Die Adolfs von der Frittenbude...

Mazungo, der soeben ein halbes Hühnchen verdrückt hat, unter den schattigen Sonnenschirmen an der Frittenbude vor dem Nakumatt die Menschen beobachtend, vorzugsweise natürlich das weibliche Geschlecht, spitzt seine Ohren als drei Deutsche, zwei Männer und eine Frau, der alten Generation angehörig, aber durchaus noch gut in Schuss, ansonsten sie wohl nicht in Afrika ihren Urlaub verbringen würden, sich am Nebentisch hinsetzen und es sich bequem machen.
"Kaffee und Kuchen, gibts hier wahrscheinlich nicht", meint scherzend die Dame,
"ein schönes Tässchen Kaffee Haag und ein schönes Stück Schwarzwälder Kirschtorte, das wäre jetzt genau das richtige".
Draussen nur Kännchen, ist Mazungo versucht zu rufen und nickt innerlich bestätigend ob dieser gastronomischen Gelüste.
Obwohl eine Eclair, Geschmacksrichtung Mocca und ein Glas Latte Macciato noch verlockender wäre.
Aber schnell wieder die Ohren gespitzt, ich möchte nichts verpassen, was am Nebentisch geredet wird.
"Oh, diese Hitze", meint einer der Männer, und da er mit seiner rechten Hand den Nacken der Frau massiert, nehme ich mal an, dass es ihr Ehemann ist.
Der Dritte am Tisch, noch älter als das Paar, von der Statur und dem Aussehen Richard v. Weizsäcker ähnelnd, gross gewachsen und hager, die weissen Haare ordentlich gekämmt, mit blauen verwässerten Augen streng den Kellner fixierend.
Er möchte bedient werden.
Sie bestellen 3 Flaschen Wasser, die sie auf deutsch beim Kellner ordern, und damit der sie auch ja versteht, drei Finger hoch haltend.
"Drei Wasser bitte, ja"? und "kalt" bitte, bellt der Richard noch dem Kellner hinterher.
Mazungo indes, entschliesst sich, sich nicht fremdzuschämen sondern weiter als Lauscher an der Wand, lauschend seiner eigenen Schand (oder so) weiter zu zuhören.
"Ja, damals in Tobruk, war es noch viel heisser", meint der Weisshaarige.
"Sie waren in Libyen"? fragt ihn der Masseur.
"Ja, gegen Rommel, in der fünften Panzerkompanie, mit 80 Panzer griffen wir Mai ´41 die Stadt an.
Was für eine Hitze, was für einen Durst".
Mazungo nickt bestätigend, wer jemals in der Wüste ohne Klimaanlage und ohne Wasser unterwegs war, weiss von was der Mann redet.
1941, vielleicht war er um die 20 Jahre alt damals und müsste heutzutage ja dann so um die 90 sein, wenn Mazungo richtig rechnet.
Während ich gespannt auf die Fortsetzung warte, stelle ich ihn mir als Kommodore eines Panzers vor, herrisch, mit Hilfe des Offizierstabs ungeduldig Befehle an seine Untergebenen blaffend.
Ein Mann der Tat sicherlich und wahrscheinlich auch nie in britischer Kriegsgefangenschaft gewesen, ansonsten er sein Wasser wohl auf englisch anzufragen wüsste.
Der Kellner bringt den Herrschaften 3 Flaschen Wasser und drei Gläser.
Nachdem alle drei Senioren Schlücke aus Ihren Gläsern genommen haben, "das ist aber nicht sehr kalt", mäkelt die Dame, kommt ein überraschendes Statement aus dem Mund des Panzerkommandanten:
"Ja", sagt er, "der Adolf hat doch heute Geburtstag....."
Ich brauche zugegebenermassen eine Weile bis ich begreife, dass er nicht seinen Bruder oder Onkel meint, sondern "den Adolf" eben, seinen ehemaligen Führer.
Das haut mich um. Wer um Gottes willen merkt sich so ein Datum und denkt Jahrzehnte später daran an einer Frittenbude in Kenia?
Aber jetzt kommt der Hit. Die drei stossen mit ihren Gläsern "auf unseren Adolf" an,
"seinen 122. Geburtstag", wie der Herr Kommandant zu wissen scheint.
Ich bin so wütend, dass ich im Effekt aufspringe und den braunen Nostalgikern erregt zurufe: "Mein Adolf ist es nicht und vergessen Sie bitte auch nicht auf den Aufstand im Warschauer Ghetto anzustossen, das war auch an einem 20. April".
Die drei gucken sich erschreckt an. Sie bleiben stumm.
Mazungos Abgang wäre wohl perfekt gewesen, wenn der Kellner nicht noch Geld von mir gewollt hätte.
Ich zahle meine Rechnung, sage bösartig für den Nebentisch unüberhörbar, "please give the chicken bones to those people, with the best birthday wishes from Anne Frank" und stapfe wütend davon.
Wie schade, dass sie kein englisch verstehen.
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