*Gastbeitrag von Till auf Roads to Courage*
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„Wow das hört sich echt cool an, aber hattest du keine Angst? Das würde ich mich niemals trauen.“
Sowas und ähnliche Aussagen bekommt Steph immer wieder zu hören wenn sie von ihren Reisen und Abenteuern erzählt. Als Frau ist sie schon alleine durch halb Europa getramt und durch Asien und Ostafrika gereist.
Seit November sind wir auch gemeinsam unterwegs für unser Travel-Projekt Roads to Courage, wo wir uns vor allem mit einem Thema beschäftigen und zwar:
Angst.
Und in dem Zusammenhang wie man sie überwindet und die Dinge tun kann, die man tun möchte.
Angst und das Reisen
Angst ist ein großes Thema wenn es darum geht zu Reisen. Sei es Angst vor dem Unbekannten, Angst vor fremden Kulturen, Angst vor Einsamkeit oder ganz reale Ängste, wie die Angst überfallen zu werden oder im Ausland krank zu werden.
Genau solche Ängste halten viele Leute davor zurück zu reisen, Abenteuer zu erleben und neue Länder zu entdecken.
Manche von diesen Ängsten sind sicherlich gerechtfertigt, andere jedoch einfach nur hinderlich und halten kaum einer genaueren Auseinandersetzung stand.
In diesem Artikel werde ich dir drei Ängste vorstellen und dir zeigen wie du mit diesen Ängsten umgehen kannst, damit deiner nächsten Reise nichts im Wege steht.
Bei den Gegenmittelen für diese Ängste beziehe ich mich auf Ergebnisse aus der Mutforschung, Coaching und Therapietechniken für Phobien und psychologische Grundlagenforschung.
1. Angst vor dem Unbekannten
Diese Angst macht sich durch ein generelles Gefühl der Unsicherheit bemerkbar:
Du denkst an eine mögliche Reise und bekommst dieses mulmige Gefühl im Bauch. Irgendwie wirkt die ganze Sache so groß und du hast kein klares Bild im Kopf wenn du an die Reise denkst.
Oft kannst du auch gar nicht genau sagen, was dir eigentlich Angst macht.
Das Gegenmittel:
Diese Angst ist relativ leicht zu bewältigen.
Zwei Dinge können diese Angst komplett ausradieren oder zumindest so sehr verringern, dass du wieder ruhig schlafen kannst oder dich traust deinen Flug zu buchen:
1. Chunking
Wenn man an eine 6-wöchige oder 3-monatige Reise als ein großes Ding denkt, ist dies ziemlich überwältigend.
Daher ist hier das Ziel diese große Reise in kleinere Chunks, also kleine Untereinheiten, zu unterteilen. Brich deine Reise also immer weiter runter, bis das Gefühl der Unsicherheit kleiner wird.
Was ich vor unserer nun bevorstehenden Südamerika Reise gemacht habe ist es mir die ersten Tage in Buenos Aires ganz genau vorzustellen. Steph schüttelt darüber immer lachend den Kopf, doch ich mache es wirklich ganz detailliert:
„Also um 8 Uhr stehe ich auf, dann essen wir gemeinsam etwas, ich geh duschen, dann bereiten wir unser Equipment vor,…“.
Natürlich ist das schon sehr extrem, aber ich brauche das halt manchmal so.
Wenn du deine Reise bis auf einzelne Tage runterbrichst wird das ganze deutlich weniger überwältigend und du bekommst ein klareres Bild von deiner Reise. Diese Reduktion der Ungewissheit geht auch oft mit einer Verminderung der Angst einher.
2. Informationen sammeln
Natürlich ist ein großer Teil der Angst vor dem Unbekannten, dass du nicht weißt was dich erwartet. Was du also tun kannst ist es möglichst konkrete Informationen einzuholen.
Wenn du z.B. nach Südamerika reisen willst kannst du anfangen Blogartikel über Südamerika zu lesen (wie diesen HIER), du kannst mit Leuten sprechen die bereits dort waren, du kannst dir Dokus anschauen und so ein Bild davon bekommen wie es dort eigentlich aussieht.
Was ich gemacht habe bevor ich vor 3 Jahren meine Freundin in Südafrika besucht habe: Ich hab mir die Gegend wo sie wohnt per Google Maps angeschaut. Dann kannst du virtuell schon einmal durch die Gegend „spazieren“ wo du sein wirst.
Ich weiß, jetzt werden viele Abenteuer-Junkies aufschreien und sagen: Ja, aber wo bleibt dann der Überraschung Effekt, wo bleibt die Spontanität und die schöne Ungewissheit des Reisens, das Entdecken?
Und ich gebe euch vollkommen Recht, das eigene Entdecken bleibt dann ein wenig auf der Strecke. Also sollte man sich überlegen wie viel Infos man wirklich vorher einholt und wie viel man auch ein wenig ungewiss lässt. Am besten findest du einen Mittelweg zwischen Angst beruhigen und Abendteuer zu lassen.
2. Die Angst vor Kriminalität
Wenn man an Südamerika und Afrika denkt, kommt bei vielen die Angst hoch, überfallen, entführt oder ein Verbrechensopfer zu werden. Das sind Ängste, die sehr real seien können und durchaus ihre Berechtigung haben.
In verschiedenen Ländern, Städten oder Stadtteilen ist dieses Risiko natürlich unterschiedlich groß. Allerdings wird es oft überschätzt. Vielleicht kennst du auch Menschen die Angst haben nach Südamerika oder Afrika zu reisen, nur weil sie irgendwelche wilden Horrorgeschichten gehört haben.
Es ist schade, wenn diese Angst einen davon abhält ein paar der schönsten Orte auf dieser Welt zu sehen.
Das Gegenmittel:
Schau dir die echten Wahrscheinlichkeiten im Vergleich an:
Wie gesagt, es gibt gewisse Gefahren und man sollte immer achtsam sein, allerdings wird die wirkliche Kriminalitätsrate oft drastisch überschätzt ebenso wie die Wahrscheinlichkeit das Opfer eines Verbrechens zu werden. Dies hängt mit der sogenannten Verfügbarkeitsheuristik zusammen.
Die Verfügbarkeitsheuristik besagt, dass wir die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses höher einschätzen wenn wir uns leicht an Beispiele für dieses Ereignis erinnern können, vor allem wenn diese Beispiele emotional aufgeladen sind.
Wenn ich dich also fragen würde wie groß die Wahrscheinlichkeit ist Opfer eines Verbrechens in Mexiko zu werden, würdest du diese vermutlich höher einschätzen als sie wirklich ist. Wenn man an Mexiko denkt, fallen einem gleich zig Geschichten aus Filmen, Nachrichten oder von wilden Erzählungen ein, wo Leute entführt oder ausgeraubt wurden.
Ich sage nicht, dass es nicht eine gewisse Gefahr gibt und man sollte immer achtsam sein und gewisse Sicherheitsrichtlinien befolgen, doch vermutlich überschätzt du die Wahrscheinlichkeit deutlich:
Jedes Jahr reisen ca. 25 Millionen Touristen nach Mexiko und dem Großteil geschieht nichts.
Wenn man nach Statistiken geht ist es mehr als doppelt so wahrscheinlich in China Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden als in Mexiko. Hättest du das gedacht? Vermutlich nicht, da viel mehr in den Nachrichten über Verbrechen in Mexiko berichtet wird als in China.
Also wenn du Angst hast in ein bestimmtes Land zu reisen schau dir Statistiken an und vergleiche sie mit anderen Risiken. Verlass dich nicht nur auf reine Nachrichtenberichterstattung.
So ist es z.B. drei Mal wahrscheinlicher in einem Autounfall zu sterben in Deutschland (1 zu 10.000) als in Mexiko angegriffen zu werden (3 zu 100.000). Trotzdem steigst du jeden Morgen sorgenlos in dein Auto.
3. Die “Was,wenn…” Angst
Was wenn ich krank werde, ganz einsam bin, mit der Sprache nicht zurecht komme, über den Tisch gezogen werde oder mit der fremden Kultur nicht zurecht komme.
All das sind Ängste die jeder Traveller vermutlich schon mal hatten. Manche mehr, manche weniger.
Das Gegenmittel:
Jetzt werde ich eine Sache sagen, die dir vermutlich nicht so gut gefallen wird. Du wirst all diese Sachen früher oder später erleben.
Wenn du über längere Zeiträume reist wirst du wahrscheinlich einmal krank werden (Conni kann wohl ein Lied davon singen: HIER), du wirst ab und zu auch mal ein wenig einsam sein, es wird Momente geben, wo du nichts verstehst oder mal den doppelten Preis bezahlst und ins kulturelle Fettnäpfchen trittst.
Doch hier kommt das Gegenmittel gegen diese Angst, ein Mantra das du dir immer wieder und wieder sagen kannst wenn so eine Angst hoch kommt:
I CAN HANDLE IT.
Na klar wird es nicht immer angenehm sein, doch du wirst es aushalten, davon lernen und am Ende stärker sein.
Eine weitere Aufmunterung:
Forschung von Sozialpsychologen Robert Biswas-Diener und Kollegen hat gezeigt, dass wir oft das Ausmaß an Unbehagen überschätzen, das durch eine Situation hervorgerufen wird.
Also wenn du dir vorstellst, wie es sich anfühlt beim Einkauf auf dem Straßenmarkt in Chiang-Mai den doppelten Preis zu bezahlen, ist es in deiner Vorstellung vermutlich deutlicher unangenehmer als es eigentlich ist (mir ist es schon passiert, ich hab kurz mit den Zähnen geknirscht und dann Mango mit Sticky Reis gegessen, da war alles schon wieder vergessen).
Also wenn du anfängst dir über die oben genannten Dinge Sorgen zu machen, sag dir selbst immer wieder:
I can handle it und es wird nicht so schlimm sein wie ich es jetzt erwarte.
Das Ziel: Keine Angst?
Ich hoffe, dass ein paar dieser Strategien dir helfen, deine Angst vor dem Reisen in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig möchte ich dir aber noch auf den Weg mitgeben, dass es nicht immer das Ziel ist, alle Ängste zu überwinden und auszuradieren.
Mut ist ja bekanntlich nicht die Abwesenheit von Angst, sondern das zu tun was man möchte obwohl man dieses komische Gefühl in der Magengrube hat und das Herz ein wenig schneller klopft. Wenn man seine Ängste überwindet und sich ins Abenteuer stürzt kann dies auch sehr erfüllend sein.
Über die nächsten Monate werden Steph und ich uns unseren eigenen Ängsten stellen und für zwei Monate durch Südamerika und die USA hitchhiken und möglichst viele Strategien finden wie Leute erfolgreich mit ihren Ängsten umgehen.
Wir filmen das Ganze, also kannst du dann sehen wie wir mit unseren Ängsten umgehen und wie viel von den Techniken wir selber anwenden.
Gerade sind wir übrigens in Peru!
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