Frankreichs Ausweisung von Roma anzuprangern ist erfreulich, sollte aber nicht auf Frankreich beschränkt sein, stellt James Goldston, früherer Leiter des Europäischen Zentrums für Roma-Rechte in der International Herald Tribune vom 16.9.10 fest. Kritisch zu beurteilen ist einmal die lange Zeit, die verstrich, bis Bruxelles sich der Sache annahm, obwohl Sarkozy und der französische Innenminister schon Monate vor der französischen Ausweisungsaktion diese angekündigt haben. Dazu passt genau die jetzt enthüllte Tatsache, dass die französische Polizei eine illegale Kartei angelegt hat, in der Roma und andere nicht-sesshafte Minderheit erfasst werden.
Nun wird sich herausstellen, ob der EU-Protest nur eine moralische Geste bleibt oder die EU wirklich den Mut hat, Frankreich deshalb offiziell vor Gericht zu bringen. Zweiter Kritikpunkt: Wenn Frankreich jetzt das Ziel europäischer Empörung und vielleicht juristischer Initiativen ist, warum schweigt die EU zu den übrigen Roma-Diskriminierungen ihrer Mitglieder? In Italien schlug bereits 2008 der dortige Innenminister vor, alle Romalager zu zerstören und ihre Bewohner auszuweisen oder einzusperren und Minister Maroni fand den Überfall auf ein Roma-Lager mit Moltov-Coktails nur zu verständlich...Kurze Zeit später befahl Berlusconi als staatliche "Notstandsmaßnahme" die Vertreibung der Roma aus ihren Lagern. Keine Reaktion seitens der EU. Genauso Dänemark, wo im Juli diesen Jahres auf Initiative des Bürgermeisters von Kopenhagen Roma als '"Kriminelle" ausgewiesen wurden. Wiederum blieb eine Reaktion durch die EU aus. Die Beispiele zeigen, dass die Ausweisungsmaßnahme Frankreichs durchaus kein Einzelfall in Europa ist. Es bleibt abzuwarten, ob die EU willens ist, das Einhalten internationaler Menschenrechtsstandards nicht nur in Frankreich, sondern überall in Europa durchzusetzen.