Dicke Luft in Madrid und Barcelona

Von Nu

2007 hatte die spanische Regierung sich noch mit voller Energie seinen Hausaufgaben im Umweltbereich gewidmet. Druck dazu kam von der europäischen Union. Auf Grund der Vorgaben der EU-Richtlinien wurde das "Gesetz zur Reinhaltung der Luft" (Ley de Calidad del Aire) geschaffen. Vorgesehen war eigentlich, dass diesem Gesetz ein weiteres, nämlich das "Gesetz über nachhaltige Mobilität" (Ley de Movilidad Sostenible) folgen sollte, mit dem große Unternehmen gezwungen worden wären, für ihre Angestellten Sammeltransporte zu organisieren. Gleichzeitig sollte auch die Kfz-Steuer erhöht werden. Dazu ist es aber bis heute nicht gekommen.
Die Luft in Spaniens Großstädten ist alles andere als gut. Regelmäßig werden die von der EU festgelegten Grenzwerte überschritten. Vergangenes Jahr war das erste Jahr, in dem die Einhaltung zur Pflicht wurde. Prompt flehten die Stadtverwaltungen von Madrid und Barcelona um Ausnahmegenehmigungen. Sie konnten die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und die Feinstaubbelastung bei weitem nicht einhalten. Und das, obwohl dieses Jahr das Wetter durch seine Feuchtigkeit besonders günstig war. 40 Mikrogramm auf ein Kubikmeter sind erlaubt. Barcelona überschritt diesen Grenzwert um 10 Punkte und Madrid um 44 Punkte. Faule Ausrede der Stadtverwaltungen bei der Feinstaubbelastung war der Staub, der aus der Sahara nach Spanien geweht wurde. 2006 wollte Madrid einen Plan erarbeiten, mit dem das Stadtzentrum für besonders schmutzige Fahrzeuge gesperrt werden sollte. Bis heute gibt es diesen Plan nicht einmal ansatzweise.
Der mit Abstand größte Umweltverschmutzer ist der Straßenverkehr. Mit EU-Hilfe hat Spanien in den letzen Jahren Autobahn um Autobahn gebaut. Barcelona wird von Norden und Süden von mehreren Autobahnen im Griff gehalten. Der Gipfel einer "umweltfreundlichen" Verkehrsplanung ist sicher das Llobregat-Tal. Gerade einmal ungefähr 5 km breit, wird es von zwei Autobahnen mit insgesamt zehn bis zwölf Spuren in Beschlag genommen. Der innere Autobahnring, die "Ronda de Dalt" und "Ronda Litoral" wurden zur Olympiade 1992 gebaut und sollte den Verkehr in der Stadt entlasten. Heute ist er chronisch verstopft und in der Stadt ist wieder dieselbe Verkehrsdichte wie zuvor. Jetzt denkt man darüber nach, wie man die innere Autobahn nochmals vergrößern kann. Der Straßenverkehr war das absolute Hätschelkind der spanischen Politiker.
Und jetzt ist der Jammer groß. Die Krankenhäuser sind vor allem im Winter oft überlaufen mit Menschen, die mühsam um Atem ringen. Man hat auch erkannt, dass die Luftverschmutzung eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit bedeutet. Trotzdem fällt den Politikern nichts besseres ein als wieder einmal ein Moratorium zu verlangen. Deswegen schlägt jetzt auch das spanische Umweltministerium Alarm. Es sieht keine Aussicht, von der EU weitere Moratorien zu bekommen. Bereits im Fall der Feinstaubbelastung habe die EU-Kommission zu erkennen gegeben, dass sie zu keinen weiteren Konzessionen bereit ist. Die Einhaltung der Grenzwerte war eigentlich seit 2005 Pflicht. Da Spanien aber die Grenzwerte nicht einhalten konnte, wurde auf Antrag bereits 2008 und 2009 für 13 Zonen mit Grenzwertüberschreitung Moratorien gewährt.
Die Geduld der EU-Kommission ist jetzt wohl am Ende. Bis auf eine Ausnahme für Puertellano (Zentralspanien) wurden alle anderen Anträge auf Verlängerung abgeschmettert. Spanien hatte nicht nur weitere Ausnahmen für die jährliche Grenzwerte beantragt, sondern auch für die tägliche durchschnittliche Luftbelastung.
Das spanische Umweltministerium hat jetzt den betroffenen Städten klar gemacht, dass Brüssel sich um keinen Deut bewegen wird, es sei denn die Städte legen konkrete Pläne vor, wie sie die Luftverschmutzung bekämpfen und die Grenzwerte einhalten wollen. Das wird wohl nicht ohne Einschränkung des Straßenverkehrs gehen.
Siehe auch:
"Maldita Diagonal!" oder wie macht man Barcelona lebenswerter
Sofortige Verfussgängerung!
Informationsquelle:
Medio Ambiente reclama "medidas de choque" contra el tráfico urbano · ELPAÍS.com