Die aktuelle MIZ stellt die Gretchenfrage einmal anders herum

WEIMAR. (fgw) Die Zeitschrift MIZ – Politisches Magazin für Konfessionslose und AtheistInnen – wid­met sich in ihrer aktu­el­len Ausgabe 4/11 dem Schwerpunktthema “Gretchenfrage rever­sed – Frauen und Religion”. In Goethes “Faust” rich­tet Gretchen diese berühmte Frage an den Helden des Dramas: “Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?” Die MIZ hat heuer die Frage umge­dreht und rich­tet sie ans Gretchen selbst: “Nun sagt, Frauen, wie habt ihr’s mit der Religion?”

Die aktuelle MIZ stellt die Gretchenfrage einmal anders herumIm Editorial schreibt Diana Wakonigg: “Viel inter­es­san­ter ist jedoch eine andere Frage, die sich gera­dezu auf­drängt (…): Warum las­sen Frauen das mit sich machen? Und nicht nur das: Warum um alles in der Welt tra­gen sie diese reli­giö­sen Systeme sogar mit? (…) Eine Hingabe, die an Masochismus grenzt.”

Wakonigg geht dann in einem Artikel “Mutter und Hilfskraft” auf Frauen in Judentum und Christentum ein. Über Frauen im Islam schreibt Arzu Toker unter der Über­schrift “Volk der Hölle”, wäh­rend Colin Goldner die Lage der Frauen im Buddhismus betrach­tet: “Wandelnde Latrinen”, wobei er hier spe­zi­ell auf die tibe­ti­sche Variante des Buddhismus ein­geht.

Dann aber gehts gleich über zur “Gretchenfrage”. Die MIZ stellte hierzu Menschen aus ver­schie­de­nen Wissenschafts- und Erfahrungsbereichen drei kon­krete Fragen: “Warum las­sen sich Frauen die Unterdrückung und Erniedrigung durch Religionen gefal­len?” – “Sind Frauen reli­giö­ser als Männer?” – Warum begeis­tern sich so viele Frauen für die Gemeindearbeit in Kirchen, Moscheen und Synagogen (und für Esoterik), wäh­rend Frauen bei der akti­ven athe­is­ti­schen Arbeit deut­lich in der Minderheit sind?”

Geantwortet haben dar­auf aus ihrer jewei­li­gen Sicht fünf Frauen und ein Mann: die Autorin Arzu Toker, Mitglied im wis­sen­schaft­li­chen Beirat des Iinternationalen Bundes der Konfessionsfreien und Atheisten sowie Gründungsmitglied des Zentralrats der Ex-Muslime; die femi­nis­ti­sche (!) katho­li­sche Theologin Aurica Nutt; die Religionssoziologin Kornelia Sammet; Assunta Tammellao, Unternehmerin und Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit München; die Ärztin und Schriftstellerin, Mitglied im wis­sen­schaft­li­chen Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung; sowie der Diplom-Psychologe und Diplom-Theologe Constantin Klein.

Einen beson­ders löb­li­chen Artikel hat Reiner Jestrabek beige­steu­ert: “Aufklärerisches Denken und Religionspolitik in China”. Und das meint nicht nur das heu­tige volks­re­pu­bli­ka­ni­sche China, son­dern auch das Alte China der Kaiserzeit vor über 2.500 Jahren. Zwei Sätze mögen hier genü­gen, alles andere MUSS man ein­fach selbst lesen: “So war und ist China zen­tral und lai­zis­tisch orga­ni­siert. In sei­ner Geschichte erlang­ten – im Gegensatz zu Europa – Kleriker nie domi­nie­ren­den Einfluss.”

Weitere emp­feh­lens­werte Aufsätze des Heftes sind: “Ein Geflecht von Netzwerken – Parallelstrukturen in der katho­li­schen Kirche” (Roland Ebert), “150 Jahre Rudolf Steiner… Zur Aktualität des Mythos ‘Rasse’ in der Anthrosophie” (Jana Husmann), Dalai Lama – Der letzte Heilige” (David Signer) sowie “Und sie bewegt sich doch… – In die Debatte um das kirch­li­che Arbeitsrecht ist Bewegung gekom­men” (Gunnar Schedel).

Nicht uner­wähnt blei­ben soll der Kurzbeitrag von Adah Gleich und Frank Navissi über den “Wirbel um die Generation Giordano” auf face­book (und den Blog wissenbloggt.de).

Auch diese Ausgabe der MIZ wird abge­run­det durch eine umfang­rei­che inter­na­tio­nale Umschau.

Hier erfährt man u.a., daß in Estland, das in bun­des­deut­schen Statistiken und Medien als evangelisch-lutherisches Land gilt, in Wirklichkeit eines des säku­la­ri­sier­ten Länder der Welt ist: So zäh­len alle christ­li­chen Kirchen zusam­men­ge­nom­men nur 124.900 Mitglieder, was einem Bevölkerungsanteil von 9,6 Prozent ent­spricht. Tendenz wei­ter sin­kend. Und nur weni­ger als ein Prozent der Einwohner soll in Kirchen gehen. Andere Religionsgemeinschaften erfas­sen zusam­men ein Prozent der Bevölkerung.

[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]


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