Der Zionismus seine Theorien, Aussichten und Wirkungen

Als Nationalsozialist bin ich Zionist.
Reinhard Heydrich (1904-1942)
Der Zionismus  seine Theorien, Aussichten und Wirkungen
Herausgegeben vom Antizionistischen Komitee Berlin 1913, Felix Goldmann
Inhalt:
I. Die Entstehung des Zionismus
II. Das Wesen des Zionismus
III. Die Aussichten des Zionismus
IV. Die Wirkungen des Zionismus
a) Sein positiver Einfluß
b) Zionismus und Religion
c) Zionismus und Assimilation
d) Zionismus und Vaterlandsliebe
e) Zionismus und Gleichberechtigung
f) Zionismus und jüdisches Leben
g) Schluß
VORWORT
Nahestehende Ausführungen sind eine Zusammenstellung der wichtigsten Punkte, die die Gefahr des Zionismus für das Judentum beleuchten. Sie stützen sich – außer auf zahlreiche Artikel zionistischer und gegnerischer Zeitschriften – auf die ausführlichen Darstellungen von H. Vogelstein („Gegen den Zionismus“ und „Der Zionismus eine Gefahr für die gedeihliche Entwicklung des Judentums“), F. Goldmann ( „Zionismus oder Liberalismus, Atheismus oder Religion“), Breuer („Nationaljudentum ein Wahnjudentum“) und M. Güdemann („Nationaljudentum“).
I. Die Entstehung des Zionismus
Das Judentum stellt nur ein Glied der allgemeinen Kultur- und Menschheitsgeschichte dar. Mag es oft mehr als andere Gebilde in seiner ausgeprägt selbständigen Innenentwicklung als ein streng gegen die Außenwelt abgeschlossenes kleines Ganzes erschienen sein, so schlagen doch in seine Kreise die Wellen der großen Welt hinein und beeinflussen seinen äußeren Entwicklungsgang. Zu dieser selbstverständlichen Tatsache gestellt sich aber noch eine von größerer Tragweite. Denn in den geistigen Bewegungen, von denen das Judentum erfüllt ist, spiegelt sich die äußere Lage ganz getreulich wieder. Nicht etwa, als ob eine Besserung der äußeren Verhältnisse stets Hand in Hand ginge mit einer gesteigerten Intensivität des geistigen Lebens und einer optimistischen Auffassung der Lebensprobleme. Das Gegenteil ist oft der Fall. Eine Regel läßt sich über diese Zusammenhänge überhaupt nicht aufstellen, aber sie sind vorhanden, stets konkret nachzuweisen, und daran muß man denken, wenn man jene Bewegung kritisch betrachten will, die sich – an den alten heiligen Namen sich klammernd – Zionismus nennt. Nur aus den geistigen Strömungen, die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts die allgemeine Geschichtsbetrachtung beeinflußten, verbunden mit der wirtschaftlichen und politischen Lage der verschiedenen Glieder der Judenheit, ist der Zionismus ein Versuch zur Lösung der Judenfrage, seinem Wesen und seinen Zielen nach zu verstehen.
Das allgemeine Schicksal des Judentums am Ende des verflossenem Jahrhunderts unterscheidet sich – wenigstens was die Massen betrifft – nur sehr unwesentlich von den finstersten Zeiten des Mittelalters. Jener wesentliche Teil, der die russische Judenheit mit ihren rumänischen und galizischen Anhängseln darstellt, saß und sitzt in unendlicher wirtschaftlicher und geistiger Not. Ein Netz von Staatsgesetzen, das tagtäglich dichter wird, raubt ihm eine wirtschaftliche Existenzmöglichkeit nach der anderen, in schweren Lebenskämpfen ist das geistige Interesse fast erlahmt, und seine letzten Reste verzehren sich in Aberglauben und Mystik. Die ewige Furcht vor blutgierigen Verfolgern hat das Aufrechte und Selbstbewußte des Charakters verloren gehen lassen, und besonders für Rußland, wo man sich in die schlimmsten Zeiten eines erbarmungslosen Mittelalters zurückversetzt fühlt, kann man, ohne ein Prophet zu sein, voraussagen, daß sich trotz des heutigen gewiß vorhandenen geistigen Lebens eine wirtschaftliche, geistige und moralische Katastrophe vorbereitet, die das Judentum in seinen Grundvesten erschüttern muß, wenn nicht eine Wendung eintritt. Ein anderes kam dazu, um die Lage noch verzweifelter zu machen. Die entwickelten Verkehrsverhältnisse einer neuen Zeit, die der Volksmassen Beweglichkeit erhöhen, schien anfänglich auch den Juden zugute zu kommen, und in der Auswanderung meinte man ein Mittel gefunden zu haben, das den in die Fremde ziehenden Teilen völlige Freiheit, Sicherheit und Brot, den Zurückbleibenden Luft und etwas Bewegungsmöglichkeit verschafft. Aber abgesehen davon, daß Auswanderung nie das Problem für eine so große kompakte Masse lösen konnte, begann sich das gelobte Land der Freiheit, Nordamerika und mit ihm die alte Hochburg der Toleranz, England, gegen den Zuzug der Ostjuden energisch zu wehren und machte die Niederlassungserlaubnis von Bedingungen abhängig, denen nur ein geringer Teil der Auswanderer genügen konnte. So wurde auch dieser Rettungsweg, sofern er überhaupt einer war, erschwert und versperrt.
Um dieselbe Zeit, im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts, hatten sich auch in den westlichen Ländern höherer Kultur bedenkliche Erscheinungen gezeigt. Der politische Liberalismus, der seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, besonders in Deutschland, herrschend und tonangebend gewesen war, hatte den Juden politische Gleichberechtigung erkämpft, und sie herrliche Zukunftsbilder von völliger Kulturassimilation schauen lassen. Um so härter, traf darum den deutschen Juden der Rückschlag, der an die Stelle des Liberalismus die Herrschaft der Klerikalen und reaktionär-konservativen Kräfte setzte. Ohne das verfassungsmäßig gewährte Recht irgendwie in der Theorie anzutasten, bemühte sich nun die Verwaltungspraxis den Juden wieder in seine Pariastellung im Staate zurückzudrängen. Freiheiten, die er sich kaum errungen, wurden eingeschränkt, Stellungen, die er mit Eifer ausgefüllt hatte, entzog ihm, – um Mommsens unsterblich gewordenen Ausdruck zu gebrauchen – die Verwaltungsprellerei! Tausend Demütigungen wurden den Westjuden zugefügt, die er um so drückender empfinden mußte, als er an den positiven Blühen und Erstarken der Westkultur nicht unwesentlich beteiligt war, andererseits auch in seinem Denken und Fühlen durch die Vermählung mit ihr weit empfindsamer geworden war als früher. Es traf ihm wie ein Peitschenhieb, daß er nicht mehr würdig sein sollte, seinem Kaiser als Offizier zu dienen, er, der sich deutsch fühlte, der sich bewährt hatte, der in schwerer Kriegszeit begeistert mehr als seine Pflicht getan hatte. Genauso entsetzlich traf es ihn, daß freche antisemitische Agitatoren ihr Haupt frei erheben durften, und daß Verhöhnung und Beschimpfung der Juden in gewissen Kreisen zum guten Ton zu gehören schienen. Und wenn der deutsche Jude in seiner Verzweiflung Umschau hielt, sah er, daß es anderswo auch nicht besser war. In Frankreich hatte die Dreyfußaffäre geradezu erschreckende Blicke in die Tiefe antisemitischer Vorurteile tun lassen. In Österreich waren die beiden wichtigsten streitenden Parteien, die Christlichsozialen und die Deutschnationalen, nur dann einig, wenn es gegen die verhaßten Juden ging. In jeder Seele, die noch eine Spur von Feinfühligkeit und Stolz bewahrt hatte, tauchte die verzweifelte Frage auf, ob es denn überhaupt einen Nichtjuden gebe, der nicht Antisemit war, und wer persönlich – als Fühlender und als Schauender – diese Zeiten mitgemacht hat, wird für die unendliche Übertreibung, die in dieser Anschauung steckt, ein verstehendes und verzeihendes Mitgefühl haben.
Im Osten und im Westen also eine sehr bedenkliche äußere Lage! Und war es denn im Innern anders? Bot ein kräftig pulsierendes inneres religiösen Lebens einen Ersatz? Ein tieferer Einblick in diese Richtung hin gab zu nicht minder verzweifelten Betrachtungen Anlaß. Denn die belebende Frische eines aktiven religiösen Lebens, die das Gefühl der Stärke und Begeisterung erweckt, suchte man in dem müden dahinschleichenden Judentum der Zeit vergebens, und was vorhanden war, hatte durchaus nicht die Kraft, Ideale zu erwecken und sie in den Seelen der heranwachsenden Jugend fest zu verankern. Im Osten der alten Hochburg des frischen und kräftigen religiösen Lebens, war an seine Stelle die ceremonielle Lebensführung getreten, und was an Sehnsucht nach der innerlichen und echten Religion des Herzens vorhanden war, hatte teils im Chassidismus, dem Wechselbalg, dessen Vater christlicher Mystizismus und dessen Mutter die geistige Rückständigkeit einer arg gedrückten Volksmasse ist, teils in sonstigem öden Aberglauben und totem Formalismus die unerfreulichsten Blüten getrieben, die nur giftige Früchte ergeben konnten. Im Westen aber herrschte unter den Juden der Materialismus noch stärker als in den anderen Schichten der Bevölkerung, die ihm an Bildung und Lebenshaltung etwa gleichwertig waren.
Das Interesse an religiösen Problemen hatte in weiten Kreisen abgenommen, und es machte sich sogar das Bestreben bemerkbar, Religionslosigkeit, ja sogar Religionsfeindschaft als einen Kulturfortschritt zu betrachten, und der offene Hohn, mit dem in diesen Kreisen der fromm Gläubige bedacht wurde, wirkte auf andere verführerisch. Fast schien es, als ob diese Welle seichter Aufklärung alles religiöse Gefühl aus dem Kreis der Bildung fortgeschwemmt hätte und ein Indifferentismus bemächtigte sich weiterer Schichten, von dem man befürchten konnte, daß er das Weltjudentum in kurzer Zeit vernichten würde. Dazu trat noch der Wille und die Kraft, Mission zu treiben, bei den Staaten, – besonders dem preußischen – stark und kraß hervor. Die staatliche Gesetzgebung hatte den Zusammenhang zwischen den jüdischen Gemeinden nach Möglichkeit zu lockern versucht, und sie begünstigte auf diese Weise Zersplitterung und Streit. Was aber durch die Zerstörungstätigkeit nicht erreicht wurde , mußte die persönliche Mission ersetzen, indem man durch verlockende Versprechungen und reichliche Belohnungen die religiös geschwächte und indifferente Oberschicht, deren Moralbegriffe durch das Schwinden religiöser Anschauungsweise naturgemäß gelitten hatten, zum feigen Abfall und meineidigen Übertritt verleitete.
Unerfreulich war so die Lage des Judentums, und für den Beobachter, dem geschichtlicher Blick und Kenntnisse fehlten, stellte sie sich noch verzweifelter dar, als es in Wahrheit der Fall war. Denn weder wußte er, daß das Judentum sich schon oft genug in Entwicklungsstadien befunden hatte, die noch weit mehr den Stempel der Auflösung an der Stirn trugen, noch war ihm bekannt, daß unsere Gemeinschaft noch jedesmal vermöge der inneren Kraft ihrer ewigen Ideen Niedergangsperioden dieser Art siegreich überwunden hat. Die Masse der Intellektuellen, die ehrlich dachten und jüdisches Gefühl besaßen, die nicht abfallen und verschwinden wollten, fühlte aber merklich das Unbehagen und Beschämende der Lage mit jedem Tage aufs neue. Tausende von phantastischen Gedanken traten an’s Tageslicht, jeder zweiter Glaubensgenosse empfand die Judenfrage in ihrer vollen Schwere und fühlte sich verpflichtet seine Meinung dazu zu äußern! Und da den meisten das feste Fundament der Kenntnisse sowie die Fähigkeit zu geschichtlicher Betrachtung fehlte, schlossen wohlgemeinte und schlecht geratene Judenbefreiungsversuche wie das Unkraut in die Höhe. Freilich waren es Pflanzen, die nur phantastische Blüten trieben, die keinen festen Wurzelboden hatten und keine Früchte trugen.
Eine nervöse und überreizte Zeit war es, wie sie freilich im Judentum schon oft da gewesen, aber immer wieder überwunden worden ist durch den gesunden Instinkt der Gemeinschaft, die dann zu dem alten Boden der ewigen Religionswahrheiten zurückkehrte und aus ihm neue, kräftige Nahrung zog. Aber in solchen nervösen, überreizte Zeiten erstehen die Pseudomessiasse.
Noch immer hat sich in solchen Tagen ein Pseudomessias erhoben, noch immer hat er irgend eine gleißende Lehre entwickelt, noch immer hat er der leidenden Menschheit die Befreiung von jeglichem Leid und Elend versprochen, noch immer ihr die Zukunft in den herrlichsten Farben gemalt, noch immer hat er Gläubige gefunden.
Aber noch immer hat er seinen begeisterten Anhängern den Boden der Wirklichkeit entzogen, sie fanatisiert, und dann – wenn ihre Fantasien sich als Trug- und Luggebilde erwiesen und im Nichts zerfallen waren, – nur noch tiefer in das Elend hinabgestoßen. Noch nie ist eine pseudomessianische Bewegung zerronnen, ohne das sie dem Judentum schwere, schwere Wunden zugefügt, ohne daß sie Tausende zum Abfall verleitet hätte!
In solchen Zeiten ersteht ein Pseudomessias, in jedem Zeitalter in einem anderen Gewande. In ganz moderner Gestalt erhob er sich am Ende des neunzehnten Jahrhunderts mit verführender und fanatisierender Kraft. Der Pseudomessias nannte sich damals Zionismus!
Als angebliche Rettung aus aller Gefahr trat eine Bewegung auf dem Plan, welche für die so vielfach verzweigte Judennot ein einheitliches Entstehungsprinzip gefunden zu haben sich rühmte und kündete, alles Elend komme daher, daß die Judenheit sich national auflöse. Sie behauptete, das Judentum sei stets eine Nation gewesen, sei es heute noch, und die Assimilation an die Kultur der anderen Nationen sei eine Verschwendung und Vernichtung der besten Kräfte, stelle einen schmählichen Verrat an dem Wesen und der Zukunft des Judentums dar, habe zudem nie etwas anders gezeitigt als Unglück und Verfall. Das ganze Unglück rühre daher, daß der Nation ein Mittelpunkt, ein territorialer Mittelpunkt fehle, und diesen gelte es darum zu schaffen. Nur dann werde die Judenheit ein erträgliches Los haben, wenn das nationale Moment in den Vordergrund gestellt werde und sich Geltung verschaffe, wenn alle nationalen Kräfte zusammengeführt würden, und auf dem geheiligten Boden der Väter eine Zuflucht geschaffen sei, die einerseits dem gehetzten Judenvolke eine rechtlich gesicherte Heimstätte gewähre, wo es seiner Individualität gemäß leben und sich betätigen könne, von der andererseits eine geistige Belebung aller jüdischen Werte ausgehen werde. Einen „Judenstaat“ verlangte der edle Theodor Herzl in seinem Buche, das den gleichen Titel trägt und seinem dichterischen Können ebenso Ehre macht wie seinem Idealismus. Dieser Mann, der ein warmes Herz hatte für das Leiden seiner Brüder, der ein ehrlicher und ehrenhafter Idealist von reiner Gesinnung war, ist es, der der neuen Bewegung einen idealen Impuls gegeben hat. Er hatte aber das tragische Schicksal gehabt, das sich an seinen Namen eine pseudomessianische Bewegung häßlichster Natur knüpft und das mit seinem Namen geschäftsmäßige Schreier, gewissenlose Demagogen und unwissende Phantasten ihre wenig idealen Motive und Ziele decken. 
Wie war es nun gekommen, daß eine pseudomessianische Aktion gerade ein solches Gesicht annahm, daß sie sich auf einen Gedanken aufbaute, der dem Judentum absolut fremd war und einer zweitausendjährigen Entwicklung, die nur Religion und wieder Religion gefordert und gefördert hatte. Hat dieser nationale Gedanke vielleicht doch irgend eine Grundlage in jüdischen Anschauungen, gibt es irgend ein Analogon oder einen Vorläufer in der jüdischen Geschichte? Es ist das nie und nirgends der Fall gewesen! Gewiß kann man oft genug auf Bewegungen hinweisen, die der Rückkehr nach dem heiligen Lande ersehnten, aber noch niemals war man vom prophetischen Wege abgewichen, nie hatte man etwas anders erträumt als in erster Reihe die Wiedererrichtung des Tempels und den Sieg der Religion! Im Zionismus war etwas völlig Neues, etwas ganz Fremdes aufgetreten. Nicht an religiöse Gefühle appellierte er, nicht handelte es sich um die Errichtung des Tempels und die Herbeiführung des Gottesstaates, sondern um den Aufbau eines nationalen Staatswesens, wie andere es auch waren, ohne das von dem Siege der Religion auch nur die Rede war! Hier war nicht das ideale religiöse Moment in die Waagschale geworfen, denn um Glaubensfragen handelte es sich nicht, an sie dachte keiner. Es war die Judenfrage zu einem einfachem politischen und wirtschaftlichen Problem degradiert, ein völliges Novum, für jeden, der die jüdische Geschichte nicht mit Schlagworte abtat, sondern sie studierte.
Auf jüdischem Boden war der neue Messias nicht groß geworden, aber trotzdem liegt sein Ursprung vor aller Augen offen zu Tage. Daß diese neue Judenrettungsaktion eine spezifisch nationale Färbung annehmen mußte, liegt einfach daran, daß sie ein Kind des nationalistischen neunzehnten Jahrhunderts ist. Hier spielt eben die seltsame Richtung, die die geistige Entwicklung unserer Zeit aufweist, in die innere Geschichte des Judentums hinein. In dem merkwürdigen Buche von H. St. Chamberlain über „Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“, einem Hohenliede der dilettantenhaften Oberflächlichkeit und der hohlsten Selbstüberhebung, spiegelt sich, sowohl was die Form wie auch was die materielle Seite betrifft, am deutlichsten jene bequeme Weltanschauung wieder, die unsere Zeit beherrscht. Sie verachtet die individuelle Arbeit an sich selber und die persönliche Tüchtigkeit, sie erwartet alles Heil nur aus der Rassenveranlagung, die wie ein unabänderliches Fatum des Menschen Denken und Handeln leitet und beherrscht. Es gibt hervorragende und inferiore Rassen. Unter jenen soll die germanische die erste, unter diesen die jüdische die letzte sein. Jene sei der Inbegriff aller Erhabenheit, Großzügigkeit und Tugend, diese dagegen der Tummelplatz aller Laster und bar jeder Tüchtigkeit. Das Glied der germanische Rasse, das nichts leiste, sei immer noch erheblich besser als der hervorragendste Semit. Wir können und wollen dieser Geistesrichtung nicht in ihre Einzelheiten verfolgen, uns nicht die Mühe geben, ihre offenbaren Fehler aufzudecken. Aber es ist klar, daß dieser Rassenwahn, die künstlich gezüchtete Rassenüberhebung der Betrachtung der Judenfrage neue Wege ebnete und dem Judenhass eine ganz neue Richtung gab.
Der Antisemitismus war vorwiegend – man braucht andere Momente die mehr oder weniger bewußt mitklingen, nicht zu verkennen oder abzuleugnen – Religionshaß; die Emanzipation und das Eindringen der Juden in das Wirtschaftsleben ließ auch die wirtschaftliche Seite des Judenhasses weit stärker hervortreten. Der Antisemitismus unserer Tage ist aber Rassenhaß! Und das bedeutet eine völlige Umwertung und eine gewaltige Vertiefung. Religiöse und wirtschaftliche Judenfeindschaft sind mehr äußerlicher Natur; sie gelten der Natur und der Anschauung und dem Wirken, nicht aber der Person. Der Rassenantisemitismus jedoch zielt auf den Menschen persönlich. Er hat aus einer Gegnerschaft, bei der beide Seiten sich durch Argumente zu überzeugen suchten, einen Antisemitismus gemacht, der Verachtung des minderwertigen Juden und völlige Trennung von ihm auf allen Gebiete der Kultur und des gesellschaftlichen Lebens eindringlich predigt. Mit welchem Erfolg ist bekannt! Wenn das „völkische“ Moment eine Bedeutung erlangt hat, der gegenüber alles andere, Verdienste, Tugenden, Strebung und Gesinnung nichts gelten, wenn der Jude geächtet wird, wenn man ihn in eine Pariastellung herabdrücken will, so ist das ein Erfolg, die die nationale Weltanschauung, der chauvinistische Rassenwahn unserer Tage, in emsiger Arbeit errungen hat.
Und dieser chauvinistische, nationale Rassenwahn ist die theoretische Grundlage, der geistige Nährboden des Zionismus! Ihm hat er die spezifischen Züge seines Wesens und seiner Wirksamkeit entlehnt! Schon das Aussprechen dieser unbestreitbaren und unbestrittene Tatsache enthält die vernichtendste Kritik dieser pseudomessianischen Bewegung. Mit aller Deutlichkeit muß man es sich in den letzten Konsequenzen ausmalen, was es für das Wesen und die Erscheinungsformen des Zionismus bedeuten muß, daß er auf demselben Sumpfboden erwachsen ist wie der Rassenantisemitismus, diese Geißel, unter der wir Juden so entsetzlich leiden. Und es ist immer dasselbe Wasser, mag es nun arisch-antisemitisch, mag es nun jüdisch-national gefärbt sein, daß aus einem Giftbrunnen stammt, und daß keine Färbung der Welt zu einem gesunden Trank machen kann.
Wer sich auf dem Standpunkt stellt, daß die nationale Verhetzung und der Rassenantisemitismus ein Verbrechen an der Kultur sind – und wer täte das nicht – der muß auch den Bruder in jüdischem Gewande, den nationalen Zionismus, verdammen, weil er ebenso verderblich wirken muß wie jene.
Quelle: Nocheinparteibuch

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