Deutschland soll nicht säkular sein

Von Nicsbloghaus @_nbh

Screenshot EKD

Frau Merkel hielt eine Rede vor der Synode der EKD. Das allein ist schon bemer­kens­wert genug, war es doch der erste Auftritt der Bundeskanzlerin vor den ver­sam­mel­ten Funktionären des Protestantentums. Bemerkenswerter jedoch war vor allem der Inhalt ihres Grußwortes.

Die Bundeskanzlerin hat – im Gegensatz zu etli­chen ande­ren Politikern jeg­li­cher Parteien – bis­her öffent­lich rela­tiv wenig Aufhebens um ihren Glauben gemacht. Wie es ihrer poli­ti­schen Mentalität ent­spricht, ließ sie meist andere PolitikerkollegInnen sich der Kritik der Masse der ungläu­bi­gen deut­schen Bevölkerung aus­set­zen. Jüngst wie­der, als der CSU-Politiker Johannes Singhammer eine Verschärfung des so genann­ten Blasphemieparagraphen for­derte und die Regierung eilig zurück­ru­derte. Nicht dass hier der Kanzlerin unter­stellt wer­den soll, sie hätte die­sen Unsinn ange­regt. Nein, aber es ist mit­un­ter pos­sier­lich anzu­se­hen, wie ver­zwei­felt die Staatsführung rea­giert, wenn wie­der jemand reli­giös Über­heb­li­ches in die Medien posaunt.

Allenfalls ist Frau Merkel der Kniefall vor den Religionen in der Frage der Knabenbeschneidung vor­zu­wer­fen: Hier hat sie sich deut­lich und öffent­lich gegen die Moderne gewandt und ural­ten und (daher) über­hol­ten Traditionen den Vorrang vor Kinder- und Menschenrechten gege­ben.

Nun jedoch ihre Rede am Timmendorfer Strand. Ihr Einmarsch wurde zwar nicht mit Pauken und Trompeten gefei­ert, aber immer­hin mit Posaunen und einem Chor. Da wird sich die Pfarrerstochter in ihre Kindheit ver­setzt gefühlt haben. Denn nur so scheint erklär­bar, dass sie dort kund­gab, Deutschland sei kei­nes­wegs ein lai­zis­ti­scher Staat. Schon allein die Präambel des Grundgesetzes zeige, dass Deutschland auf Gott ver­traue.

Natürlich sang sie auch das unver­meid­li­che Loblied auf die „christ­li­chen Werte“, die die Politik in Deutschland bestimm­ten und hält die Wertevermittlung durch die Kirchen für „unver­zicht­bar für unsere gesamte Gesellschaft“. Dem könnte ich jetzt das eine oder andere Bibelzitat – begin­nend mit den 10 Geboten – ent­ge­gen­set­zen. Allein, es lohnt nicht. Denn diese Wahrnehmungsstörungen sind durch Worte allein nicht zu hei­len.

Im Zusammenhang mit den anste­hen­den Feierlichkeiten zu Martin Luthers vor 500 Jahren erfolg­tem Thesenanschlag for­derte sie zudem die Kirchen auf, die Normalbürger – also auch Ungläubige – wie­der zum offen­si­ve­ren Reden über den Glauben zu ermu­ti­gen. Es wird inter­es­sant sein, zu beob­ach­ten, wie dann Agnostiker Atheisten mis­sio­nie­ren wer­den.

Angesichts der letz­ten Videobotschaft in Frau Merkels Videoblog fragt denn auch die Berliner Zeitung nach, ob die Bundeskanzlerin und „CDU-Chefin ein knap­pes Jahr vor der Bundestagswahl auf Stimmenfang im schwin­den­den kirch­li­chen Kernmilieu“ gehen wolle.

Nic