Die Abkassierer der 24-Betreuung sind unter uns

Von Medicus58

Die Abkassierer der 24-Betreuung sind unter uns

Ist ist schon einige Zeit her, als wir uns hier mit dem Phänomen auseinandergesetzt, dass die Anzahl der Menschen die in Österreich „in Pflege stehen“ mehr als doppelt so hoch ist, wie im Durchschnitt der OECD Länder: „Pflegehelferinnen aus dem Osten“ 
http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=33704
Langsam, spätestens als öffentlich wurde, dass in der Familie des damalige Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel unangemeldet eine Pflegerin beschäftigt wurde, begannen hektische Bemühungen das, was bereits flächendeckend statt fand „Der Arbeitsstrich der 24 Pflege“ 
(http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=63115) zu legalisieren.

Während wohl jedem klar war, dass es heute nahezu unmöglich war eine aufwendige Betreuung „der Alten“ zu gewährleisten, seit diese weder an die „Hausfrau und Mutter“ des „alleinverdienenden Haushaltsvorstandes“ zu delegieren ist, weil diese ebenfalls im Berufsleben steht und die frühere Akzeptanz, die Alten entweder am Land in die Ausnahm oder in der Stadt in die Versorgung zu stecken, kollidierte dies mit den Berufsinteressen der diplomierten Pflegeberufe, die sich gesetzlich eine Art Alleinanspruch auf „die Pflege“ gesichert haben.
Mühevoll bastelte man an entsprechenden Gesetzen, die das, was die 24h Betreuung zu leisten hat (Putzen, Kochen, Helfen, Waschen, Füttern, ….) von der medizinischen Pflege mehr schlecht aber zu Recht differenzieren.
So war der Weg frei, sich des Arbeitsproletariats arbeitsloser Frauen aus (zuerst vorzugsweise) der Slowakei, (inzwischen auch) aus Polen, Rumänien, der Ukraine und immer weiter aus dem Osten Europas zu bedienen.
Dass die Überalterung in diesen Gebieten inzwischen ein ähnliches Ausmaß erreicht hat, wie bei uns, es aber dort die soziale Absicherung viel schlechter bestellt ist, als bei uns, d.h. sich die Frage stellt, wer denn dort die Alten pflegt, soll hier einmal nicht weiter diskutiert werden.

Im heutigen Beitrag geht es um all die Einheimischen, die den ohnehin relativ niedrigen Lohn der meist als Ich-AGs arbeitenden Frauen weiter schmälern.

Eine kurze Anfrage an „Prof. Google“ zeigt die Fülle an Agenturen, die sich im Vermittlungsgeschäft etabliert haben. Der Konsument hat zuletzt 77 getestet und unter denen sind diejenigen, die vom Entlassungsmanagement zweier Wiener Großspitäler empfohlen werden, gar nicht dabei!
Verstehen Sie mich richtig, natürlich ist eine sorgfältige Personalselektion und -vermittlung eine Leistung, die auch honoriert werden muss. 
Wie wir aber gleich sehen werden, ist die Qualität der Vermittlung sehr zu hinterfragen, insbesondere da keinerlei Garantieleistung damit verbunden ist und die betreffenden Einzelpersonen oder Firmen sich durch die kontinuierliche Beteiligung an den laufenden Geldflüssen nach abgeschlossener Vermittlung ein IMHO nicht zu rechtfertigendes Dauereinkommen sichern.

Players in the field:
a) Diplomierte Krankenschwester hängt den Beruf an den Nagel und macht sich selbstständig: 
Die meisten Anbieter scheinen mir von ehemaligen diplomierten Krankenschwestern mit persönlichen und sprachlichen Verbindungen in den ehemaligen Ostblock gründet worden zu sein.
b) Gemeinnützige Vereine und Einrichtungen
Verschiedene privaten und öffentliche Gruppierungen (Caritas, Hilfswerk, FSW, ..) vermitteln ebenfalls in- und ausländische BetreuerInnen, wobei man sich hier ebenfalls häufig Dritter bedient, die die Personen dann aussuchen.

Was leisten die Vermittler?
Glaubt man den Internettauftritten und den persönlichen Gesprächen, werden Bewerberinnen „auf Herz und Nieren geprüft“, ehe sie einem vorgeschlagen werden. 
Eigene Erfahrungen lassen hier große Zweifel aufkommen.
Eine (nach eigener Aussage) studierte Kernphysikerin und ehemalig beim Slowakischen Rundfunk in leitender Position angestellte, nun zur Pflegerin konvertierte Person entpuppt sich als psychiatrisch schwerst auffällig und offenkundig alkoholabhängig. Nachträglich ist da der Agentur (einer diplomierten Krankenschwester) schon einiges komisch vorgekommen ...
In einer gemeinnützigen Organisation, die auf ihrer Homepage verkündet, dass sie sich bei der Personalrekrutierung eines professionellen Personaldienstleisters bedient, erfährt man, dass es schon einmal vorkommen kann, dass sich die am Telefon als sehr gut befundenen Deutschkenntnisse dann vor Ort nicht nachvollziehen lassen, weil vielleicht jemand ganz anderer als die nun vermittelte Betreuerin abgehoben hat. Ganz kann man ja nie ausschließen, dass es in dem Dorf eben einen gibt der gut Deutsch kann und die Telefonate für alle abwickelt …
Aber für all das gibt es keine Garantieleistung des Vermittlers, schließlich schließt man ja nicht mit dem Vermittler sondern mit der selbstständig agierenden Betreuerin einen Arbeitsvertrag. Die in dem unten verlinkten Konsumentartikel angeführten Leistungen der Vermittler (behördliche Anmeldung, Einführung in den Haushalt, Behördenwege, Erhebung des Pflegebedarfs …) existieren meiner Erfahrung nach mitunter nur auf dem Papier. Die Erhebung des Pflegebedarfs = Einstufung in die Pflegestufe wird beim Förderantrag ohnehin von „offizieller Seite“ vorgenommen.  

Woran verdienen die Vermittler?

Klar, zuerst einmal für ihre Vermittlungsleistung. Diese wird entweder
als Einzelzahlung pro Vermittlung,
oder pro Vermittlung von zwei Pflegerinnen innerhalb von 1-3 Monaten
oder als Jahresmitgliedsbeitrag,
oder als Mischung aus all den Formen eingehoben.
Kosten von bis zu 1.240 € für die Erstvermittlung und Jahresgebühren von 1.500 € sind mit bekannt! Dazu kommen oft noch versteckte Kosten (siehe unten).
Dass die Agentur auch von den Betreuerinnen eine Vermittlungsprämie abkassiert, erfährt man meist erst später, wenn man sich über mangeldne Jobzufriedenheit wundert.

Damit ist aber noch nicht Schluss:

Viele Agenturen (auch die gemeinnützigen Vereine !) kassieren auch pro geleistetem Betreuungstag mit. Nochmals sei in Erinnerung gerufen, dass die meisten Betreuerinnen als selbstständige Einzelunternehmer handeln und die Vermittler keine Leistungen für sie erbringen, die dieses Mitkassieren rechtfertigen.

Qualitätssicherung als nettes finanzielles Zubrot
Aus der oben angeführten Problematik, dass die diplomierten Pflegeberufe sich aus diesem Geschäft nicht gänzlich hinausdrängen lassen wollten und - völlig nachvollziehbar – die öffentliche Hand, die diese Betreuungsverhältnisse auch finanziell unterstützt, eine gewisse Sicherheit braucht, dass eine qualifizierte Betreuung erfolgt, hat sich eine laufende Qualitätssicherung etabliert, für die je nach Geschäftsmodell natürlich oft extra bezahlt werden muss. 
Für den 10 minütigen Besuch einer diplomierten Krankenschwester, die „nach dem Rechten sieht“, fallen dann schon mal extra 75 € pro Monat an. 
Wenn Sie draufkommen, dass Besuche in rechnung gestellt werden, die nie stattgefundne haben, dann haben Sie ein Problem. Selbst wenn Sie nicht per Mitgliedsgebühr an den Vermittler gebunden sind ist der wechsel nicht so einfach, weil evtl. die Betreuerinnen an ihn vertraglicg gebunden sind, was Sie spätestens zu diesem Zeitpunkt realisieren!
Eine Gewährleistung der Qualität bekommt man aber nicht.
Zumindest von einer bestimmten Agentur kann ich beweisen, dass unter dem Titel der Qualitätssicherung nun verpflichtende Kurse angeboten werden, die die Betreuerinnen zusätzlich zu zahlen haben
Wohlgemerkt, als Betreuerin kann legal ohne hin nur jemand arbeiten, der eine entsprechende Ausbildung (meist im Heimatland) nachweisen und sie in Östterreich anerkennen kann. Selbst einfache medizinische Tätigkeiten, diejeder Patient selbst an sich durchführt, dürfen von den Betreuerinnen ohnehin nicht vorgenommen werden, da sie gesetzlich diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen sowie PflegehelferInnen auf ärztliche Anordnung vorbehalten sind. Es kann ihnen also passieren, dass sie für die tägliche Heparinspritze trotz 24 Betreuung noch eine mobile Krankenschwester anheuern müssen!

Da mach ich doch auf Taxiunternehmen
Natürlich müssen die Betreuerinnen, die sich i.d.R. alle 14 Tage abwechseln, auch wieder „in den Osten“. Wer keine guten öffentlichen Verbindungen hat, ist hier auf die in den Herkunftsländern boomenden Taxi- und Busunternehmer angewiesen. Diese Kosten fallen meist zusätzlich zum vereinbarten Taggeld an und variieren zwischen 50 und 150€ alle 14 Tage. 
Aber auch hier haben die in Österreich ansässigen Vermittler Lunte gerochen und einige steigen auch in diese Geschäft ein, in dem sie „ihre“ Betreuerinnen vertraglich verpflichten ausschließlich „ihr“ Transportunternehmen zu benutzen. Kein schlechtes Geschäft, da es ja für jede Hin-fahrt auch mind. einen Passagier für die Rückfahrt gibt. Begründet wurde das im Einzelfall damit, dass man so eine größere Sicherheit für die Betreuerinnen bieten würde, dass sie auch pünktlich an ihren Einsatzort kämen.

Wenn Sie also auf Internetangebote stoßen 
24Stundenpflege zu Hause – Österreichweit bereits ab 35 € 
Legal und verantwortungsbewusst, 

dann  denken Sie sich Ihren Teil.

Und wenn Ihnen dann Gedanken wie
Abzocke
Ausbeutung
Arbeitsstrich und
Neokolonialismus

in den Sinn kommen, dann geht es Ihnen wie mir! 
Eine gute Übersicht über die Kosten einiger Anbieter finden Sie hier in einer (eigentlich kostenpflichtigen ) Ausgabe des Konsument, die uns freundlicherweise das Land Salzburg ins Netzt gestellt hat ... http://www.salzburg.gv.at/24-stunden-betreuung_konsument_2.pdf  

Links:
Generationenvertrag
http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=31468  
Generationenvertrag II oder das Sandwich
http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=31563
Generationenvertrag III
http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=32059
Generationenvertrag IV: Im nächsten Leben werde ich ein Gemüse oder ein Metall
http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=32622  


Hilfreiche Informationen:
http://www.bmask.gv.at/site/Soziales/Pflege_und_Betreuung/24_Stunden_Betreuung/  
http://www.pflegedaheim.at/cms/pflege/attachments/2/8/6/CH1848/CMS1237213583778/24stdbetreuung[1]1.pdf