Der österreichische Blick auf Brüssel hat die Nase vorn
Geteilte Meinung über Preisvergabe
Die Entscheidung der Jury hat nicht nur Zustimmung hervorgerufen. Es wurden einige Stimmen von Literaturexperten laut, die Die Hauptstadt nicht für das beste Buch des Jahres halten. Sie merken an, dass sich seit der ersten Vergabe des Preises 2005 Tendenzen beobachten lassen, die zumindest nachdenklich machen. Es wird da beispielsweise kritisiert, dass unter den Büchern der Shortlist der Suhrkamp-Verlag mit drei Titeln sehr oft vertreten war.Auch eine andere Auffälligkeit wird thematisiert: Alle Buchpreise sind seit der ersten Vergabe 2005 an Autoren gegangen, deren Bücher im Herbst, also kurz vor der Frankfurter Buchmesse, erschienen sind. Kann es wirklich sein, dass im Frühling nie Titel herausgebracht werden, die preiswürdig sein könnten? Die Jury hat denn auch hervorgehoben, dass es allein um die Literatur gehe und sonst nichts.
Dass es in Die Hauptstadt um die Darstellung einer korrupten und intriganten EU-Bürokratie geht, vewundert umso mehr, wenn man Menasses vor fünf Jahren erschienenen Essay Der Europäische Landbote zur Hand nimmt, in dem der Autor von seinen Eindrücken und Erfahrungen anlässlich seiner Reise nach Brüssel erzählt, die durchweg positiv ausfallen. Sein Fazit: Es ist nicht die EU selbst, deren Regularien und Vorgaben Probleme machen, sondern es sind die Mitgliedsstaaten, die mit ihrem eigennützigen Leuchtturmdenken die Idee des gemeinsamen Europas hintertreiben. Die Botschaft des jetzt ausgezeichneten Romans ist eine andere. Warum?