Die Antinativen, die Systemfrage und ihre Homogenität

Trump behauptete wieder mal, dass alle Politiker Lügner seien. Die Teeparty betätigt sie so schon seit einigen Jahren. Die Alternative aus der Petryschale setzt ebenfalls da an: Politiker hätten uns an den Rand des Zusammenbruches regiert, daher müsste nun die AfD ans Ruder. Ähnlich feierte man den noch amtierenden Bundespräsidenten einst. Das sei nämlich einer, der nicht aus der Politik käme, was dem Amt nur guttun sollte. Und hin und wieder gefiel sich der Mann aus Bellevue in der Rolle des frischen Newcomers, der denen da oben mal zeigt, wie Herr Normalwähler tickt. Die Bürger für Frankfurt warben auf ihren Plakaten im letzten Kommunalwahlkampf fast identisch. Sie erklärten, dass die Politik versagt habe, weswegen sie es jetzt richten müssten. Politik, die mit Anti-Politik gemacht wird. Es ist auch so ein Konzept in hochgradig politischen Zeiten, ausgerechnet mit Unpolitik punkten zu wollen.

Der Anti als Held. Ein mehr oder weniger - wahrscheinlich weniger als mehr - zeitgenössisches Konzept. Man kann es gut am Charakter moderner Serien ablesen. Tony Soprano. Walter White. Jetzt ist er in der Politik angekommen. Das heißt, er will hinein, denn er gibt vor, noch gar nicht dort angelangt zu sein. Dort sind andere. Und die sollen nun verdrängt werden durch Helden, die dem Metier, in das sie streben, nicht nur fremd sind, sondern fremd bleiben wollen auf Amtszeit. Das Anti-Movement, die Anti-Politiker, Anti-Parlamentarismus und Anti-zu-den-Althergebrachten, die laut »Schluss mit der politischen Kaste!« rufen und je nach Radikalisierungsfaktor auch »Lügenfresse! Lügenfresse!« schreien, streben nun ins Politische und zeitigen einigen Erfolg.
Das zur Schau gestellte Gegenteil des gegenwärtigen Systems, bestehend aus Filz und Korruption, Lobbyismus und elitärem Dünkel, Arroganz und Abgehobenheit, ist geeignet dazu, um als alternatives Angebot, als aussichtsreiche Wahlkampagne herzuhalten. Man braucht keinen Inhalt, das Anti, dieses bloße griechische Präfix, der von Substanz entleerte Antagonist an sich, reicht vollkommen aus, um als alternative Option akzeptiert zu werden. Ein eigenes Konzept ist überflüssig, nicht zu denen zu gehören, die »da oben« zu bashen, sich selbst gekonnt als Widersacher zu allem aufzuführen, was bislang auf der Bühne geboten wurde, ist der Ansatz vieler dieser Anti-Figuren. Sie sind so gesehen keine Alternative, sondern Antinativen.
Vom Namen her, vom Popanz. Eigentlich sind sie es ja nicht. Sie streben in einen Betrieb, den sie ablehnen, ergreifen die Mittel, die sie für völlig verrottet halten und mutieren früher oder später zu denselben Apparatschik-Bestien, die sie jetzt noch als ihre Antipoden hinstellen. Sie weilen gewissermaßen in dem System, das sie verbal ablehnen, in einem Zustand der Homogenität. Sie sind involviert und integriert, wollen an die Posten, die sie jetzt als überflüssige Einkunftsmaschinerie aufgreifen. Sie stellen fürwahr eine Systemfrage, aber nicht, weil sie das System auf Meta-Ebene für reformbedürftig halten, sondern weil sie es nur missbraucht glauben. Die neoliberale Stussrichtung der AfD ist hierfür Beispiel. Systemfrage bedeutet bei den Antinativen nichts Fundamentales, es bedeutet einfach nur, einen Abklasch von Systemrhetorikfragerei zu liefern. So zu tun, als glaubten sie an das Überkommene eines Systems, das sie an sich aber für sich gebrauchen wollen, sofern sie an die Tröge öffentlicher Ämter hinwühlen können.

Sie sind Antipoden des Augenblicks, Leute, die mit dem Anschein von Anti-Stimmung auf Menschenfischfang gehen, die als Rebellen Wirkung erzielen wollen, obgleich sie angepasst genug sind, die Möglichkeiten demokratischer Systeme für sich auszunutzen. Die durchaus kritikwürdige Kaste von Politikern, die das Primat ihres Fachs aufgegeben haben, erleichtern solchen Anti-Helden den Zugang zur Öffentlichkeit. Aber all die antinativen Bewegungen, die man jetzt so erblickt, sind ja nicht Neulinge im Politbetrieb oder Widersacher der Wirtschaftseliten. Sie kommen von dort und gehen wieder dorthin zurück. Sie bewegen sich in denselben Gefilden, begehen dieselben Wege und haben ähnliche Denkmuster, vor allem auf ökonomischen Gebiet. Sie sind keine Alternative zur Ökonomie, sondern nur deren perverseste Wucherung, die schlimmste Ausbeulung einer Idee, die sich schon unter dem gegenwärtigen Personal in den Parlamenten menschenverachtend gibt.
Ob nun Trump, AfD oder Kommunalparteien, die denen da oben den Marsch blasen wollen: Alle sind sie nicht Anti, sie sind Homo, ein homogener Haufen kapitalistischer Kreaturen, denen Bürger- und Menschenrechte zunehmend als lästig und zu teuer vorkommen, die Debattenkultur als zeitaufwändig und daher als Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit abtun. Es sind wahnsinnige Buchhalter des Zeitgeistes, keine Systemfrager, sondern Bejaher desselbigen. Ähnliches erlebte man während der Zwanziger- und Dreißigerjahre in Europa. Überall Anti-Stimmung zur Demokratie. Dieses Phänomen hieß Faschismus. Heute wollen sie wieder gegen Plauderbuden und gegen »die Politiker« vorgehen und vergessen dabei, dass sie selbst Politiker sind und daher Debatten brauchen, wenn sie nicht Diktatoren werden wollen.

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