Deutscher Atomausstieg trifft auf rumänisches Unverständnis

Deutscher Atomausstieg trifft auf rumänisches Unverständnis"Warum wollen die Russen, dass die Deutschen ihre Atomkraftwerke schließen", fragt die renommierte rumänische Zeitung "Adevarul". Die Zeitung fährt dann fort: "Wir sollten nicht vergessen, wer davon (vom Atomausstieg) profitieren wird. Die Antwort: Die anderen Energiequellen, hauptsächlich das Naturgas. Und wer ist der Hauptlieferant Deuschlands? Russland. Es ist offentsichtlich, dass Deutschland wesentlich mehr russisches Gas kaufen wird, um sich aus dieser Quelle für die Energieproduktion zu versorgen". Danach deckt die Zeitung auf, dass die Gaspipeline in der Ostsee und deren Betreiber, die Gesellschaft Nord Stream, an einer hohen Auslastung ihrer Pipeline mit russischem Gas interessiert ist. Und schließlich sei niemand anderes Leiter des Nord Stream Projekts als der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder. Impliziert seien ebenfalls die deutschen Firmen E.on und Wintershall und man werde sehen, dass in Deutschland in nächster Zeit neue Gaskraftwerke entstehen würden. Natürlich werde Deutschland auch auf erneuerbare Energien setzen. Diese wären aber zu teuer und deswegen würden die Investitionen in diese Technologie bald zurück gehen. Im Gegensatz dazu setze Frankreich voll auf Kernenergie und sei auch deshalb der größte Exporteur von Strom in Europa. Dann holt die Zeitung zu ihrem Fazit aus: "Das, was die Deutschen, die sich über diese Entscheidung freuen, noch nicht kapiert haben, ist, dass der Energiepreis nach der Schließung der Atomkraftwerke substantiell steigen wird. Dies deshalb, weil die Atomenergie die billigste Energie nach der Wasserkraft ist." Und sie fügt hinzu: "Jetzt wird Deutschland aus Tschechien und Frankreich, wo massiv Atomstrom produziert wird, Strom importieren müssen, deshalb ist die Entscheidung zum Atomausstieg nur ironisch zu verstehen".
Eine andere rumänische Zeitung, die Romania Libera, begibt sich auf ähnliches Terrain. Ihre Schlagzeile lautet. "Deutschland gibt dem Druck irrationaler Umweltschützer nach". Für die Politik der deutschen Regierung hat sie den Titel: "Realpolitik gegen die Realität (Realpolitik contra realitate)". Der Verzicht Deutschlands, der größten Volkswirtschaft in Europa, auf die Atomenergie, sei von anderen Ländern mit Erstaunen und Ironie aufgenommen worden. Als Zeugin wird die Chefin des französischen Atomkonzerns Areva, Anne Lauvergeon, angeführt. Und natürlich wird auch von ihr das Argument aufgenommen, dass Deutschland jetzt Atomstrom importieren müsse. Deshalb werde sich bis 2022, dem Jahr des endgültigen Atomausstieges, den Deutschen noch die Augen aufgehen, wenn sie sehen wie der Strompreis hochschnellen würden. Romania Libera sieht Deutschlands Rettung nur noch in den Atomkraftwerken Tschechiens und Frankreichs sowie im Bau neuer Kohlekraftwerke. Die Windenergie könne nur mit riesigen Subventionen am Leben erhalten werden.
Erstaunlich wie wenig man in Rumänien die Diskussionen und Bemühungen in Deutschland bezüglich der erneuerbaren Energien und zur Energieeffizienz zur Kenntnis genommen hat. Dass man sich dabei auf längst entlarvte Atomlügen bezüglich Stromexport und Kosten der Atomkraft beruft, verschlimmert die Sache nur noch. Dass man kein Wort zur Gefährlichkeit der Atomkraft verliert, obwohl man in Japan wieder einmal ein Exempel dafür bekommen hat, gibt einem in einem Land, das ebenfalls Kernkraftwerke in einer stark gefährdeten Erdbebenzone betreibt, doch sehr zu denken. Ein Land. das wertvolle Energie über marode Fernheizungen und nicht wärmegedämmte Plattenhochhäuser geradezu verschleudert. Auch bei den Villen-Neubauviertel in Bukarest spielt die Energieeffizienz nur eine untergeordnete Rolle. Lieber investiert man in glitzernde Kristall-Lüster. Die letzte Rettung wird bei der ach so billigen Atomernergie gesucht. Es sind die aus kommunistischen Zeiten weitergepflegten Allmachtsphantasien, dass es Energie gibt, die unbegrenzt vorhanden und immer billig zu haben sein wird, die immer noch in den Köpfen der rumänischen Elite herumspuckt. Tschernobyl, das Rumänien auch erheblich getroffen hatte, ist ein Produkt dieser grenzenlosen Atomgläubigkeit gewesen. Erstaunlich ist nur, dass auch in der Jetztzeit dieses Gebet immer noch herunter geleiert wird. Die verbohrte Art und Weise, bestimmte Techniken aus Bequemlichkeit nicht in Frage stellen zu wollen, ist der beste Beweis dafür, dass Rumäniens Elite in Forschung und Wirtschaft noch lange am Tropf von Auslandsinvestitionen hängen wird. Wer nicht bereit ist, innovativ auf veränderte Lebensbedingung zu reagieren, wird ein Dinosaurier bleiben, der in sein eigenes Verderben rennnt.
Siehe auch:
Bis dass der GAU uns scheidet
Fukushima zeigt der Atomindustrie ihr fehlendes Verantwortungsgefühl
Drittes rumänisches AKW soll nach Transsilvanien
Informationsquelle:
Adevarul - De ce vor ruşii ca Germania să-şi închidă reactoarele nucleare
Romania Libera - Germania cedează în faţa presiunii ecologiste iraţionale

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