Diagnose Krebs: Mein "Projekt"

Erstellt am 25. Juli 2018 von Grace
Krebs.
Die Diagnose war für mich anfangs ein Witz.
Keiner aus meiner Familie hat/hatte Krebs.
Ich war damit die Erste, "Familienmitglied X" wenn man so will, die dieses Schicksal ereilte.
Leider wurde aus dieser Witz-Diagnose schnell bitterer Ernst.
Ich liebe meinen Job. Ich arbeite seit einigen Jahren in der Medienbranche. Ob erfolgreich oder nicht, dass ist jetzt mal dahingestellt. ;-) Aber prinzipiell kann man sagen: Ich lebe für meinen Job.
Als mir die Diagnose überbracht wurde dachte ich deshalb zunächst nur an das folgende: ... wie bringe ich das meinem Chef und meinen Kollegen bei?
Mein Arzt reagierte auf diese Frage so: ... ES GEHT UM IHR LEBEN!?! (Anmerkung: ...es fehlte eigentlich nur noch das Wörtchen "verdammt" ;-), als Untermauerung seines ungläubigen Gesichtsausdrucks! :-)) Der Job sollte erstmal egal sein.
War er aber nicht! Bis heute nicht. Jedoch habe ich mich dafür entschieden, gleich zu Beginn an, mit offenen Karten zu spielen und zu der Krankheit zu stehen - zumindest vorerst innerhalb der Abteilung. Man muss ja nicht gleich die ganze Firma informieren. Die Tratscherei die die Gerüchteküche brodeln lässt kommt noch früh genug.
Wie also vermittelt man sein "Leiden" am besten?
Ich muss klar und offen sagen: Ich habe seit dem Moment der Diagnose bis heute den Krebs als "Projekt" angesehen.
Immer mit Abstand.
Ohne viel Gefühl in die Tatsache zu legen.
Immer darum bemüht mit dem Fachchinesisch der Ärzte mitzuhalten, was zugegebenermaßen mit reichlich googlen sehr schnell funktioniert. ;-)
Ist das der richtige Weg um mit solch einer Diagnose/Krankheit umzugehen? Ich sehe schon nicht wenige Psychologen den Kopf schütteln, wenn sie diesen Post lesen. Für mich kann ich diese Frage wiederum mit einem klaren "Ja" beantworten.
Die Fähigkeit den Krebs als Projekt anzusehen ist auch meinem beruflichen Werdegang geschuldet. Man lernt sehr schnell, gerade in der Medienbranche, wo nicht immer alles eitler Sonnenschein ist und sich viele Menschen mit unterschiedlichen und teilweise sehr anstrengenden, um nicht zu sagen nervenden, Angewohnheiten tummeln umzugehen, zu priorisieren und persönliches einfach zu überhören. Kurz gesagt: Nüchtern bleiben! Die Nerven nicht verlieren! Und vor allem: klar denken!
Ich bin mit dieser Methode, den Krebs als Job anzusehen und ihn zu bekämpfen, bisher gut gefahren.
Natürlich ist das auch immer Typ - Sache.
Oftmals habe ich von Ärzten gehört: "Vielen Dank, dass du heute hier bist. Obwohl du sicherlich lieber im Bett liegen geblieben wärst. Ich kann mir vorstellen, dass sehr viele Tränen fließen."
Ähm, NEIN! Eindeutig falsche Patientin!
Ich habe nur 2mal seit März 2018 bezüglich der Diagnose geweint.
1mal vor meinem Arzt im Krankenhaus, als er mir mitteilte, dass ich im Anschluss an eine OP eine Chemotherapie bräuchte.
1mal bei meiner besten Freundin, die ich nach oben genannten ersten Punkt aufsuchte.
In Summe macht das einen verheulten Tag. Hat auch gereicht!
Schadet dem MakeUp, der Stimmung ...
Ich gehöre definitiv nicht zu den Menschen die sich hängen lassen. Auch nicht bei dieser Diagnose. Dafür bin ich zu jung, zu optimistisch und ... und ich glaube, und das ist vielleicht der Casus knackus: ich bin mir der Sterblichkeit sehr wohl bewusst. Sie gehört dazu.
Einmal muss jeder gehen ...
- egal wie,
- egal wann,
- egal wo,
... aber bis dahin will ich auf jeden Fall jede Menge Spaß haben!