindner, Bundestagsabgeordneter und FDP-Spitzenkandidat für NRW, fordert einen “bescheidenen Staat”. Statt noch mehr Schulden zu machen oder – oh Graus! – die Steuern zu erhöhen sei eine “Debatte über die Reichweite der Staatstätigkeit nötig”, wie er in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt schreibt. Der öffentliche Sektor dürfe nicht schneller wachsen, als die Bürgerinnen und Bürger an Wohlstand erwirtschaften könnten. Ist ja rührend.

Nee, das ist nicht Lindner, sondern der Antichrist, äh, der verdi-Chef. Gewerkschafts-Boss Bsirske, wie das Handelsblatt ihn sieht.

Als schlechtes Beispiel für den unbescheidenen Staat nennt er die Schaffung von 2.000 neuen Stellen im öffentlichen Dienst in NRW, von denen viele in der “Umweltbürokratie” angesiedelt seien. Auch ein schöner Begriff übrigens. Ausgerechnet in diesem Punkt hat Lindner übrigens nicht Unrecht: Weniger Bürokratie wäre manchmal mehr Umweltschutz. Und blödsinnig ist auch, dass in Datteln derzeit vom grünen Umweltminister die Inbetriebnahme eines klimafreundlichsten Steinkohlekraftwerke der Welt blockiert wird – wie soll Deutschland denn aus der Atomkraft aussteigen, wenn es keine Steinkohlekraftwerke in Betrieb nimmt?! Sorry, aber manchmal haben die Grünen echt einen Knall.

Hier sind meine Übereinstimmungen mit Lindner aber schon erledigt. Wenn einer von der FDP das Wort “Bescheidenheit” in den Mund nimmt, ist immer Vorsicht angebracht. Denn die Bescheidenheit, die diese Partei meint, ist immer die Bescheidenheit der anderen. Schließlich handelt es sich um die Partei der unbescheidensten Selbstbediener, die in diesem Staat vorhanden sind.

Ich fordere mehr Bescheidenheit von Lindner und seiner Partei. Was nützen denn die ganzen Steuersenkungen, wenn man den ganzen Tag ranklotzen muss, und am Ende nicht mal genug dafür bekommt, um davon seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können? Einem 400-Euro-Jobber kann man den bescheidenen Staat schwerlich zumuten. Soll ein Niedriglöhner in aller Bescheidenheit verrecken, weil die FPD von einem Mindestlohn nichts wissen will? Es gibt in diesem Land Millionen von Menschen, die arbeiten gehen und trotzdem nicht einmal genug haben, um überhaupt Steuern bezahlen zu können! So sieht es aus. Die SIND bescheiden! Denen bleibt gar nichts anderes übrig!

Wer einen bescheidenen Staat wünscht, muss den Leuten genug in die Hand geben, damit sie nicht auf den Staat angewiesen sind. Und genau das verhindert gerade die FPD! Lieber Christian Lindner, wie viel Bescheidenheit fordern Sie konkret von den Schlecker-Frauen, denen es nicht gelingt, sich selbst um eine Anschlussverwendung zu kümmern, wie Ihr Parteivorsitzender Philip Rösler es auszudrücken beliebte?! Wovon sollen die jetzt leben, wenn nicht vom Staat?!

Wie wäre es, wenn sich Ihre Partei selbst einmal um eine Anschlussverwendung kümmern würde? Offensichtlich werden Sie nicht mehr gebraucht! Die Leute wählen sogar schon eine Partei wie die Piraten, nur damit sie von der FDP nichts mehr hören und sehen müssen. Im kommenden Jahr werden in den Kindertagesstätten jede Menge Erzieher gebraucht, insbesondere männliche Quereinsteiger sind herzlich willkommen. Tun Sie zur Abwechslung mal was Sinnvolles für Ihr Geld!