Die Verbreitung von erneuerbaren Energien im Strommarkt liegt mittlerweile bei knapp 40% und die Anzahl der Anlagen wächst weiter. Diese Entwicklung geht noch weiter und muss für den Klimaschutz noch schneller voran gehen. Hilfreich sind bei der Photovoltaik und den Batteriespeichern die deutlich gesunkenen Kosten. Der Preisverfall findet bei beiden Technologien noch kein Ende. Damit steigt die Zahl der Prosumer, die sich möglichst weitgehend selbst versorgen wollen, weiter an. Hinzu kommt, dass die Anlagen der „Early Adopters" in den nächsten Jahren aus der Förderung des EEG rausfallen. Das bedeutet wir brauchen neue Märkte, die Prosumern und den Anlagenbetreibern mehr Möglichkeiten bieten als heute. Auf der E-world 2019 habe ich drei spannende Ansätze entdeckt, für den regionalen Handel von Strom, für die Stärkung der Prosumer und die Verbindung von Erzeuger und Verbraucher innerhalb einer Strom Gemeinschaft.
Warum entwickeln sich neue Märkte für Strom aus erneuerbaren Energien?
Bevor ich auf die drei genannten Beispiele näher eingehe, möchte ich noch Gründe erörtern für diesen Trend der neuen Märkte für Strom aus erneuerbaren Energien.
Auslaufen der EEG-Einspeisevergütung ab 2020
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gibt es seit bald 20 Jahren. Das bedeutet bei den ersten Anlagen läuft im kommenden Jahr die feste Einspeisevergütung aus. Die Anlagenbetreiber müssen sich langsam Gedanken machen, wie sie den Strom in Zukunft verkaufen können. Eine wichtige Voraussetzung ist die Funktionsfähigkeit der Anlage, was vor allem bei Windenergie-Anlagen geprüft werden muss. Kann die Anlage weiter laufen müssen sich die Betreiber in der nach EEG-Zeit einen neuen Markt suchen. Die Bedeutung von neuen Märkten kann man gut ablesen, an der Vielzahl von Texten und Studien über Ü20-Anlagen oder die Post-EEG Zeit.
Hier sind Themen wie Direktlieferungsverträge, auch als PPA bekannt, Regionalstrom oder Strom-Communities interessant.
Wachsende Bedeutung der Prosumer
Auf der anderen Seite gibt es eine wachsende Anzahl an Prosumern. Gerade bei Photovoltaik-Anlagen bietet sich der Eigenverbrauch des Solarstroms an. Bei den neuen Anlagen ist der Strom vom Dach deutlich günstiger als aus dem Netz. Und bei den alten Anlagen, die aus dem EEG rausfallen, was anfangs nur wenige sein werden, ist der Eigenverbrauch ohnehin hoch interessant.
Die Unternehmensberatung PwC hatte Ende 2018 festgestellt, dass der Eigenverbrauch deutlich attraktiver ist als der Stromverkauf, besonders in Verbindung mit einem Batteriespeicher. Der finanzielle Vorteil des Eigenverbrauchs kann sogar dreimal so hoch sein.
Der Eigenverbrauch ist aber auch bei neuen Photovoltaik-Anlagen eine der wichtigsten Gründe für die Investition. Wenn man den Strom dann auch noch für die Elektromobilität und für die Wärmeversorgung nutzen kann, ist es sicher noch attraktiver. Denn eine höhere Unabhängigkeit von den unterschiedlichen Energielieferanten und vor steigenden Preisen ist, meines Erachtens eine große zusätzliche Motivation. Eine passende Studie hierzu kenne ich aber nicht.
Prosumer interessieren sich dafür wie sie ihre Unabhängigkeit weiter erhöhen können, z.B. durch die Einbindung einer Wärmepumpe oder von Elektrofahrzeugen. Für die Versorger ist es hingegen interessant zu wissen wann Prosumer Strom beziehen und wie sie die verbleibende Einspeisung in das Netz nutzen können.
Neue Angebote für regionalen Handel und für Prosumer auf der E-world 2019
Von der E-world 2019 habe ich ein paar interessante neue Angebote mitgebracht. Es wird Zeit diese mal vorzustellen.
Lokaler Stromhandel sorgt für mehr Akzeptanz
Es geht bei der Energiewende nicht nur um die Energieträger. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Dezentralisierung, es enstehen viele kleine Anlagen, die viele unterschiedliche Eigentümer haben. Dazu passt die Struktur der Stromversorgung mit einem zentralen Stromnetz nicht mehr. Kunden wollen einen Bezug haben zum Lieferanten und wissen woher ihr Strom kommt. Damit geht der Wechsel zu Erneuerbaren Energien automatisch einher, da diese dezentral in der Region verteilt sind.
Ein solches Angebot hat die RheinEnergie AG aus Köln auf der E-world 2019 mit der Lokalstrombörse „ stromodul " vorgestellt. Bei dieser neuen Plattform können die Kunden ihren Strom direkt von einer Erzeugungsanlage aus der Region beziehen. Sie haben die Möglichkeit ihren individuellen Strommix aus verschiedenen Anlagen aus dem Umfeld von 50 km selbst zusammen zu stellen. Darüber hinaus können sie den Einspeiseverlauf und die Abdeckung ihres Strommixes aus den gewählten Anlagen im Online-Portal nachvollziehen.
Für dieses Angebot haben die RheinEnergie AG und die Stadtwerke Soest eine webbasierte Plattform entwickelt und werden sie ab diesem Jahr als White-Label-Lösung für Stadtwerke in Deutschland anbieten. Die Plattform selbst betreiben die RheinEnergie und die Stadtwerke Soest und vermarkten auch die Erzeugungsanlagen. Die Stadtwerke hingegen bleiben die Vertragspartner der Stromkunden.
Vernetzung von Prosumer und Lieferanten
Ein anderes Beispiel geht auf die wachsende Bedeutung der Prosumer ein. Mit „ Localpioneer " hat die Soptim AG, der Software-Anbieter für die Energiewirtschaft, eine neue webbasierte Energiemarktplattform auf der E-world 2019 vorgestellt. Diese Plattform hat das Ziel Prosumer und Energielieferanten stärker zusammen bringen. Das können sowohl private als auch gewerbliche Prosumer sein.
Die Plattform kann dem Prosumer verschiedene Services anbieten, wie ein Service-Store mit dem Angebot von passenden Produkten oder passende Angebote für die Reststromlieferung. Sie können auch Unterstützung bekommen für die Optimierung ihres Eigenverbrauchs.
Auf der anderen Seite haben die Energielieferanten die Möglichkeit Prosumer besser kennenzulernen. Sie können damit passende Produkte erstellen, neue Angebote entwickeln und neue Geschäftsmodelle umsetzen. Während die Prosumer passende Anfragen abgeben können, haben die Lieferanten wiederum die Chance entsprechende Leistungen anzubieten. Die Plattform ermittelt mit einem intelligenten Messsystem im Hintergrund die Differenzlastgänge, ermittelt einen Preis und erstellt das Angebot. So bringt das intelligente Messsystem für den Prosumer einen Mehrwert.
Verbindung von Erzeuger und Verbraucher in einer Strom-Gemeinschaft
Eine weitere Entwicklung, die wir künftig öfters sehen werden sind die Strom-Gemeinschaften, oder neudeutsch Strom-Communities. Es gibt ja schon Anbieter, die viele Erzeuger in einer Gemeinschaft bündeln und den Strom wiederum auf dem Markt anbieten. Manche davon habe ich hier bereits vorgestellt, wie Lumenaza oder die Bürgerwerke.
Ein ähnliches Angebot habe ich mir am Stand der EnBW vom hauseigenen Startup Interconnector zeigen lassen. Sie verbinden Stromerzeuger und Stromverbraucher in einer Gemeinschaft für den Verbrauch des in der Gemeinschaft erzeugten Stroms. Die Interconnector GmbH kümmert sich dabei um die komplette Abwicklung. Gründer der Gemeinschaft können sich um die Akquise von Erzeugungsanlagen und Stromkunden kümmern. Ein bekanntes Beispiel für diese Strom-Gemeinschaft ist BiberEnergie mit Strom von Energiegenossenschaften aus der Region Biberach.
Podcast mit Stimmen von der E-world 2019
In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal direkt auf der Messe Stimmen eingefangen, was ich schon länger machen wollte. Herausgekommen ist damit endlich wieder eine neue Podcast-Ausgabe. Meine Gesprächspartner im Podcast:
- Dr.-Ing. Andreas Schmitt, Leiter Portfoliomanagement bei der RheinEnergie Trading GmbH über die neue Lokalstrombörse
- Yves van Couteren, SOPTIM AG, über die Plattform Localpioneer
- Frank Urbansky, Journalist und Energieblogger bei enwipo.de über die E-world 2019 aus der Sicht der Wohnungswirtschaft
Disclaimer
Die genannten Firmen und Produkte habe ich aus eigenem Interesse ausgesucht. Ich stehe derzeit nicht in geschäftlicher Verbindung zu diesen Anbietern.