Support: Radek Novak, Restless Leg Syndrome
Olympiahalle, München, 26. Oktober 2019
Dass ein „Yo, Man!“ oder besser „Servus, Oida!“ an so einem Abend allein nicht reichen würde, das war dem Urkwell Schorsch und dem Lef Dutti wohl ziemlich schnell klar. Die Olympiahalle ist eben schon ein anderes Kaliber, Länge mal Breite mal Höhe – größer als alles, was die beiden Niederbayern mit Dicht und Ergreifend jemals bereimt haben und so wurden wochenlang, gaben sie kürzlich beim Ringlstetter zu Protokoll, die Hirne malträtiert, um ein passendes Programm für die gewaltige Bühne auf die Beine zu stellen. Ähnlich der Blechkolchose La Brass Banda haben sie mit Mundart meets Moderne eine derart rasante Karriere hingelegt, dass es förmlich nach einer Krönung schrie – die Versuchung, eine solche Location zu zwingen ist da natürlich riesig. Genauso riesig wie das Risiko, mit Pauke (hier: Tuba) und Trompete zu scheitern. ‚Denken sie groß!‘ also – XXL-Leinwand, ein DJ-Pult von den Maßen eines Alpenkamms, Lametta-Kanonen, extra Laufsteg und Zweitbühne, das Equipment stimmte schon mal.
Und wäre doch ohne entsprechende Power nutzlos geblieben. Ein Satz, den man getrost schon vorher im Konjunktiv belassen konnte, denn die Hirne der zwei haben ordentlich gearbeitet und für satte drei Stunden so viel Programm aus dem Hut gezaubert, dass Atemholen kaum möglich war. Schon der Countdown geriet zur bravourösen Einstiegsnummer, neben der selbst die Gastrolle des besagten Ringlstetter als uniformierter Scheißhaufensucher verblasste – was danach kam, war Gigantomanie im Dauerfeuer: Burkabewährter Gospelchor („Wer schwankt hod mehr vom Weg“), der mutmaßlich weltgrößte Crowdsurfing-Contest (zumindest vom Start weg), den „Bierfahrerbeifahrer“ am anderen Ende der Arena, danach der Ritt auf dem Gummi-Einhorn über die begeisterte Menge, dazu allerlei geistliche Segensbringer, den DJ Spliff in Höchstform und eine Moshpit in Größe und Gewalt eines arktischen Malstroms.
Nur dass es hier deutlich heißer zuging. Erst recht, als die gesammelte Gästeliste für „Wach vom Wecka“ abwechselnd über die Bühnenbretter sprang: BBou, Kiste, Skero, Monaco F, Da Schraxx und die fabelhafte Taiga Trece, alle laut und mit mächtig viel Dampf – die Halle war am Toben. Und zwar, ganz Rap around the clock, über die volle Distanz, denn Hits haben die beiden Wahlberliner schließlich genügend im Turnbeutel. Und durchaus auch, das soll nicht vergessen werden, die eine oder andere ernsthafte Message dazu. Weil dahoam eben für viele ned dahoam ist, weil tagtäglich immer noch Menschen auf den Weltmeeren jämmerlich ersaufen (hier in Erinnerung gerufen per extra angefertigter Breitwandmontage). Ob die amtliche Standortabfrage zu Pflanzenkonsum und Waffenhandel das geeignete Mittel war, wollen wir jetzt nicht beurteilen. Auf ihre Crowd, egal ob aus Stadt oder Umland, können sich Dicht und Ergreifend jedenfalls verlassen. Und wenn am Ende drei oder sieben Plätze zur ausverkauften Halle und zum Handabdruck zwischen Bobo und Luftschmied fehlten – wen stört‘s? Sie bleiben, gerade nach diesem furiosen Tourfinale, die Ausverkäufer der Herzen.