Gauck, so steht schon vorab fest, ist der Wulff der Herzen. Er war es schon, als er im ersten Anlauf nicht gewählt wurde, er ist es umso mehr, als er jetzt "alternativlos" (Merkel) kandidierte. "König Gauck" nennt ihn die demokratiebegeisterte "Süddeutsche Zeitung", nie angekommen sei die die "seltsame Gegenkandidatin" (Die Zeit) Beate Klarsfeld, analysiert die "Welt". Erich Mielke kann stolz sein, zeigt doch die "Krönungsmesse für Gauck" (WAZ), wieviel Einfluss und Macht die Staatssicherheit 22 Jahre nach ihrem offiziellen Dienstschluss ausübt. Karrieren werden hier gemacht, gestützt, befördert: Beate Klarsfeld nahm 2.000 Westmark von den Kampfgenossen im Osten als Bezahlung für die Ohrfeigenaktion, die heute als ihr Lebenswerk gilt. Joachim Gauck arbeitete gar zehn Jahre in den Diensträumen des MfS.
Eine Wahl also, die ohne die Staatssicherheit nicht denkbar wäre. Und von dieser kaum besser hätte organisiert werden können. Eine rasche absolute Mehrheit für den Kandidaten der nationalen Front erwarten Beobachter, Klarsfeld stehe ja eigentlich nur auf der Kandidatenliste, damit sich ehemalige DDR-Bürger nicht allzusehr an eine Volkskammerwahl erinnert fühlten.
Denn bei der reinen Blockabstimmung hören ja die Parallelen auch schon auf. Im Gegensatz zu Wahlen, wie sie heute noch etwa in Russland vorgespielt werden, haben in Deutschland alle Kandidaten freien und unbeschränkten Zugang zu sen Medien - weshalb auch das ZDF unter einem Bild von Klarsfeld und Gauck erwähnt, dass die "rechtsextreme NPD den Historiker Olaf Rose" nominiert habe.
Ein überzeugendes Votum für ein dynastisches Deutschland, für ein Vaterland, das endlich selbstbewusst auch öffentlich zurückkehrt zu Erbfolge und Elitenherrschaft. Garniert mit einigen Hofnarren wie dem Regisseur Sönke Wortmann, dem Fußballtrainer Otto Rehhabel, dem Komödianten Ingo Appelt und der Gärtnertochter Friede Springer, als deren Berufsbezeichnung häufig "Verlegerwitwe" angegeben wird, macht sich Deutschlands weltoffene Demokratie so wetterfest für die Zeiten der Krise. Meinungsvielfalt, politischer Wettbewerb, Richtungsstreit und Personaldebatten, all das schadet nur und bremst Wirtschaftsaufschwung, Energiewende und die Rückgewinnung des Vertrauens der Bevölkerung.
Große Aufgaben für Gauck, der ab morgen liefern muss: Demokratisierung und Solidarität, Aufschwung und Integration, Freiheit und Gerechtigkeit, Vergangenheitsbewältigung und Weltfrieden.