Die Ambivalenz in uns oder der Teil, der es besser weiß

Ich erlebe es ab und an im Coaching, dass Menschen zu mir kommen, die an einer bestimmten Stelle ihres Lebens nicht weiterkommen und externe Hilfe suchen und finden. Und dann bei mir am Ammersee oder in München sitzen und mir aufzählen, was sie alles schon gelesen, erfahren und kapiert haben. Und auch auf jede meiner Hypothesen nicken und ein “Ja, aber” ansetzen. Kennen sie schon, haben sie schon versucht. Hat nicht viel gebracht, Schuss ging nach hinten los. Sie wollen beständig Neues und vor allem aber auch eine schnellere Neuausrichtung haben. Und genau das nenne ich dann Ambivalenz – auf der einen Seite die Suche nach externer Unterstützung, auf der anderen Seite aber eine innere Instanz, die eigentlich selbst die Lösung weiß.

Wir sind alle ambivalent. Jederzeit.

Und für mich ist diese Ambivalenz ein vollkommen normaler Zustand. Natürlich wissen wir auf einer Ebene unseres Seins meistens, was uns gut tut und was nicht. Was wir wollen und was nicht. Und auf einer anderen Ebene tun wir uns sehr schwer damit, einen Schritt nach vorne zu machen. Und verfallen dann sehr schnell in einen Zustand, in dem wir uns selbst Druck machen oder die Heerscharen an Inneren Kritiker in unser Hirn reinlassen, die uns sicherlich nicht wertschätzend behandeln.

Eine mögliche Lösung: Statt zu versuchen, sofort und schnellstmöglich aus der Ambivalenz raus zu kommen, ganz bewusst in diesem Zustand drinbleiben. Anerkennen, dass man selbst ambivalent ist. Anerkennen, dass wir viel wissen und trotzdem keinen Schritt weiterkommen. Das mindert manchmal schon den Druck, den wir in uns verspüren. Und nimmt die Geschwindigkeit raus. Ich muss nicht jederzeit alles wissen und gleichzeitig umsetzen. Sondern ich kann auch eine ambivalente Zeit in meinem Leben haben.

Und gerade dann, wenn wir viel wissen und keinen Schritt weiter kommen, dann ist da irgendwo ein Widerstand. Und Widerstand bedeutet für mich in diesem Zusammenhang, dass ich etwas zu schnell unterwegs war oder dass der gewählte Schritt zu groß war für den Moment. Da bleibt mir dann nur eines über: Stehenbleiben, durchatmen und genau an den Punkt zurück gehen, an dem ich noch keinen Widerstand gespürt habe. Und vielleicht eine andere Strategie anwenden. Mit weniger Tempo und mit kleineren Schritten.


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