Designter Irrsinn im Paradies - "High-Rise"


Designter Irrsinn im Paradies -

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Schon viele Filmemacher nutzten das Genre der Dystopie um mit gesellschaftlichen Konventionen zu brechen, sie zu dekonstruieren und ad acta zu legen. Sei es ein Stanley Kubrick in der Groteske „Clockwork Orange“ oder zuletzt Bong Joon-ho mit „Snowpiercer“. „High-Rise“ – der neue Film des Enfant Terrible Ben Wheatly – wirkt wie eine Mischung beider Filme. Angesiedelt in einem den 70er Jahre entsprungenen Setting entwickelt er in einem Hochhauskomplex ein alternatives Gesellschaftsmodell. Das Hochhaus ist ein in sich geschlossener Mikrokosmos, dessen Stockwerke zum Symbol der Klassen mutiert. Unten leben die armen Tagelöhner, während es sich die Obrigkeit in den Luxuslogen weiter oben gut gehen lässt.
Das ist soweit wenig neu oder originell. Jedoch formt Wheatly zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Mitautorin Amy Jump außerordentliches. Die als unverfilmbar geltende Romanvorlage von J. G. Ballard wird zum Spielplatz Wheatlys visueller Ideen. Mal laut, mal leise, mal subtil und hintersinnig, nur um im nächsten Moment plakativ den Holzhammer zu schwingen. Das ist in seiner Dreistigkeit faszinierend und in der kompromisslosen Ausführung Ehrfurcht gebietend.

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Mittendrin wagt sich Superstar Tom Hiddleston („The Avengers“) durch den Strudel menschlicher Bedürfnisse. Er nimmt Teil am Streben der Unter- und Mittelschicht nach Höherem, ist aber gleichzeitig fasziniert vom abgehobenen Treiben der Reichen und Mächtigen. Das alles verpackt Wheatly in einen nicht endenden Bilderrausch, völlig losgelöst vom narrativem Rahmen oder filmischen Konventionen. Das macht „High-Rise“ ungemein sperrig, aber umso lohnenswerter. Die Form gleicht sich dem Inhalt an. Je prekärer die Situation im Tower, desto wilder und ungestümer die Erzählung. Genau wie die Figuren in einem ewig währenden Abwärtssog umherschwirren, kann sich der Zuschauer diesem Kaleidoskop aus berauschenden Bildern, Songs und Schnitten nicht entziehen.
Charakterentwicklungen brechen über den Zuschauer wie Sturzwellen, meist ohne Vorwarnung, einfach unmittelbar. Irgendwann geht es nicht mehr um Macht oder Geld. Der Mensch wird auf das nackte Überleben reduziert, darauf, wer sich zu behaupten vermag und wer mit den archaischen Verhältnissen nicht mehr klarkommt und untergeht. Die Welt hat sich gedreht, das Unterste zuoberst gekehrt und die Menschen gleichgemacht. Träume zerplatzen wie Seifenblasen – wie plakativ – doch die Erkenntnis, die bleibt: Machen wir das Beste draus! Und mittendrin erschallt Clint Mansells verrückter Score und gibt dem irrigen Treiben die nötige Untermalung.

Fazit

Ben Wheatly untermauert wieder einmal seinen Ruf als einer der interessantesten Regisseure seiner (jungen) Generation. Wer es in der heutigen Zeit schafft, solche Werke wie „High-Rise“ oder „A Field in England“ zu produzieren, dem steht noch großes bevor. „High-Rise“ ist da nur die weitere Bestätigung. 

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BEWERTUNG: 08/10Titel: High-RiseFSK: ab 16 freigegebenLaufzeit: 112 MinutenErscheinungsjahr: 2015Autorin: Amy JumpRegisseur: Ben WheatlyDarsteller: Tom Hiddleston, Sienna Miller, Luke Evans, Jeremy Irons, Elisabeth Moss, James Purefoy, Keeley Hawes

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