Des Pfarrers Kritik an der Militärseelsorge

kein_segen_fuer_das_militaerDie Partei DIE LINKE hat auf Antrag der LINKEN Laizisten die Forderung nach Abschaffung der Militärseelsorge in ihr Bundestagswahlprogramm auf­ge­nom­men. Auch das nahm der Fraktionsvorsitzende die­ser Partei im Thüringer Landtag zum Anlaß, von Religionsfeindlichkeit zu spre­chen. Denn an wen soll­ten sich dann etwa trau­ma­ti­sierte Bundeswehrangehörige wen­den kön­nen, war von ihm zu ver­neh­men…

von Manfred Dietenberger

Zum Thema Militärseelsorge hat am 9. August die Wochenzeitung „UZ“ einen län­ge­ren Artikel unter Über­schrift „Unbequemer Pfarrer wird abge­scho­ben – Evangelische Kirche rea­giert auf Kritik an Rüstungsproduktion und Militärseelsorge“ ver­öf­fent­licht. Aus die­sem soll nach­ste­hend aus­führ­lich zitiert wer­den:

Der 50jährige evan­ge­li­sche Pfarrer Rainer Schmid ist ein christ­lich moti­vier­ter Friedensaktivist und lebte und wirkte bis ver­gan­gene Woche in Friedrichshafen am Bodensee. Die Region Bodensee ist eine der drei größ­ten Waffenschmieden in unse­rem Lande. (…)

Pfarrer Rainer Schmid stellte sich den­noch, wann immer und wo immer es ging, auf die Seite jener, die durch Waffen vom Bodensee getö­tet wer­den. (…)

Pfarrer Schmid war Mitglied einer Beratergruppe für den Bodenseekirchentag, auf dem die von ihm mit­ver­faßte „Öku­me­ni­sche Erklärung zur Rüstungsindustrie am Bodensee” Anfang Juli 2012 hef­tig dis­ku­tiert wurde. Die Erklärung for­derte die katho­li­sche und die evan­ge­li­sche Kirche auf, dafür ein­zu­tre­ten, daß am Bodensee keine Waffen her­ge­stellt und schon gar nicht in Krisen- und Kriegsgebiete expor­tiert wer­den.

Daß er sich so in Friedrichshafen nicht der Zuneigung der Waffenschmiede am Bodensee erfreute, ver­wun­dert ihn nicht. Nun aber mußte Pfarrer Rainer Schmid Friedrichshafen ver­las­sen. Nach sechs­ein­halb Jahren (…) in der Gesamtkirchengemeinde Friedrichshafen geht er – alles andere als frei­wil­lig – nach Aalen auf die rauhe Schwäbische Alb. Schon seit 1. Juni ist er offi­zi­ell beur­laubt. (…)

Stein des Anstoßes war offen­sicht­lich sein anti­mi­li­ta­ris­ti­sches Engagement. (…) Die Diskussion um die Beurlaubung von Pfarrer Rainer Schmid in Zusammenhang mit sei­nem Engagement für die Abschaffung der Militärseelsorge stieß auf über­re­gio­nale Beachtung. Es mel­dete sich zum Beispiel Ulrich Kronenberg, Militärpfarrer aus Speyer, zu Wort. Gegenüber der Regionalzeitung „Südkurier” beschimpfte Ulrich Kronenberg die Aktivisten als „theo­lo­gi­sche Wirrköpfe mit abs­trak­ten Ideen”.

Die „Öku­me­ni­sche Initiative zur Abschaffung der Militärseelsorge” wurde am 22. September 2012 in Halle an der Saale gegrün­det. (…) Damit schu­fen die Initiatoren um Pfarrer Rainer Schmid sich eine orga­ni­sa­to­ri­sche Struktur, um für die von den Christen in der Friedensbewegung längst gefor­derte Abschaffung der Militärseelsorge bes­ser kämp­fen zu kön­nen. Der Schritt war längst über­fäl­lig.

In sei­nem Positionspapier schreibt Pfarrer Schmid: „In Deutschland gibt es etwa 100 evan­ge­li­sche und 100 katho­li­sche Militärpfarrer. Auf evan­ge­li­scher Seite gibt es auch ein paar Militärpfarrerinnen. Militärpfarrer wer­den von ihrer Heimatkirche für rund sechs Jahre frei­ge­stellt. Sie wer­den vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) über­prüft, sie wer­den Bundesbeamte auf Zeit, sie leis­ten einen Beamten-Eid, sie haben ihr Büro in der Kaserne, sie fah­ren Dienstwagen der Bundeswehr, sie wer­den direkt vom Bundesministerium für Verteidigung bezahlt, sie tra­gen im Auslandseinsatz und auf Kriegsschiffen mili­tä­ri­sche Kleidung und sie haben eine Bundeswehr-Mail-Adresse. Jedes Militärpfarramt ist eine Dienststelle des Bundesministeriums für Verteidigung.”

Pfarrer Schmid schreibt wei­ter: „Es gibt eine Volksweisheit, die sagt ‚wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘.”

An die­ser Volksweisheit ist etwas dran. Der Militärpfarrer ist ein Bundesbeamter auf Zeit. Er wird vom Staat bezahlt. Der Gefängnispfarrer beglei­tet seine ‚Klienten‘ in der Regel nicht auf Diebestouren, nicht auf Raubzügen, nicht bei sexu­el­len Über­grif­fen. Aber der Militärpfarrer beglei­tet seine ‚Klienten‘ bei gewalt­tä­ti­gen Touren ins Ausland und bei der Vorbereitung auf diese Touren.

Der Staat gibt ca. 28 bis 30 Millionen Euro jähr­lich für die Militärseelsorge aus [also pro Militärpfarrerstelle rund 150.000 Euro!; SRK].

Was wünscht sich der Staat dafür – aus­ge­spro­chen oder unaus­ge­spro­chen – als Gegenleistung?

Theoretisch ist es zwar denk­bar, daß ein evan­ge­li­scher Militärpfarrer zu Soldaten im Auslandseinsatz sagt: ‚Dieser Krieg, den wir hier füh­ren, ist nach den Kriterien der Friedensdenkschrift (EKD 2007, § 102) Unrecht. Er muß abge­bro­chen wer­den. Ihr dürft euch ab sofort nicht mehr an die­sem Krieg betei­li­gen.‘ Theoretisch ist dies mög­lich.

„Aber in der Praxis hat sich der Militärpfarrer so sehr an mili­tä­ri­sche Denkweise und Verhaltensweise gewöhnt, und an den Wohlstand und das Ansehen, das ihm seine Stellung ver­schafft, daß er in der Praxis nicht wider­spre­chen wird.” Das Positionspapier von Pfarrer Schmidt endet: „Es han­delt sich bei der Militärseelsorge um ein Über­bleib­sel aus der Zeit, in der Thron und Altar gemein­same Sache gemacht haben.”


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