Ich habe einige Papiere bekommen, in denen die Aktivisten um die russische Band “Pussy Riot” über die letzten Tage in Moskau berichten. Diese Berichte lesen sich tatsächlich anders als die in den deutschen Leitmedien.
Grund genug, um einige der Dokumente hier zu veröffentlichen:
Pussy Riot, Foto: Wikipedia
Die Berichterstattung in Deutschland gibt eindeutig Pressemitteilungen wieder, die von der Putin-Regierung (oder der „Putin-Junta“, wie sie die Opposition nennt) lanciert worden sind. Die Fakten, die wir kennen, sind andere. Am 06.05. waren mehr Menschen auf der Straße als berichtet, selbst die russische Polizei hatte im Laufe des Tages von 80.000 Demonstranten gesprochen (die Organisatoren gehen von 100.000- 150.000 aus, der Protest sei der bislang größte gewesen).
Die Proteste waren friedlich, es gab im Vorfeld Berichte über die Einschleusung von Provokateuren durch die Staatsmacht, die jetzt von russischen Zeitungen verfolgt werden (s.u.). Es ist fraglich, wie gefährliche Gegenstände überhaupt auf ein Gelände gelangen konnten, für das der Zugang durch Metalldetektoren kontrolliert wurde, bei denen schon die meisten Wasserflaschen abgegeben werden mussten.
Wir haben höhere Erwartungen an die deutsche Öffentlichkeit und die Reflexion der Ereignisse in unserem Land und bitten Sie, unsere Übersetzungen aus dem Russischen zu lesen, während ein deutscher Kanzler a.D. noch den Kaviar des Staatsbankettes verdaut. Timoshshenko wurde zum Medienereignis, weil es jetzt eine Ostseepipeline gibt – lässt eine vermeintliche Abhängigkeit vom russischen Gas keine offene Berichterstattung in unserem Land zu?
Bei Fragen, Wünschen zu Kontakten o.ä. wenden Sie sich bitte an
Martina Steis
Olga Reznikova
www.freepussyriot.org
Mail: bussy_riot_muenchen[at]gmx.de
- Fotos der Festnahmen vom 06.05.12
- Video von Novaja Gazeta vom 06.05.12, Zusammenstösse mit der Polizei
- Hier ist eine Karte, wo überall seit dem 03.05. Menschen aufgehalten wurden, die nach Moskau unterwegs waren, um am 06.05. am „Marsch der Millionen“ teilzunehmen. Die Liste reicht von Anrufen, bei denen geraten wurde, besser nicht nach Moskau zu fahren, über Straßenkontrollen bis zu Vorwürfen, Drogen zu transportieren oder öffentlich geflucht zu haben (wofür direkt Ordnungshaft verhängt werden kann). In Kransojarsk wurde von Unbekannten das Nummernschild eines Autos abgerissen, direkt danach hielt die Verkehrspolizei die Aktivisten auf, in Ufa wurde ein ganzer Bahnhof evakuiert kurz bevor ein Zug nach Moskau abfuhr, drei Aktivisten sind für drei Tage festgesetzt worden. In den Zügen von St. Petersburg patroulieren Mitarbeiter des „Zentrums E“, von sieben Bussen aus St.Petersburg sind nur zwei angekommen, bei den anderen wurden die Papiere der Fahrer beschlagnahmt.
Siehe auch den Artikel dazu beim Humanistischen Pressedienst