Asche auf das Haupt und Gelöbnis zur Besserung. Die Deutsche Bank kündigt einen Kurswechsel an und versucht den Imagewandel. Ob das funktioniert wird? Und vor allem: ist die Ankündigung des neuen Deutsche Bank Vorstandes ernst gemeint, oder nur eine notwendige Imagekampagne, um stromlinienförmiger durch das erwachte Gewissen der deutsche Gesellschaft zu manövrieren? Anshu Jain und Jürgen Fitschen wollen unbedingt das Image des grössten deutschen Geldhauses verbessern und mit der Ackermann-Ära entgültig brechen. Sie geloben einen Kulturwandel, wollen sich mit weniger Rendite begnügen und “unsoziale” Geschäftspraktiken beenden. Welch eine Ironie: Es ist doch nicht lange her, da galt Anshu Jain als der Inbegriff des skrupellosen Zockers.
Seine komplizierten Finanzgeschäfte, die kaum noch von einem Finanzexperten überschaubar geworden sind, brachten der Deutschen Bank Milliardengewinne. Und ihm selbst natürlich Millionen-Boni. Er passte in das negative Bild, das viele Deutsche von der Bank haben: ehrgeizig, erfolgreich, skrupellos, gierig und asozial.
Wir wollen auch ein bisschen geliebt werden. So könnte man den neuen Anspruch der Banker formulieren. Ausgerechnet dieser Anshu Jain will nun den Kulturwandel einleiten und ein neues Image performen. Vor drei Monaten hat Jain zusammen mit seinem Kollegen Jürgen Fitschen den Chefposten des Konzerns übernommen. Am Dienstag wollen die beiden die neue Strategie des Geldhauses vorstellen. Die Deutsche Bank will nicht mehr nur bewundert, sondern auch ein bisschen geliebt werden – obwohl: bewundert wurde sie in der letzten Zeit doch nur von fehlgeleiteten und entmenschtlichten Gierhälse aus Wirtschaft und Politik – Merkel und ihr widerwärtiges Regime inklusive. Ob die neuen auch einmal zur Fete ins Kanzleramt eingeladen werden? Wenn die Ankündigungen tatsächlich umgesetzt werden, entfernt sich die deutsche Bank vom Paradigma der amtierenden Neoliberalen und konterkarriert die viel beschworene marktkonforme Demokratie Merkels.
“Wir meinen es ernst mit dem Kulturwandel”, beteuerte Jain bei einer Rede vor Diplomaten in Berlin. Er sieht ein, die Gesellschaft habe ihr Vertrauen in die Banken verloren, nun müsse man daran arbeiten, es zurückzugewinnen. Seine Zuhörer nahmen ihm das offenbar ab und applaudierten. Ja, man muss das Vertrauen der Märkte zurückgewinnen, und genau als das sieht das Finanzinstitut traditionell die Bevölkerung, d.h. den vermögenden Teil des Volkes.
Doch bloße Bekenntnisse alleine dürften nicht ausreichen, um die Menschen zu überzeugen. Das weiß man. Deshalb müssen die Chefs nun Konkretes präsentieren und liefern:
(1) Die Neujustierung der Corporate Identity und der Firmenphilosophie
Gleich an ihrem ersten Arbeitstag, das war Anfang Juni, wandten sich Jain und Fitschen an ihre mehr als 100.000 Mitarbeiter. Beim “Townhall-Meeting” in der Frankfurter Zentrale kündigten sie an, “ein neues Kapitel für die Bank” aufzuschlagen. Der Bruch mit der Ackermann-Ära deutete sich an. Ende Juli meldete sich der neue Aufsichtsratschef Paul Achleitner zu Wort und bestätigte den neuen Kurs. In einem Brief an die Mitarbeiter versprach er, einen “fundamentalen Kulturwandel”, um das Ansehen der Bank als “Eckpfeiler einer modernen Gesellschaft wiederherzustellen”. Diese Ansage war deutlich.
(2) Maßvolle Renditenziele. Kein Grössenwahn mehr.
Ackermanns angestrebte Rendite von 25% ist noch jeden in Erinnerung. Sein Ruf als Verfechter des ungezügelten und unmoralischen Finanzkapitalismus leidete sich aus diesem Anspruch ab. Die neuen Chefs bescheiden sich mit niedrigere Ziele: 14 bis 15 Prozent nannte Fitschen in der vergangenen Woche als Richtmarke. Doch selbst das wäre für die Deutsche Bank derzeit ein ehrgeiziges Ziel. Denn die neuen Regulierungsvorschriften aus Basel III schreiben den Banken ein deutliches höheres Eigenkapital vor, um Risiko Geschäfte besser abzusichern. Entsprechend sinkt die Rendite. Im zweiten Quartal 2012 waren es 6,8 Prozent.
(3) Neue Boni Politik. Angemessens Grundgehalt
Die Gehaltsstruktur wird überprüft und neu gestaltet. Sowohl die absolute Höhe der Bezahlung als auch das Verhältnis von Gehältern zu den Ausschüttungen an die Aktionäre steht zur Debatte. Im Jahr 2011 überwies die Bank Boni in Höhe von 3,5 Milliarden Euro an ihre Mitarbeiter! Die Aktionäre erhielten insgesamt gerade einmal 700 Millionen Euro. Wie die “Süddeutsche Zeitung” berichtet, soll ein Teil der Boni unter anderen an den Umgang mit Mitarbeitern geknüpft werden. Soziales Verhalten soll also honoriert werden. Ob dies in einer Kulturtradition gelingen mag, die seit jeher von angespitzten Ellenbogen, von egomanischer Habgier und dekadenter Entmenschlichung geprägt ist, darf man bezweifeln.
(4) Einfachere Finanzprodukte, bessere Beratung
Im Geschäft mit Privatkunden sollen die Produkte verständlicher werden. Hochkomplexe Konstruktionen sollen möglichst nur noch den Profis angeboten werden. Das setzt allerdings eine bessere Beratung vorraus, und ein eentkoppelung der Provisionen vom Umsatz. Die Zahl der Finanz – Produkte dürfte sinken. Der Schulungsbedarf der Berater ist noch sehr hoch. Dieser Umstand muss dem Vorstand erst noch klar werden.
(5) Sparen und noch mehr sparen
Mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr will die Bank insgesamt einsparen – ein übertrieben wirkendes Ziel, zumal dies nur durch radikalen Stellenabbau erreichbar ist. Bereits jetzt wurde der Abbau von über 1900 Jobs weltweit – 1500 davon im Investmentbanking. Zusätzlich sollen Gebäude verkauft und Standorte zusammengelegt werden.
Fazit
Noch ist völlig unklar, wie ernst es die neuen Chefs mit den Ankündigungen meinen. Egal, wie sehr der Umbau gewollt ist: zur Heilsarmee wird die Bank dadurch nicht. Ihr oberstes Ziel bleibt der wirtschaftliche Erfolg. Ein Erolg, der nur in einem weiterhin enthemmten und deregulierten Superkapitalismus möglich ist; welcher seine sozial darwinistisch geprägten Regeln jeden Banken Mitarbeiter in seinem Alltagsgeschäft aufprägt. Die Schatten der vergangenheit könnten zudem die neue Führungsriege einholen. Bei der Deutschen Bank laufen noch die Ermittlungen zum Zinsskandal. Auch intern versuchen Wirtschaftsprüfer, den Fall aufzuarbeiten. Im vergangenen Jahr wurden als erste Konsequenz zwei Händler gefeuert. Nur zwei. Dabei war Betrug und Manipulation ein Teil des Systems Bank. Jain jedoch, so heißt es aus dem Aussichtsrat, habe nichts von Manipulationen gewusst. “Nach aktuellem Stand der Untersuchungen war kein aktuelles oder früheres Mitglied des Vorstands auf irgendeine unangemessene Weise in die untersuchten Vorgänge um Referenzzinssätze verwickelt”, versuchte Aufsichtsratschef Achleitner die Mitarbeiter der Bank kürzlich in seinem Brief zu beruhigen. Die Bevölkerung ist nicht beruhigt. Sie traut den Banken nicht. Zu recht.
Solange sich die grundlegenden Mechanismen und Paradigmen des bestehenden Wirtschaftssystems verändern, werden sich auch deren Elmente in Gestalt von Banken, Finanzdienstleistern, multinationalen Großkonzernen, nicht ändern können.
so long