Die afrikanische Kultur stirbt

amadeus1 Das vergangene Wochenende habe ich in der Abtei Mvimwa beim Silbernen Mönchsjubiläum von Abt Denis verbracht. Eigentlich hatte ich keine Lust, schon wieder unterwegs zu sein, aber Prior Laurenti war der Meinung, Uwemba müsse unbedingt mit einer ansehnlichen Delegation vertreten sein. Die Fahrt nach Mvimwa ist an einem Tag kaum zu schaffen, also übernachteten wir auf halbem Weg in Mbeya. Dort trafen wir drei von Uwemba auf eine noch ansehnlichere Delegation aus der Abtei Hanga, darunter auch Br.Julian, einen deutschen Musiklehrer, der für ein Jahr in Hanga unterrichtet. Julian ist wie ich in der Nähe von Hamburg geboren, was den Vorteil hat, dass man sich mit ihm über die Hamburger S- und U-Bahnlinien unterhalten kann, aber auch über viele andere Dinge, wie z.B. darüber, dass in den afrikanischen Gottesdiensten viel zu selten afrikanische Musik vorkommt, dafür aber viel zu oft „drittklassige europäische Musik.“ Er steigt am nächsten Morgen zusammen mit zwei afrikanischen Brüdern in unser Auto um. Dort löst er dann mit seiner Äußerung, dass seine afrikanischen Schüler gar keine afrikanische Musik mehr kennten, „The African culture is dying“ (Übersetzung siehe Überschrift), eine heftige Diskussion aus.
Unsere Reisegefährten stellen fest, die Missionare hätten sich gar keine Mühe gegeben, die afrikanische Kultur zu verstehen, und hätten einfach ihre westliche Kultur importiert. Aber die afrikanische Kultur sei keineswegs tot, sondern die Afrikaner gingen in den westlich geprägten Gottesdienst und anschließend folgten sie dann ihrer traditionellen Kultur. Leider kenne ich den Sprecher gut genug, um zu wissen, dass er nicht nur die traditionelle Musik meint, sondern auch Magie, genauer Schwarze Magie. Er hat schon mal Zaubermittel in der Küche versteckt, um einem anderen afrikanischen Mönch zu schaden. Welcher Schaden, Krankheit oder sogar Tod, genau beabsichtigt war, weiß ich nicht. Der einzige Schaden, der wirklich eingetreten ist, betraf nämlich die Wurst, die nicht so gelungen war wie sonst. Erst nachdem ein alter Priester seinen Segen gegeben hatte, funktionierte auch die Wurstproduktion wieder. So berichtete es die deutsche Küchenchefin, offensichtlich nicht weniger abergläubisch als ihre afrikanischen Mitarbeiter.
Bei der Festmesse am folgenden Tag zieht mich die Predigt („Klosterleben ist nicht nur Zucker, sondern auch Pfeffer“ – woraufhin mir Br.Damian, mein Nachbar, zuflüstert, „und Bier“) weniger in den Bann als die beiden Mönche vom Stamm der Ngoni, die direkt neben dem englisch gewandeten Chor mit ihren Instrumenten den Gottesdienst begleiten: Pfeife, Vuvuzeela, Fußschellen und einer Fanta-Flasche statt Geige, die Br.Marselino mit einem Schlüssel statt einem Bogen zum Klingen bringt. Die beiden haben dabei einen derartigen Spaß und sind so offensichtlich mit jeder Faser ihrer Seele bei der Sache, dass ich keinen Zweifel daran habe, dass die afrikanische Kultur sehr lebendig ist – und ich bin sehr froh darüber, zumindest was die Musik angeht.
amadeus2



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