Trump aber holt genau die Aspekte hervor, an die sich nur wenige Leute gerne erinnern: die Dominanz der jocks über die nerds, den offenen Sexismus, die Blasphemie des Erfolgs. Kulturell sind die 2010er Jahre geprägt von der Dominanz der Nerds: vom Superheldenkino über Wikileaks zur Piratenpartei und den Wahlkampforganisationen Obamas und Clintons über die Präsidentschaft des ultimativen Nerd-Kandidaten Obama selbst haben sie die Macht übernommen - und dabei mit #gamergate auch bereits ihre schmutzige Seite der Medialle zur Genüge präsentiert. Man sieht dies schön an den Reaktionen auf all die Sexismus-Vorwürfe, die er sich bislang eingefangen hat.
So erklärte er seine Beleidigungen jüngst als reines "Entertaintment", das gar nichts mit seiner Privatperson zu tun habe, als ob das irgendwie besser wäre. Die Achziger sind dafür schon ein bisschen zu lange vorbei. Dasselbe gilt für die von Clinton gestellte Alicia-Machado-Falle, in der Trump die Vorwürfe an die ehemalige Miss-Universe-Gewinnerin, sie sei zu fett geworden (weil sie 15kg auf Normalmaß zugelegt hatte) einfach wiederholte, als müsse jedem sofort ersichtlich sein, dass ein übergewichtiger Siebzigjähriger die Berechtigung habe, solche Urteile in aller Öffentlichkeit zu treffen. Es gilt für seine Kommentare, ob eine Frau eine "10" sei, die nicht nur in sich selbst ungeheur sexistisch sind sondern in ihrer Präferenz für lange, schlanke Beine und riesige Brüste auch noch die ästhetischen Vorlieben der Achziger wiederkäuen. Und es gilt natürlich für seine völlige Unfähigkeit zu erkennen, dass sich die Maßstäbe für sexuelle Belästigung massiv geändert haben. Ob seine Anwälte verkünden, dass in der Ehe "rechtlich gar keine Vergewaltigung möglich" sei (doch, ist sie, nur in den Achzigern halt noch nicht) oder ob Trump nicht erkennen kann, dass seine auf Band festgehaltenen Kommentare von 2005 darüber, dass sein Celebrity-Status es ihm erlaube, Frauen gegen ihren Willen zu küssen oder in den Schritt zu greifen, nicht einfach nur "Umkleideraumgeschwätz" (locker-room banter) ist, sondern effektiv das Geständnis einer Straftat.
Es gibt aber auch einen wesentlich handfesteren, empirisch bestätigbaren Grund für die mangelnde Attraktivität von Trumps Botschaft: die Demographie. Die Achziger, wo Trump seine geistige Heimat unterhält, wurden von großen Teilen der Wählerschaft überhaupt nicht erlebt. Trump, der seine größten Erfolge in dieser Periode feierte, ist mittlerweile siebzig. Die Leute, die kulturell in den Achzigern aufgewachsen sind - also wer in den 1970ern geboren wurde - sind Mitte Dreißig oder noch älter, und viele verbinden nicht ihre besten Erinnerungen mit dieser Dekade, sondern mit den ökonomisch wesentlich ergiebigeren Clinton-Jahren der Neunziger. Jede empirische Untersuchung zeigt, dass Trump erst bei über 50jährigen Wählern Mehrheiten einfährt. Wähler unter Dreißig lehnen ihn zu über 70% ab. Addiert man dazu Trumps notorische Probleme mit Schwarzen, Latinos und Frauen zeigt sich schnell, dass es schlicht nicht genug wütende, alte, weiße Männer gibt um ihm zur Präsidentschaft zu verhelfen. Und das ist wahrlich ein Segen.