Unter der ‚Außerordentliche Befriedungsaktion’, also abgekürzt ‚AB-Aktion’ wurden tausende von Polen ermordet, um den Widerstand gegen das deutsche NS-Regime nicht nur zu schwächen, sondern um ihn völlig aufzulösen. Um es vorweg zunehmen, geschwächt hat diese ‚Aktion’ den Widerstand sehr wohl, doch innerlich auch in seinem Ansinnen gestärkt und somit war diese ‚Aktion’ aus Sicht der NS-Schergen kein Erfolg. Die ‚AB-Aktion’, wir bleiben hier im Terminus der nationalsozialistischen Sprache, da diese so auch in die historische Wertung eingegangen ist, diese Aktion ist auch als Weiterführung der sogenannten ‚Intelligenz-Aktion’ zu betrachten. Die ‚Intelligenz-Aktion’ war eine Mordaktion an polnischen Ärzten, Lehrern, Wissenschaftlern und Geistlichen, die gleich nach der Besetzung des Landes erfolgte und am 1. November 1939 für beendet erklärt wurde. Dieser Mordaktion gegen die Intellektuellen des Landes wurde von den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei unter Leitung von Reinhard Heydrich durchgeführt, ihr fielen in der kurzen Zeit 60 000 Polen zum Opfer. Ziel dieses Massenmordes war es, jeglichen Widerstand in Polen im Keim zu ersticken, was aber eher das Gegenteil hervorrief, denn nach einer Schocksperre unter der polnischen Bevölkerung, nach dem Einmarsch deutscher Truppen und dieser brutalen Mordaktion gegen hoch angesehene Menschen im Lande, formierte sich erst der konkrete Widerstand der Polen, was die sogenannte ‚AB-Aktion’ zur Folge hatte.
Im Frühjahr 1940 startete die ‚AB-Aktion’ und lief den ganzen folgenden Sommer hindurch, verstärkt aber im Generalgouvernement, dessen Gouverneur Hans Frank, der seinen Sitz in Krakau hatte, ganz besonders an dieser Aktion interessiert war. Hans Frank sagte zum Thema der 1939 verhafteten Krakauer Professoren: „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel Aufschneiderei wir mit den Krakauer Professoren hatten. Wenn wir diese Sache an Ort und Stelle erledigt hätten, würde sie einen ganz anderen Verlauf eingeschlagen haben. Ich bitte Sie, meine Herren, also innigst, dass Sie niemanden mehr in die sich im Reich befindlichen Konzentrationslager lenken, sondern die Vernichtung an Ort und Stelle vornehmen, oder die rechtsmäßige Strafe ansetzen mögen. Jede andersartige Handlungsweise bedeutet eine Belastung für das Reich und zusätzliche Erschwerung für uns. Es werden hier von uns ganz andere Methoden angesetzt, und wir müssen diese weiterhin anwenden" Mit dieser Zielsetzung wurden von Heinrich Himmler, dem Chef der deutschen Polizei und gleichzeitig Befehlshaber der berüchtigten Schutzstaffeln, Sonderabteilungen gegründet: die Einsatzkommandos. Diese Einheiten hatten zur Aufgabe, unter der Führung von hohen Offizieren der SS und Polizei, unmittelbar der Armee nachzufolgen, in die eroberten Städte mit fertig gestellten Listen die prominenten Personen sofort zu verhaften und diese zu erschießen. Hitler und Himmler machten die Warnung laut, dass die Handlungen dieser Sonderabteilungen weder der Kontrolle von Seiten der Staatsanwaltschaft noch der Gerichte unterstellt werden, und ganz gleich welche Versuche seitens dieser Instanzen unternommen werden, haben sie sich nicht in die Tätigkeit dieser Abteilungen einzumischen. Doch sollte es noch einen ‚legalen’ Anstrich geben, auch um in den eigenen Reihen, vor allen Dingen in der Wehrmacht, sollte die ‚Aktion’ keinen Unmut hervor zurufen, so wurden Standgerichte unter der Leitung von SS-Obergruppenführer Friedrich-Wilhelm Krüger eingerichtet. Krüger, ein Karriererist der frühen Stunden der NS-Bewegung wurde bereits im Herbst 1939 von Heinrich Himmler zum SS- und Polizeiführer für das Generalgouvernement ernannt, seine bluttriefende Spur zeigt sich im Vernichtungswahn bis 1945, einer Strafverfolgung entzog er sich dann durch Suizid. Doch hier begann er führend sein Mordgeschäft, verschleiert (noch) durch die Installation der Standgerichte, die in allen ‚Urteilen’ gegen intellektuelle Polen zum Todesurteil führten. Dieser kurzen ‚Episode’ der Ermordung polnischer Bürger fielen etwa 7500 Personen zum Opfer.
Wie bereits eingangs erwähnt wurde das Ziel der Ausschaltung des polnischen Widerstands nicht erreicht, doch personell wurde dieser zeitweilig hart getroffen, allerdings erholten sie sich und setzten den Kampf gegen die Deutschen fort. Ebenso wenig erfüllte sich die Absicht der deutschen Seite, dass die polnische Bevölkerung nach der französischen Niederlage im Juni 1940 keinen Sinn in weiterem Widerstand mehr sehen würde. Die Aktion wurde, obwohl Hitler ähnliche Aktionen wünschte, nicht wiederholt. Als Hauptmotiv wird in der historischen Forschung der Bedarf an Arbeitskräften in den Konzentrationslagern angesehen.
Doch nur zeitweilig wurde diese ‚Außerordentliche Befriedungsaktion’ unterbrochen, denn nach dem Überfall auf die Sowjetunion, ging es weiter, vor allem in den polnisch besetzten Gebieten der Sowjetunion und in der Ukraine. Hier ließen dann die Sonderkommandos alle Schranken fallen, hier gab es dann keine Listen und Standgerichte mehr, hier zog sich die Blutspur durch die Berufsgruppen der sogenannten ‚gebildeten Kreise’ und zwar mit einer Grausamkeit, die nur noch durch die Verfolgung und Vernichtung der Juden übertroffen wurde.
Die ‚AB-Aktion’ wird heute von vielen Historikern ‚nur’ als Randnotiz im Vernichtungswahn der Nationalsozialisten betrachtet, doch allein schon um der Opfer willen, ist ein Erinnern von Nöten…
Weiterlesen:
➼ Das Massaker von Lidice am 10. Juni 1942
➼ Das Massaker von Kraljevo und Kragujevac in Serbien
➼ Polizeibataillon 101 ✡ Die Menschenjagd auf Juden
➼ Polizeibataillon 101 • Das Massaker von Józefów
Bild 1: Karte des Generalgouvernements in Polen · Bild 2: Abtransport der polnischen Intelligenz – Beides Quelle: its-aroldsen.com