Am vergangenen Mittwoch hat Apple in einer Präsentation das iPad Pro (mit Stift und Tastatur als Zubehör), ein neues Apple TV und das iPhone 6S und 6S plus vorgestellt.
Dazu Marco Dettweiler von der FAZ:
Es ist ein Stift, der die Ära Steve Jobs endgültig beendet.
Aus der Sicht eines Journalisten kann ich bestätigen, dass die Versuchung groß ist, jede Neuigkeit bei Apple in einen Kontext mit Steve Jobs zu rücken. Hätte Tim Cook alle Prinzipien des Apple-Mitgründers beibehalten, wäre ihm vermutlich Ideenlosigkeit vorgeworfen worden. Aber wenn ein Apple-Chef es wagt, etwas anders zu machen, ist es augenscheinlich auch falsch:
Unter Tim Cook, der mehr denn je eher Ökonom als Erfinder ist, ist Apple vom hippen, exklusiven Unternehmen zum Volkskonzern geworden. Apple verdient sein Geld längst mit Produkten für die Masse. Keine Frage: Es sind absolut ausgereifte, durchdachte und hochwertige Produkte. Selbst ihre hohen Preise sind in der Regel gerechtfertigt.
Doch bald wird man Apple-Produkte ignorieren müssen, um cool zu sein und sich von der Masse abzuheben. Das war zu Steve Jobs‘ Zeiten anders.
Wenn ich der Argumentationskette Dettweilers bis dahin folgen konnte, wie Apple unter Cook einige vorher feste Grundsätze auf den Kopf gestellt hat – der Schlusssatz ist eine äußerst gewagte Einschätzung.
Natürlich können sich Moden ändern. Was heute Apple ist, kann morgen ein anderer Hersteller sein (von dem bislang allerdings noch nichts zu sehen ist).
Dettweiler unterstellt aber, dass das iPad Pro automatisch ein Bestseller wird, dass Apple also mit diesem Produkt auf Nummer sicher geht. Ich denke eher, dass Apple das Wagnis eingeht, genau auf solche Automatismen nicht zu setzen, indem man ein viel größeres iPad herausbringt, dessen Preise erst bei 800 Euro anfangen. Das iPad Pro ist zweifelsohne ein Produkt, nach dem lange gerufen wurde: Von professionellen Kreativen und Geschäftskunden. Doch gerade bei letztgenannter Gruppe muss sich erst noch zeigen, ob sie ihr geliebtes Notebook wirklich gegen ein Tablet eintauschen möchte, das dank des Zubehörs das Zeug zum Convertible hat. Auch für den Privatnutzer gibt es Wenn und Aber. Natürlich ist ein großes Display toll für Filme und Anwendungen, aber wird es noch als mobil und praktisch empfunden?
Apple setzt hier alles auf eine Karte, indem das iPad Air 2 in der Weiterentwicklung vorerst pausiert und man eine große Lücke zwischen iPad Mini und iPad Pro lässt.
Aber, wir erinnern uns: Es gab einst einen Vordenker bei Apple namens Steve Jobs, der auch scheinbare Nischenprodukte vorstellte, die zum gewaltigen Erfolg wurden.
Auch wenn Cook mit manchem Grundsatz Jobs‘ gebrochen hat, ist er in dieser Beziehung seinem Vorgänger doch treu geblieben. Und wenn die Kunden die Produkte ignorieren wollen, um cool zu sein, dann stellt sich die Frage, wohin sie gehen sollen, wenn es keine vernünftigen Alternativen am Markt gibt. Das war zu Steve Jobs‘ Zeiten auch nicht anders.