Johannes Schwörer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige (HDH), erklärt anlässlich der Jahres-Wirtschafts-Pressekonferenz des Verbandes am 2. September 2010 in Stuttgart:
Auch wenn aktuell die Wirtschaftsprognosen nach oben geschraubt werden und schon wieder euphorisch von den höchsten Wachstumsraten seit der Wiedervereinigung gesprochen wird, darf dabei der scharfe Einschnitt des vergangenen Jahres nicht vergessen werden. In der Gesamtbetrachtung befinden wir uns trotz erfreulich schneller Erholung immer noch deutlich unter den Niveau des Jahres 2008 und die letzten Spuren der Krise, die auch die Holzindustrie hart getroffen hat, sind noch nicht beseitigt.
Nach einer schmerzhaften Konsolidierung im Gesamtjahr 2009 mit einem Minus von 12 Prozent kann die deutsche Holzindustrie jetzt wieder eine positive Halbjahresbilanz 2010 vorlegen. Die Umsätze der Herstellerbetriebe liegen mit einem Plus von 3,8 Prozent auf 14,5 Mrd. € deutlich über Vorjahresniveau. Hervorzuheben ist, dass die Holzindustrie mit einer Exportquote von 28,8 Prozent unter dem Wert anderer wichtiger Industriezweige liegt.
Nun ein Blick auf das Holzgewerbe, also die Holzindustrie ohne die Möbelhersteller. Die 403 Betriebe (-4,2 Prozent) mit mehr als 50 Beschäftigten setzten zwischen Januar und Juni 2010 insgesamt 6,5 Mrd. € um und damit 8,8 Prozent oder rund 600 Mio. € mehr als im ersten Halbjahr 2009 (5,9 Mrd. €). Infolge der nachgelagerten negativen Beschäftigungseffekte aus dem Vorjahr sank die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um 4,7 Prozent oder um über 2.700 auf rund 55.200.
Deutlich besser als der Durchschnitt entwickelten sich die Sägewerke, die angesichts der gestiegenen Nachfrage aus den nachfolgenden Produktionsstufen deutliche Umsatzzuwächse von 24,5 Prozent auf 1,7 Mrd. € vermelden konnten. Auch die Sparte Holzveredelung und Herstellung von Kork-, Flecht- und Korbwaren verzeichnete einen überdurchschnittlichen Umsatzzuwachs um 17,9 Prozent auf rund 330 Mio. €.
Die zum sogenannten baunahen Bereich gehörenden Hersteller von Fertighäusern, Fenstern und Türen profitierten im bisherigen Jahresverlauf von der langsamen Belebung der Bautätigkeit im Wohnbau. Der Umsatz der 183 Betriebe stieg deutlich um 5,3 Prozent auf 2 Mrd. €.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stieg die Zahl der genehmigten Ein- und Zweifamilienhäuser im 1. Halbjahr 2010 um insgesamt 5,2 Prozent. Der Anstieg im Fertigbau fiel mit einem Plus von 5,3 Prozent leicht höher aus als der allgemeine Markttrend. Insgesamt wurden von Januar bis Juni des laufenden Jahres in Deutschland rund 39.740 Ein- und Zweifamilienhäuser genehmigt, davon rund 5.800 in Fertigbauweise. Der Fertigbauanteil betrug in den ersten sechs Monaten 2010 14,5 Prozent.
Die Fertighausindustrie – und hier unser Mitgliedsverband BDF (Bundesverband Deutscher Fertigbau) – fordert eine Umschichtung der Fördermittel innerhalb des CO2-Gebäudesanierungsprogrammes zugunsten des Neubaus von klimaschonenden Familienhäusern. Denn ein Neubau ist oftmals sehr viel sinnvoller als die Sanierung alter Häuser. Energieeffizientes Bauen gibt es zwar nicht zum Nulltarif, aber die KfW-Förderung federt die Mehrkosten ab und macht Energiespartechnik so erst marktfähig. Das sichert Nachfrage und Klimaschutz.
Die insgesamt positive Tendenz des Holzgewerbes wird nicht zuletzt auch durch die gestiegene Nachfrage nach Holzwerkstoffen beeinflusst. Der Umsatz der Hersteller von Spanplatten und anderen Holzwerkstoffprodukten stieg um 2,4 Prozent auf 2,1 Mrd. €.
Die Erlöse der Parkettproduzenten gingen im ersten Halbjahr dagegen statistisch um 2 Prozent auf 120 Mio. € zurück. Hier schlägt vor allem die schwache Nachfrage im Objektbau durch. Allerdings melden die Parketthersteller insbesondere aus dem zweiten Quartal 2010 wieder zum Teil deutlich steigende Auftragseingänge. Wie aus einer Erhebung des Verbandes der Deutschen Parkettindustrie hervorgeht, konnte die Produktion zwischen April und Juni diesen Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um knapp 25 Prozent (+24,7 Prozent) gesteigert werden. Insgesamt rechnen wir auch für den Parkettbereich mit wieder anziehenden Umsätzen und einer Verbesserung der Lage im weiteren Jahresverlauf.
Die Hersteller von Holzverpackungen konnten bislang nicht an die Erfolge der Vorjahre anknüpfen. Der Umsatz in diesem Segment sank im ersten Halbjahr 2010 um 5,9 Prozent auf rund 210 Mio. €, wobei das sich insgesamt wieder belebende Exportgeschäft der deutschen Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf auch in diesem Segment positiv bemerkbar machen dürfte.
Der Umsatzzuwachs um 8,8 Prozent im Holzgewerbe ist in einem hohen Maße auf die gestiegene Auslandsnachfrage zurückzuführen. Während der Umsatzzuwachs im Inland im gleichen Zeitraum nur 8,2 Prozent betrug, waren es im Ausland 10,4 Prozent. Allerdings erweist sich das Auslandsgeschäft nicht für alle Fachzweige als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. So war die Inlandsnachfrage nach Sägewerksprodukten und nach Produkten aus dem baunahen Bereich im ersten Halbjahr 2010 deutlicher gestiegen als die Auslandsnachfrage.
Aufgrund der sich insgesamt aufhellenden Konjunktur in Deutschland, der positiven Impulse im baunahen Bereich sowie der gestiegenen Auslandsnachfrage gehen wir für das Gesamtjahr 2010 von einem Umsatzanstieg im Holzgewerbe von bis zu 10 Prozent aus. Für die gesamte Holz- und Möbelindustrie dürfte der Umsatzanstieg angesichts der verhalten positiven Entwicklung in der Möbelindustrie bei 4 bis 6 Prozent liegen.
In der mittelfristigen Perspektive wird die weitere Entwicklung der Branche nicht alleine von der Konjunktur, sondern auch von übergeordneten demografischen Einflussfaktoren abhängen. Eine zunehmende und im Vergleich zur Gesamtwirtschaft deutlichere Alterung der Belegschaften und eine intensivere Konkurrenz um Fachkräfte und um den Nachwuchs stellt die Unternehmen vor ernste Herausforderungen. Aus diesem Grunde haben wir als Arbeitgeberverband abseits der tradierten Pfade der Tarifpolitik eine Initiative gestartet, die unter wissenschaftlicher Begleitung die aktuelle Altersstruktur der Belegschaften analysieren und Zukunftsszenarien entwickeln soll. Wichtig hierbei sind Instrumente, die einerseits Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger im Unternehmen halten und anderseits Nachwuchskräfte für die Holzindustrie begeistern. Als ergänzender Baustein soll auch die Berufsausbildung zum Holzmechaniker überarbeitet und durch eine zusätzliche Fachrichtung an die geänderten Anforderungen – gerade im Montagebereich – angepasst werden. Wir sind zuversichtlich, mit diesen Maßnahmen die Zukunftsfähigkeit der Industrieunternehmen nachhaltig zu stärken.
Neben der demografischen Entwicklung beschäftigt die Branche noch ein weiteres übergreifendes Thema: Die zunehmende Holzverknappung. Bestimmte Holzsortimente sind für die Holz verarbeitende Industrie immer schwieriger – und damit nur zu höheren Preisen – zu bekommen. Die Preise für Nadelschnittholz etwa sind bis zum Halbjahr um 24,6 Prozent angestiegen, Verpackungsholz hat sich um bis zu 29 Prozent verteuert. Die Ursache der Holzverknappung ist in erster Linie der starke Ausbau der energetischen Nutzung von Holz. Gerade die Sortimente dünnes Nadelstammholz, Sägenebenprodukte und Derbholz werden für die Herstellung von Energieholzprodukten genutzt. Hier besteht eine Nutzungskonkurrenz zur Holzwerkstoffindustrie, die Vorprodukte für die Bau-, Möbel- und Verpackungsindustrie herstellen. Durch die staatliche finanzielle Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien (Marktanreizprogramme für Pelletanlagen und Biomassekraftwerke, EEG) ist hier eine Marktverzerrung entstanden.
Von 1998 bis 2008 ist die energetische Verwendung in Deutschland um rund das 2,5 fache (von 20 Mio. m3 auf 50 Mio. m³) angestiegen. Im gleichen Zeitraum stieg die stoffliche Verwendung nur um rund das 0,4 fache (50 Mio m³ auf 70 Mio m³).
Wir fordern deshalb einen Vorrang der stofflichen Nutzung von Holz. Die nachhaltige Holznutzung in Deutschland ist auszubauen und politisch zu unterstützen (aufgrund der besseren Ökobilanz gegenüber Konkurrenzprodukten). Waldholz ist aus Gründen des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung in einem ersten Schritt nur an die holzbe- und verarbeitende Industrie abzugeben, da hierdurch nicht nur eine höhere Wertsteigerung erfolgt, sondern eine längere CO2-Speicherung über die Lebensdauer des Produktes erfolgt. Eine Verbrennung des Holzes sollte erst nach einer Kaskadenutzung erfolgen (z.B. Waldholz – Sägeprodukt – Holzwerkstoff – Möbel - energetische Nutzung). Eine Subventionierung der energetischen Nutzung von Biomasse erscheint uns erst danach als sinnvoll.
In der deutschen Holzindustrie sind derzeit 150.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 993 Unternehmen beschäftigt.